Online-Diskussion: "Österreich in der EU – Welches Europa wollen wir?"
Europaministerin Karoline Edtstadler nahm am 6. September 2020 an einer Online-Diskussion zum Thema "Österreich in der EU – Welches Europa wollen wir?" teil. Über diese Frage diskutierte sie mit 4 ehemaligen Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die heute in anderen Funktionen die Architektur Europas mitgestalten wollen.
Mit der Europaministerin diskutierten am 6. September 2020 Jörg Leichtfried und Michel Reimon, beide aktuell Nationalratsabgeordnete, sowie Angelika Mlinar, ehemalige Ministerin für Kohäsion in Slowenien. Die von der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) organisierte Diskussion wurde von ÖGfE-Generalsekretär Paul Schmidt geleitet und vom Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments in Österreich im Rahmen der Serie "Europa Club Wien" mitveranstaltet.
Nach 25 Jahren österreichischer EU-Mitgliedschaft: Wie soll Europa in den nächsten 25 Jahren aussehen?
Laut Europaministerin Edtstadler ist es aktuell wichtig, darüber nachzudenken, "welches Europa wir wollen. Was die EU in 25 Jahren eigentlich darstellen soll und wie wir diese Errungenschaften unseren Kindern und Enkelkindern hinterlassen". "Wir reden immer von der Europäischen Union als größtes und erfolgreichstes Friedensprojekt, aber es ist mittlerweile auch sehr viel mehr geworden. Es nicht nur für den Frieden verantwortlich, sondern auch für den Wohlstand, dafür, dass wir uns alle als Europäerinnen und Europäer fühlen, aber nicht vergessen, was unsere Heimatstaaten sind", so die Europaministerin. Gerade der EU-Gipfel im Juli 2020 habe erfolgreich gezeigt, dass es möglich ist, sowohl europäische Solidarität zu leben als auch die Interessen der eigenen Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Es gehe darum, Kompromissbereitschaft zu zeigen, Europa zusammen zu stärken und denen gegenüber solidarisch zu sein, die am stärksten von der Coronavirus-Krise getroffen worden sind. Deshalb sei es auch wichtig, innerhalb der EU Verständnis für die anderen Mitgliedstaaten aufzubringen und "nicht aufzuhören, Brücken zu bauen". Aus politischer Sicht sei dies das "Geheimnis, das wir leben sollten".
Die Europaministerin strich die Bedeutung der geplanten EU-Zukunftskonferenz hervor. Es sei ihr ein besonderes Anliegen, mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort ins Gespräch zu kommen. Unter dem Titel "Österreich-Dialoge" hat sie daher die Debatte in allen Bundesländern bereits gestartet. "Man sollte sich bei der Zukunft Europas keine Denkverbote auferlegen, um die Interessen der eigenen Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Wichtig ist mir eine offene und breite Debatte", erklärt die Europaministerin.
Lehren aus der Coronavirus-Krise: Die EU ist ohne Alternative – wir müssten künftig Stärken ausbauen und an den Schwächen der Union arbeiten
Auch wenn die Pandemie noch nicht vorbei sei, sei es nun wichtig, erste Lehren aus der Coronavirus-Krise zu ziehen, "in dem wir analysieren, wo die Stärken und Schwächen sind". Ein Faktum sei, dass die Gesundheit und Sicherheit derzeit eine nationale Zuständigkeit seien und ihrer Meinung nach auch bleiben sollten. "Bevor wir uns neue Kompetenzen für die EU überlegen, sollten wir konkret analysieren, wo wir in der Umsetzung in den letzten Wochen und Monaten nicht so gut waren", so die Europaministerin. Wofür sie jetzt vor allem kämpfe, sei ein koordiniertes Vorgehen. "Wir müssen uns besser abstimmen, es braucht Vertrauen in die wechselseitigen Maßnahmen, welche die Staaten setzen und setzen müssen. Sicherheit und Gesundheit sind nationale Verantwortlichkeiten, aber innerhalb der EU müssten sie besser koordiniert werden", betonte Europaministerin Edtstadler.
Es sei nun bedeutend, das Momentum zu nutzen, um der jüngeren Generation deutlich zu machen, welche Vorteile die EU hat und dass diese nicht selbstverständlich ist. "Die EU ist ohne Alternative." Dies sei auch eine der Ideen hinter den "Österreich-Dialogen": Projekte die nur durch Co-Finanzierung der EU zustande kommen sollen verstärkt vor den Vorhang geholt werden.
Weitere Themen: Rechtsstaatlichkeit, Migrations- und Asylpolitik, Westbalkan
Im Hinblick auf die aktuellen Geschehnisse in Ungarn betonte die Europaministerin, wie wichtig die Grundwerte der EU seien. "Die EU baut darauf auf, es sind unsere 'core values'. Diese mussten wir uns hart erarbeiten und sie sind in jungen Demokratien nicht selbstverständlich." In Bezug auf den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus äußerte Europaministerin Edtstadler den Wunsch für eine noch stärkere Verzahnung mit dem EU-Budget.
Auch das Thema Migrations- und Asylpolitik im EU-Kontext wurde in der Diskussion angesprochen. "Wir brauchen eine gesamteuropäische Lösung, wo klar sein muss, dass jeder Mitgliedstaat einen Beitrag zu leisten hat, damit es funktionieren kann. Das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Migrations- und Asyl-Paket geht in die richtige Richtung, was den Außengrenzschutz betrifft, was die Rückübernahmeabkommen betrifft, was die Hilfe vor Ort betrifft. Jeder muss einen Beitrag leisten, aber keiner soll sich aus der Verantwortung ziehen können", erklärte Europaministerin Edtstadler die österreichische Position.
Die Europaministerin verdeutlichte auch die Unterstützung Österreichs für alle 6 Westbalkan-Länder auf dem Weg in die EU. Sie stellte allerdings klar, dass noch ein langer Weg bevorstehe. Wichtig sei es jedoch, diesen Staaten eine glaubwürdige europäische Perspektive zu bieten. Daher erachtet sie auch Vorbeitrittsunterstützungen als wesentlich. Die Westbalkan-Staaten sollten ihrer Meinung nach auch in die Planungen zur EU-Zukunftskonferenz miteingebunden werden. Wichtig sei in den Augen von Europaministerin Edtstadler aber auch, in Hinblick auf die EU-Perspektive dieser Länder "Emotionen zwischen Menschen in Österreich und dem Westbalkan herzustellen. Beide Seiten müssen spüren, warum es richtig und notwendig ist".