Kampf gegen Antisemitismus

Antisemitismus bekämpfen – jüdisches Leben schützen.

Der Kampf gegen Antisemitismus ist ein zentrales Anliegen der österreichischen Bundesregierung. Vor dem Hintergrund des dunkelsten Kapitels in der österreichischen Geschichte, den unentschuldbaren Gräueltaten und menschenverachtenden Verbrechen des NS-Terrorregimes, hat Österreich eine besondere historische Verantwortung gegenüber den Jüdinnen und Juden. Antisemitismus hat heute viele Gesichter und ist in den letzten Jahren in Österreich, in Europa und weltweit angestiegen.

Die Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) verzeichnete im Jahr 2023 insgesamt 1.147 antisemitische Vorfälle. Dies entspricht einem Anstieg um 59,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2022 (719 Vorfälle) und übertrifft sogar das bisherige Negativrekordjahr 2021 (965 Vorfälle). Eine Ursache für diesen erheblichen Anstieg stellt der terroristische Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 dar. Von den 1.147 insgesamt registrierten antisemitischen Vorfällen im Jahr 2023 ereigneten sich 769 (das entspricht etwa 67 Prozent) im Internet. Demgegenüber wurden im Jahr 2022 385 antisemitische Vorfälle im Internet verzeichnet.

Die 2021 präsentierte Nationale Strategie gegen Antisemitismus (NAS) und das 2024 vorgestellte Maßnahmenpaket Antisemitismus Online (MAO) sind daher aktueller und notwendiger denn je, um Antisemitismus in allen Erscheinungsformen, online wie offline, effektiv zu bekämpfen und jüdisches Leben langfristig abzusichern.

Karoline Edtstadler
Foto: BKA
"Die österreichische Bundesregierung konnte mit der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus einen großen Schritt in die richtige Richtung setzen. Denn Österreich hat eine besondere historische Verantwortung für alle Jüdinnen und Juden und ist auch verantwortlich, die freie Entfaltung von jüdischer Kultur und jüdischem Leben in der Mitte unserer Gesellschaft abzusichern. Heute und in Zukunft."
 
"Ich darf mich ausdrücklich bei sämtlichen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren in Österreich, auf der europäischen Ebene und weltweit sehr herzlich bedanken. All ihre Beiträge für die vorliegende Nationale Strategie gegen Antisemitismus waren wesentlich und werden auch weiterhin notwendig sein, um unserer gemeinsamen Vision eines Österreichs, eines Europas, einer Welt frei von Antisemitismus näher zu kommen." Bundesministerin Karoline Edtstadler

Österreich konnte sich europaweit als Vorreiter im Kampf gegen Antisemitismus positionieren und arbeitet eng mit Like-minded-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission zusammen.

Official portrait of Margaritis Schinas
Foto: © EU
"Mit seinem ambitionierten Aktionsplan gegen Antisemitismus setzt sich Österreich mit an die Spitze der Länder, die Europa zum sicheren Zuhause für die jüdische Gemeinschaft machen wollen, damit sich jüdisches Leben in all seiner Vielseitigkeit entfalten kann." Vize-Präsident der Europäischen Kommission Margaritis Schinas
PK Präsentation der Umsetzung der Antisemitismusstrategie
Foto: BKA/Florian Schrötter
"Dass nach der Shoah in Österreich wieder jüdisches Leben sichtbarer und untrennbarer Bestandteil des offenen und vielfältigen Stadtbildes nicht nur in unserer Hauptstadt ist, war und ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist ein kleines Wunder. Die nationale Strategie gegen Antisemitismus sowie die rasche Umsetzung der Maßnahmen kann ein wesentlicher Beitrag dazu sein, dieses Wunder zu bewahren und nachhaltig zu schützen." Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien Oskar Deutsch

Nationale Strategie gegen Antisemitismus (NAS)

Am 6. Dezember 2018 wurde unter österreichischem EU-Ratsvorsitz eine Erklärung des Rates zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischer Gemeinschaften und Einrichtungen in Europa verabschiedet. Sie enthält den Auftrag an alle EU-Mitgliedstaaten, die nicht rechtsverbindliche Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zu unterstützen sowie gesamtheitliche nationale Strategien zur Bekämpfung von Antisemitismus anzunehmen und umzusetzen.

