Europaministerin Edtstadler: Binnenmarkt der Zukunft muss ein Booster für unsere Unternehmen sein
Präsentation des 10-Punkte-Planes für den EU-Binnenmarkt
"Seit mehr als 30 Jahren ist der EU-Binnenmarkt eine der größten Errungenschaften der Europäischen Union. Er hat dafür gesorgt, dass Wohlstand, freier Handel zwischen den Unternehmen und Wachstum stattfinden konnten, angekurbelt wurden und dass auch die Innovation gefördert und gestärkt wurde. Und jetzt gilt es, diesen Binnenmarkt tatsächlich auszubauen", hielt Europaministerin Karoline Edtstadler bei einer Pressekonferenz anlässlich 30 Jahre EU-Binnenmarkt fest, die sie gemeinsam mit Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher abhielt. Gerade für Österreich als Exportland sei der Binnenmarkt von enormem Wert: Etwa 70 Prozent des Außenhandels werde innerhalb der EU abgewickelt, die Exporte in die anderen EU-Mitgliedstaaten hätten sich seit dem EU-Beitritt Österreichs mehr als verdreifacht – auf 112 Milliarden Euro im Jahr. Rund 63.100 österreichische Unternehmen, vor allem Klein- und Mittelbetriebe, würden ihre Waren exportieren, fast jeder zweite Arbeitsplatz werde dadurch gesichert.
Neue Rahmenbedingungen im Binnenmarkt notwendig
Besuche in Saudi-Arabien und Indien, "echte Zukunftsmärkte", hätten gezeigt, dass sich die Rahmenbedingungen ändern. Während früher europäische Unternehmen unangefochten an der Weltspitze gewesen seien, stünden sie nun unter Wettbewerbsdruck durch Konkurrenten aus Asien, Südamerika, den USA und dem Nahen Osten. "Diese globalen Dynamiken erfordern, dass wir handeln. Es braucht neue Rahmenbedingungen im Binnenmarkt, denn wir fallen im Wettbewerb mit anderen großen Wirtschaftsmächten immer stärker zurück", betonte Edtstadler. Es sei daher dringend notwendig, gerade auch für die kommende EU-Kommission, in die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Wirtschaftsstandortes zu investieren: "Wir brauchen hier einen klaren Plan: Wir müssen den Binnenmarkt und somit die umfangreichen Binnenmarkt-Regeln neu denken. Der Binnenmarkt der Zukunft muss ein Booster für unsere Unternehmen darstellen", so die Europaministerin.
Konkret nannte sie den Beihilfenrahmen, die Sicherheit und Leistbarkeit der Energieversorgung, die Verfügbarkeit strategisch wichtiger und kritischer Rohstoffe, den technologischen Wandel, aber auch Ausbildungskonzepte. Die Bundesregierung habe 10 Punkte identifiziert, auf die sich die Europäische Union bei der künftigen Ausrichtung des EU-Binnenmarktes konzentrieren sollte. "Denn das Ziel ist: Europa soll Weltmeister der Wertschöpfung werden und nicht Champion der Bürokratie und Regulierung", hielt Karoline Edtstadler fest.
Abschließend betonte die Europaministerin: "Europas Gewicht in der Welt hängt ganz wesentlich von der Stärke unseres Binnenmarkts ab. Das war immer eines unserer größten Assets und darauf müssen wir auch in Zukunft achten. Daher sind wir alle gefordert, alles zu tun, um den Standort Österreich und Europa und damit langfristig unseren Wohlstand und den der nachfolgenden Generationen zu sichern. Wirtschaftstreibende, Landwirte und Unternehmer fühlen sich aber von der EU im Stich gelassen. Wir müssen daher dringend handeln. Im Juni wählen wir ein neues Europäisches Parlament. Für mich ist glasklar, dass die neue Kommission die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu ihrer obersten Priorität machen muss."
10-Punkte-Plan der Bundesregierung zur Stärkung des EU-Binnenmarktes
- Reduktion von administrativen Belastungen (zum Beispiel bei Berichtspflichten für Unternehmen)
- Stärkung der Durchsetzung der Binnenmarktregeln sowie effizientere und zukunftsorientiertere Gestaltung des Rechtsrahmens (zum Beispiel durch Vereinfachung im Dienstleistungsbinnenmarkt durch Digitalisierungsmaßnahmen oder den Aufbau einer funktionierenden Kapitalmarktunion)
- Kompetitiveren EU-Beihilfenrahmen als Innovationsmotor für den Binnenmarkt vorantreiben (zum Beispiel durch Anpassung der beihilferechtlichen EU-Grundlagen, Bevorzugung von EU-Produkten bei strategisch wichtigen Gütern bei der öffentlichen Beschaffung; wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen durch Drittstaaten durch Arbeit an globalen Regeln entgegenwirken)
- Energieversorgungssicherheit: Kompetitive Energiepreise als globaler Wettbewerbsfaktor (etwa Beseitigung ungerechtfertigter Hürden und unfairer Praktiken im Binnenmarkt, Fokus auf erneuerbare Energien)
- Nachhaltige und Netto-Null-Transformation im Binnenmarkt (zum Beispiel durch Fokus auf kurze Genehmigungsverfahren und rasche Umsetzung von Erneuerbaren-Projekten oder die Sicherstellung der Verfügbarkeit von und des Zugangs zu kritischen Rohstoffen durch Mix aus erhöhten Recyclingquoten)
- Carbon Management als industriepolitische Bedingung im Binnenmarkt (etwa Bepreisung von CO2 in einem global kompetitiven Rahmen halten)
- Preparedness im Binnenmarkt – Wertschöpfungsketten und strategische Strukturen (etwa durch Förderung der europäischen Industrieproduktion, Beschränkung der Eingriffe in den freien Markt auf ein Minimum und Fokus auf Sicherung der Versorgung und der Lieferketten mit wichtigen Rohstoffen und Vorprodukten)
- Der Mensch im Binnenmarkt – Skills, Fachkräfte, Berufsausbildung (Maßnahmen zur Überwindung des Arbeitskräftemangels etwa durch attraktivieren Europas für internationale Talente; Bescheinigung und einheitliche Bewertung von Qualifikationen)
- Externe Dimension des Binnenmarktes – wirtschaftliche Sicherheit und technologische Souveränität Europas (Sicherheit zum Beispiel im Bereich der Exportkontrolle und Investitionskontrolle; Souveränität unter anderem durch Intensivierung der Forschungs- und Innovationsaktivitäten mit Fokus auf die Schlüsseltechnologien)
- Rechtsstaatlichkeit in der wirtschaftlichen Dimension (zum Beispiel durch Aufnahme eines eigenen Wirtschaftskapitels in den Rechtsstaatlichkeitsbericht der Europäischen Kommission; durch Ausbau der Kapazitäten der Judikative und außergerichtlicher Streitbeilegungsmechanismen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten)
10-Punkte-Plan der Bundesregierung zum EU-Binnenmarkt (PDF, 4 MB)
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