Österreich und das Amtsgeheimnis
Das Amtsgeheimnis hat in Österreich eine lange Geschichte. In einem Handschreiben vom 22. Jänner 1793 befiehlt Kaiser Franz I. dem ungarischen Hofkanzler Karl Graf Palffy, dem ihm unterstehenden Behördenpersonal die Verschwiegenheit im Zusammenhang mit Amtsgeschäften einzuschärfen.
Lieber Graf Palffy!
Da für die Verhandlung der Geschäffte nichts nothwendiger als die Verschwiegenheit ist, Ich aber leider wahrnehmen muß, das diese obschon geschworene Pflicht so leicht ausser Augen gesezt wird, das sogar, wie Beispiele vorhanden sind, sich nicht gescheuet wird, Vota und Anträge, noch ehe sie im Rathe vorgetragen werden, anderen zu eröfnen; so werden Sie dem ihnen untergeordneten Personali ohne Unterschied deß Standeß, Ranges und Karackters die genaueste Beobachtung der Verschwiegenheit in allen ihnen unter die Hände kommenden Geschäfften auf das nachdrücklichste einbinden und zugleich demselben in Meinem Nahmen bekannt machen; das gegen den Verlezer der pflichtmässigen Verschwiegenheit bei dem ersten Übertrettungsfall ohne weiters und aller Nachsicht mit der Cassation fürgegangen werden würde. Worauf Sie, damit dieser mein Wille genau erfüllet werde, die sorgfälltigste Aufmerksamkeit richten und in Gleichförmigkeit dieser Meiner obigen Anordnung auch die Chefs der ihnen unterstehenden Länderbehörden ungesäumt anweisen werden.
Wienn, den 22n Jäner [1]793
Quelle: Österreichisches Staatsarchiv, HHStA SB Csáky 196-78