Österreich war der erste Mitgliedsstaat, der eine solche Strategie präsentiert hat: Die Nationale Strategie gegen Antisemitismus (NAS) entstand unter Einbindung der verantwortlichen Bundesministerien, der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) und verschiedenster zivilgesellschaftlicher Institutionen und wurde am 21. Jänner 2021 im Bundeskanzleramt vorgestellt. Die NAS umfasst 38 Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung aller Formen von Antisemitismus in den Bereichen Bildung, Ausbildung und Forschung, Sicherheit, Justiz, Integration, Dokumentation und Zivilgesellschaft.

Beispiele für Maßnahmen sind unter anderem die langfristige rechtliche Absicherung für den Schutz jüdischer Einrichtungen und zur Förderung jüdischen Lebens, die Einsetzung einer gesamtgesellschaftlichen Plattform, die Evaluierung und allfällige legistische Überarbeitung des Verbotsgesetzes, des Symbole-Gesetzes und des Abzeichengesetzes sowie die Sensibilisierung hinsichtlich Antisemitismus in Werte- und Orientierungskursen des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte.

Im Jänner 2022 wurde der erste, im Jänner 2023 der zweite Umsetzungsbericht der NAS präsentiert. Bis Ende Jänner 2023 konnten bereits 26 der 38 in der NAS definierten Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden, 12 Maßnahmen sind in Umsetzung. Am 11. November 2024 wird die Gesamtevaluierung der NAS präsentiert.

Bekämpfung von Antisemitismus im digitalen Raum

Das Internet und insbesondere soziale Medien bieten einen Ort für die Verbreitung antisemitischer Ideologien und antisemitischer Desinformation. Um auf Grundlage der NAS die fortlaufende Bekämpfung von Antisemitismus im Internet durch weitere konkrete Maßnahmen abzusichern und zu verstärken, präsentierte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler am 18. März 2024 das Maßnahmenpaket Antisemitismus Online (MAO).

Das MAO ist das Resultat einer eingehenden Bestandsaufnahme der Task Force Online-Antisemitismus und Desinformation und eine aktive Antwort der Bundesregierung auf die drängende Herausforderung des zunehmenden Antisemitismus im Internet. Es beinhaltet zielgerichtete Maßnahmen gegen die Verbreitung antisemitischer Hassinhalte und Desinformationen im digitalen Raum.

Der Fokus liegt dabei auf der Stärkung der Kooperation mit Online-Plattformen, der Unterstützung und Vernetzung von im Kampf gegen Online-Antisemitismus aktiven Akteurinnen und Akteuren sowie auf der Stärkung der Kompetenz von Internetnutzerinnen und Internetnutzern, antisemitische Hassinhalte zu erkennen und zu bekämpfen.

Maßnahmenpaket Antisemitismus Online (PDF, 408 KB)

Zur effektiven Bekämpfung von antisemitischen Hassinhalten und Desinformation im Internet wurde im Dezember 2023 die Task Force Online-Antisemitismus und Desinformation unter der Leitung des Bundeskanzleramts (Abteilung IV/12) eingerichtet. In der Task Force sind Expertinnen und Experten aus Bund, Wissenschaft, sozialen Medien, der IKG Wien und verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen vertreten.

Bundesgesetz zur Absicherung des österreichisch-jüdischen Kulturerbes (ÖJKG)

Am 24. Februar 2021 verabschiedete der Nationalrat einstimmig das Österreichisch-Jüdische Kulturerbegesetz (ÖJKG), das rückwirkend mit Anfang 2020 in Kraft getreten ist. Das ÖJKG sichert der Israelitischen Religionsgemeinschaft (IRG) in Österreich eine jährliche finanzielle Unterstützung des Bundes in der Höhe von 4 Millionen Euro.

