Europaministerin Edtstadler in Alpbach: "Die größte Stärke der EU ist unsere Einigkeit"
Edtstadler beim Europäischen Forum Alpbach über "alternativlose" Sanktionen: "Die Maßnahmen wirken, wo sie wirken sollen, nämlich in Russland" – Energieversorgungssicherheit im Mittelpunkt
"Die EU hat Krisen gesammelt, jetzt ist es an der Zeit sie zu lösen!" Das betonte Europaministerin Karoline Edtstadler im Rahmen ihrer Teilnahme am 77. Europäischen Forum Alpbach von 31. August bis 2. September 2022. Angesichts der zahlreichen aktuellen Herausforderungen – insbesondere des auf europäischen Boden zurückgekehrten Kriegs in der Ukraine – sei es besonders wichtig, einen offenen Diskurs zu pflegen und gemeinsam Visionen und Lösungsansätze für die künftige Gestaltung der EU zu entwerfen; das Forum sei ein geeigneter Ort dafür. Die Europaministerin strich insbesondere die in den letzten Monaten bewiesene Entschlossenheit und Schnelligkeit in den europäischen Entscheidungsfindungsprozessen hervor: "Die größte Stärke der Europäischen Union ist unsere Einigkeit. Gemeinsam können wir die Probleme unserer Zeit bewältigen."
Edtstadler: "Sanktionen wirken, wo sie wirken sollen, nämlich in Russland"
Die aufgrund der Invasion in der Ukraine verhängten Sanktionen gegen Russland seien "alternativlos", betonte die Europaministerin. Selten zuvor habe sie "so eine Einigkeit" innerhalb der EU erlebt – und diese halte auch mehr als ein halbes Jahr nach Beginn der russischen Aggression an. "Alternativlos" sei es zudem, den Bürgerinnen und Bürgern die Notwendigkeit der bis dato 7 von der EU verhängten Sanktionspakete zu vermitteln: "Die Maßnahmen wirken, wo sie wirken sollen, nämlich in Russland." Auswirkungen würden natürlich auch in Österreich und den EU-Staaten zu spüren sein. Dass sich die ergriffenen Maßnahmen jedoch "nur auf uns auswirken", sei "schlicht und ergreifend Propaganda", stellte Edtstadler klar. "Gleichzeitig ist es harte Arbeit, der Bevölkerung gegenüber immer wieder zu verdeutlichen, warum diese Sanktionen notwendig sind: Weil man einfach nicht akzeptieren kann, dass im 21. Jahrhundert jemand wie Putin, der ein Despot ist, glaubt, Grenzen eines souveränen Staates mit Waffengewalt verschieben zu können." Es sei auch wichtig zu hinterfragen, was sich wirklich auf die Sanktionen zurückführen lasse und welche Entwicklungen "möglicherweise auch sonst passiert wären, die aufgrund anderer Umstände eingetreten sind". Wesentlich sei zudem die Frage, wie gesamteuropäisch eine Abmilderung geschaffen werden könne, ohne die Sanktionen per se in Frage zu stellen, so Europaministerin Edtstadler.
Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Aspekten des Kriegs sei weiterhin erforderlich, und das beinhalte auch Blickpunktwechsel – etwa indem die Perspektiven von Frauen miteinbezogen würden. Denn es bestünde die Gefahr, dass es nun, über 6 Monate nach Beginn der Invasion, zu einem gewissen "Gewöhnungseffekt" an das Kriegsgeschehen komme, erläuterte die Europaministerin.
Sicherung der Energieversorgung im Fokus
Die für Energie zuständigen Ministerinnen und Minister der 27 EU-Staaten werden am 9. September 2022 bei einer außerordentlichen Tagung in Brüssel einen Gedankenaustausch über mögliche Sofortmaßnahmen zur Abfederung der hohen Energiepreise und den Stand der Vorbereitungen auf den nächsten Winter führen. Noch vor dem Treffen wird von Seiten der Europäischen Kommission die Vorlage eines entsprechenden Vorschlags erwartet.
Edtstadler dazu: "Alle Regierungen Europas sind momentan damit konfrontiert, dass sie versuchen, den hohen Strompreis herunterzubringen, die Energiekosten herunterzubringen, insbesondere vor dem nahenden Herbst und Winter." Alleine auf nationaler Ebene sei dies nicht möglich, da der Raum zu eng miteinander verwoben sei. Alle Vorschläge, die zu einer gemeinsamen Lösung und zu einer Reduktion des Strompreises beitragen würden, seien zu begrüßen. Parallel dazu dürfe man aber auch nicht aufhören, daran zu arbeiten, "dass wir unsere Energiequellen diversifizieren, dass wir erneuerbare Energien ausbauen, dass wir unabhängiger werden und auch nicht mehr so stark auf das Gas anderer Staaten angewiesen sind", strich die Europaministerin hervor, die gleichzeitig betonte, dass "wir die Ziele, die wir uns beim Kampf gegen den Klimawandel gesetzt haben, nicht gänzlich aus den Augen verlieren." Denn, so Edtstadler: "Kohlekraftwerke zu reaktivieren kann nur kurzfristig eine Maßnahme sein."
Bilder aus Alpbach sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.