Migration, Sicherheit und EU-Krisenkoordination
Welche Rolle spielt die EU bei Migration und Sicherheit?
Migration
Seit der Migrationskrise 2015 und einem deutlichen Anstieg der Zahl der Asylsuchenden in Europa wurden die Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit einer Vielzahl an krisenhaften Entwicklungen und neuen Herausforderungen konfrontiert. Zu deren Bewältigung wird kontinuierlich ein umfassender Ansatz in der Migrationspolitik verfolgt. Dieser umfasst im Wesentlichen 3 Dimensionen:
- eine Kooperation mit Herkunfts- und Transitstaaten (externe Dimension),
- ein effektiver Außengrenzschutz und
- ein gemeinsames europäisches Asylsystem (interne Dimension).
Bei der externen Dimension der Migrationspolitik der EU steht eine umfassende Kooperation mit relevanten Herkunfts- und Transitstaaten im Vordergrund. Ziele dieser Kooperation sind unter anderem eine nachhaltige Eindämmung der irregulären Migration, etwa durch die Reduktion von Flucht- und Migrationsursachen (beispielsweise durch Schaffung besserer Lebensperspektiven in den Herkunftsregionen), eine Förderung der Rückkehr von irregulär aufhältigen Migrantinnen und Migranten in Herkunfts- und sichere Drittstaaten, oder die wirksame Bekämpfung von Schlepperei und Menschenhandel. Um den Migrationsdruck zu verringern und eine bessere Kooperation bei der Rückübernahme zu erreichen, werden seitens der EU seit dem Jahr 2015 maßgeschneiderte Kooperationspakete mit Partnerstaaten geschnürt.
Der Schutz der Außengrenzen ist eine Aufgabe der einzelnen Mitgliedstaaten der EU, wobei die operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den EU-Agenturen unabdingbar ist. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex). Frontex unterstützt Mitgliedstaaten, die einem starken Migrationsdruck ausgesetzt sind, durch Bereitstellung zusätzlicher Ausrüstung (zum Beispiel Flugzeuge und Boote) und fachkundigen Grenzpersonals. Zentrales Element bildet eine ständige Einsatzpersonalreserve, die bis 2027 schrittweise auf bis zu 10.000 Einsatzkräfte ausgebaut werden soll.
Bei der internen Dimension der Migrationspolitik geht es insbesondere um die Schaffung eines effizienten, harmonisierten und widerstandsfähigen europäischen Asylsystems. Ziel ist es, die Standards und Regeln in den Mitgliedstaaten möglichst zu vereinheitlichen, um damit beispielsweise Sekundärmigration einzudämmen. Um besser auf Krisensituationen (Massenankünfte und Instrumentalisierung) und Situationen höherer Gewalt reagieren zu können, bestehen zudem Vorschriften, die es erlauben Ausnahmeregelungen in Anspruch zu nehmen, beispielsweise für die Fristen zur Registrierung der Asylwerber und die Dauer des Grenzverfahrens.
Mit der Annahme des Migrations- und Asylpakets der EU im Jahr 2024 wurde eine wegweisende Reform des europäischen Asyl- und Migrationssystems eingeleitet. Damit wurde eine Reihe von Vorschriften festgelegt, die dazu beitragen werden, Ankünfte von Migrantinnen und Migranten auf geordnete Weise zu steuern, effiziente und einheitliche Verfahren zu schaffen und eine gerechte Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten haben nun 2 Jahre bis 2026 Zeit, um die verabschiedeten Gesetze in die Praxis umzusetzen. Ein gemeinsamer EU-Umsetzungsplan sowie die jeweiligen nationalen Umsetzungspläne der Mitgliedstaaten sollen dieses Ziel unterstützen und sicherstellen.
Sicherheit
Die Gewährleistung der Sicherheit der Bürger und Bürgerinnen ist eine der wesentlichen nationalstaatlichen Aufgaben. Neue, komplexe Sicherheitsbedrohungen, welche immer vielfältiger und internationaler werden und zunehmend grenz- und bereichsübergreifender Natur sind, erfordern eine wirksame und abgestimmte Reaktion auf europäischer Ebene.
Zur Gewährleistung der Sicherheit der europäischen Bürger und Bürgerinnen verfolgt die EU einen proaktiven, umfassenden und integrierten Ansatz zur Vermeidung und Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus und zur Förderung von De-Radikalisierung. Die im Jahr 2015 vorgelegte Europäische Sicherheitsagenda umfasst die wichtigsten Maßnahmen zur Gewährleistung einer schlagkräftigen Antwort der EU auf Terrorismus und Sicherheitsbedrohungen in der EU im Zeitraum 2015 bis 2020. Sie zielt auf die Stärkung der Instrumente, die die EU den Strafverfolgungsbehörden in den Mitgliedstaaten zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität zur Verfügung stellt. Darüber hinaus sind in der Europäischen Sicherheitsagenda konkrete Maßnahmen vorgesehen, die auf europäischer Ebene durchzuführen sind. Diese umfassen die Bereiche Terrorismus und Radikalisierung, Organisierte Kriminalität, Cyberkriminalität sowie die Interoperabilität von bestehenden Informationssystemen.
Effektive Kooperation der Agenturen im Bereich Justiz und Inneres untereinander und mit den Behörden der Mitgliedstaaten und anderen Partnern ist für die Verhinderung terroristischer und extremistischer Straftaten essenziell. Ebenso ist eine effektive und nachhaltige Bekämpfung von Menschenhandel und Schleppernetzwerken ohne permanente Verbesserung und Verstärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit nicht möglich.
EU-Krisenkoordination
IPCR (Integrated Political Crisis Response; Integrierte Regelung für die politische Reaktion auf Krisen)
Die Integrierte Regelung für die politische Reaktion auf Krisen wurde eingerichtet, um eine schnelle und flexible Reaktion im Falle von schweren und komplexen Krisen auf politischer Ebene zu koordinieren. Im Detail koordiniert der jeweils aktuelle Ratsvorsitz der Europäischen Union diese Reaktion, indem die Institutionen der EU, die betroffenen Mitgliedstaaten und andere wichtige Akteure vernetzt werden. Dabei kann auf eine Reihe von Instrumenten, die den Informationsaustausch, die Zusammenarbeit und gemeinsame Entscheidungsfindung sowie die Koordinierung der Reaktion erleichtern sollen, zurückgegriffen werden.
Der Grad der Aktivierung der IPCR kann auf die jeweiligen Umstände abgestimmt werden. Es stehen 3 Stufen zur Verfügung:
- Ein Beobachtungsmodus für den einfacheren Zugang zu vorhandenen Lageberichten.
- Der Informationsaustauschmodus, um ein besseres Verständnis der Situation zu gewinnen und Vorbereitungen in Bezug auf eine mögliche Eskalation zu treffen.
- Die vollständige Aktivierung, bei welcher konkrete Maßnahmen auf EU-Ebene vorgeschlagen werden, die sodann vom Rat beschlossen werden.