Die am 19. Oktober 2023 vom Nationalrat abermals einstimmig angenommene ÖJKG-Novelle, die rückwirkend mit 1. Jänner 2023 in Kraft getreten ist, sieht eine Erhöhung der jährlichen Zuwendung von 4 auf 7 Millionen Euro vor. Diese rechtlich abgesicherte Sonderförderung soll die jüdische Gemeinde unmittelbar unterstützen und dient der Umsetzung der im ÖJKG definierten Ziele, die unter anderem den Schutz jüdischer Einrichtungen, die Erhaltung und Pflege des österreichisch-jüdischen Kulturerbes, die Aufrechterhaltung des jüdischen Gemeindelebens sowie Dialog der Kulturen und Religionen umfassen.

Oskar Deutsch, Karoline Edtstadler
"Jüdisches Leben und jüdische Kultur sind ein wesentlicher Teil der österreichischen Identität. Dieses kulturelle Erbe müssen wir schützen und seine Zukunft sichern – insbesondere vor dem Hintergrund des weltweit steigenden Antisemitismus. Ich halte es daher für wesentlich, dass die österreichische Bundesregierung im heutigen Ministerrat das Gesetz zur Absicherung des österreichisch-jüdischen Kulturerbes beschlossen hat und damit europaweit neue Maßstäbe setzt." Bundesministerin Karoline Edtstadler

Zentrale Koordinierung im Bundeskanzleramt

Die operative Koordination der Umsetzung der NAS erfolgt durch die Abteilung IV/12 "Förderung Österreichisch-Jüdisches Kulturerbe und Antisemitismusbekämpfung" der Sektion IV im Bundeskanzleramt.

Die Aufgaben der Abteilung IV/12 umfassen unter anderem:

  • Operative Koordinierung und Evaluierung der Maßnahmen zur Umsetzung der NAS
  • Verstärkung der Koordination zwischen den einzelnen Akteurinnen und Akteuren in den Bereichen Gedenken, Antisemitismusaufklärung und Antisemitismusprävention
  • Bewusstmachung und Stärkung jüdischen Kultur- und Gemeindelebens in Österreich
  • Kontaktstelle des Bundeskanzleramts zum Nationalfonds, zum Bundesweiten Netzwerk für Extremismusprävention und Deradikalisierung (BNED) sowie zum Zukunftsfonds
  • Vertretung Österreichs auf internationaler Ebene, etwa in der Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus
  • Förderung von Projekten, die der Umsetzung der NAS dienen
  • Organisation und Koordination der European Conference on Antisemitism (ECA), des Nationalen Forums gegen Antisemitismus (NFA) sowie der Task Force Online-Antisemitismus und Desinformation

Bedeutende Initiativen (Auswahl):

Shoah Namensmauern Gedenkstätte

Am 9. November 2021 wurde die Shoah Namensmauern Gedenkstätte im Ostarrichipark im 9. Wiener Gemeindebezirk eröffnet. Sie stellt einen Höhepunkt in der Erinnerungskultur Österreichs dar und wurde auf Initiative des Holocaust-Überlebenden Kurt Yakov Tutter errichtet. Innerhalb kürzester Zeit ist die Gedenkstätte ein zentraler Ort der Begegnung und der Erinnerung an die österreichischen Opfer der Shoah geworden; nicht nur für Überlebende und deren Angehörige, sondern auch für all jene, die sich bewusst dort treffen oder zufällig an den Namensmauern vorbeigehen.

Shoah Namensmauern

European Conference on Antisemitism (ECA)

Als Teil der Umsetzung der EU-Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens (2021-2030) initiierte Österreich auf internationaler Ebene die European Conference on Antisemitism (ECA), die bereits 3 Mal, am 18./19. Mai 2022, am 17./18. April 2023, sowie am 6./7. Mai 2024 in Wien tagte. Die ECA besteht aus einer Gruppe von derzeit 15 EU-Mitgliedstaaten. An dem High-level-Meeting nehmen Sonderbeauftragte sowie Koordinatoren und Koordinatorinnen zur Bekämpfung von Antisemitismus sowie Experten und Expertinnen im Bereich der Erfassung von (antisemitischen) Hassverbrechen teil.

Wiener Erklärung zur Verstärkung der Kooperation bei der Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung der Meldung antisemitischer Vorfälle

Beim ersten Treffen der ECA am 18. Mai 2022 wurde die "Declaration on enhancing cooperation in fighting antisemitism and encouraging reporting of antisemitic incidents", kurz "Vienna Declaration", von damals 8 EU-Mitgliedsstaaten (Österreich, Deutschland, Estland, Spanien, Ungarn, Niederlande, Rumänien und Slowakei) unterzeichnet. Mittlerweile wurde sie von weiteren 7 (Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Tschechien) und damit insgesamt 15 EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet.

Die Vienna Declaration steht für den gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus und die Förderung jüdischen Lebens in Europa und zielt auf eine bessere Vernetzung der EU-Mitgliedstaaten im Kampf gegen Antisemitismus ab. Ein Fokus liegt vor allem auf der besseren Vergleichbarkeit und dem Austausch von Daten.

Nationales Forum gegen Antisemitismus (NFA)

Im Rahmen der NAS wurde das Nationale Forum gegen Antisemitismus (NFA) als eine beratende gesamtgesellschaftliche Plattform etabliert, deren Mitglieder auf Basis einer Nominierung bestimmt werden und sich einmal im Jahr zu konkreten Themen versammeln. Diese Plattform besteht aus Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern, Gemeinden, Körperschaften, zivilgesellschaftlichen Institutionen, Sport- und Jugendorganisationen, der IRG, Kirchen und Religionsgesellschaften sowie weiteren Einrichtungen. Das NFA tagte erstmals am 13. Juni 2022, bei der zweiten Sitzung am 16./17. Oktober 2023 nahmen über 70 Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft teil. Ziel des NFA ist es, sich zu vernetzen, aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und deren Bewältigung zu diskutieren, Wissen zu bündeln und sich über Best-Practice-Beispiele, Projekte und Initiativen auszutauschen.

"Antisemitismus ist eine Querschnittsmaterie, auf die es nur eine hybride gesellschaftliche Antwort geben kann. Wir wollen Kräfte bündeln, Wissen sammeln und eine stärkere Zusammenarbeit im Kampf gegen Antisemitismus forcieren." Bundesministerin Karoline Edtstadler

Förderungen

Die NAS bildet auch die inhaltliche Grundlage für die Förderungen von Projekten, die zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Sicherung jüdischen Lebens beitragen. Rechtliche Grundlagen hierfür sind das Bundeshaushaltsgesetz 2013 (BHG 2013), BGBl. I Nr. 139/2009, idgF, und die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln (ARR 2014), BGBl II 208/2014.

Geförderte Projekte müssen zumindest einem der 6 strategischen Zielen der NAS dienen und zu deren Erreichung beitragen. Eine Auswahlkommission entscheidet auf Grundlage der fachlichen Einschätzung der Abteilung IV/12 über die Förderanträge. Die Verwaltung der Mittel erfolgt ebenfalls durch die Abteilung IV/12. Es gelten die "Allgemeinen Förderungsbedingungen des BKA" und der "Leitfaden für die Abrechnung von Förderungsmitteln des BKA".

Projektanträge können jederzeit per Förderantrag oder Onlineformular an die Abteilung IV/12 übermittelt werden: Förderungen Österreichisch-Jüdisches Kulturerbe

(Video auf Youtube ansehen.)

Link

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