Europäischer "Green Deal": Europäische Kommission schlägt neues Konzept für eine nachhaltige blaue Wirtschaft in der EU vor
Für die mit Ozeanen, Meeren und Küsten verbundenen Industriezweige und Sektoren legte die Europäische Kommission am 17. Mai 2021 ein neues Konzept vor.
Blaue Wirtschaft als Teil der Gesamtwirtschaft
Die sogenannte "Blaue Wirtschaft" bezeichnet alle Wirtschaftszweige und Bereiche von Ozeanen, Meeren und Küsten, welche direkt in der Meeresumwelt oder an Land angesiedelt sind. Sie umfasst sowohl traditionelle Branchen als auch innovative Sektoren. Darüber hinaus ist die blaue Wirtschaft über ein Netz von Ablegern und Lieferketten mit den Wirtschaftszweigen an Land verbunden. Der Bericht über die blaue Wirtschaft von 2020 weist eine Direktbeschäftigung von fast 4,5 Millionen Menschen aus. Wirtschaftsaktivitäten auf dem Meer und an Küsten vereinen die wirtschaftliche Entwicklung, bessere Lebensgrundlagen und soziale Inklusion mit dem Ziel der Eindämmung des Klimawandels und dem Schutz biologischer Vielfalt und Ökosysteme. Ressourcen werden so verantwortungsvoll genutzt und die Erreichung des Null-Schadstoff-Ziels ermöglicht.
Blaues Wirtschaften als Basis des "Green Deal"
Der Europäische "Green Deal" und der Aufbauplan beschreiben die europäische Wirtschaft für die kommenden Jahre beziehungsweise Jahrzehnte. Eine nachhaltige blaue Wirtschaft ist grundlegend für beide Vorhaben. Die blaue Wirtschaft soll dem "Green Deal" nicht nur Folge leisten. Sie ist unabdingbar, um die Umwelt- und Klimaziele der EU zu erreichen. Ozeane sind der Hauptklimaregulator, der uns mit sauberer Energie, Sauerstoff, Nahrung und vielen kritischen Ressourcen versorgt. Um die "Blaue Wirtschaft" zur Gänze in den Europäischen "Green Deal" und den Aufbauplan einzubetten, hat die Europäische Kommission diesen neuen Ansatz einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU entwickelt.
Detaillierte Agenda für die blaue Wirtschaft
Eine detaillierte Agenda für die blaue Wirtschaft soll einerseits die Ziele des Europäischen "Green Deal" erreichen und andererseits kürzlich vorgebrachte Initiativen der EU-Kommission zu Biodiversität, Nahrung, Mobilität, Sicherheit und Daten umsetzen.
Damit die blaue Wirtschaft ihren Beitrag zu den Zielen des Europäischen "Green Deal" leisten kann, sollen folgende in der Agenda beschriebenen Punkte zur Umsetzung gelangen:
- Dekarbonisierung: Angestrebt wird die Erreichung der Klimaneutralität und des Null-Schadstoff-Ziels, durch erneuerbare Offshore-Energie, mittels Dekarbonisierung des Seeverkehrs und mit der Ökologisierung der Häfen. Ein nachhaltiger Meeresenergiemix könnte 2050 ein Viertel des Stroms in der EU abdecken. Häfen könnten als Energieknotenpunkte dienen.
- Kreislaufwirtschaft: Weitere deklarierte Ziele sind der Umstieg auf die Kreislaufwirtschaft sowie eine Verringerung der Verschmutzung, insbesondere Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung durch Kunststoffe und Mikroplastik.
- Biodiversität: Der Schutz von 30 Prozent der Meeresfläche der EU soll den Verlust an biologischer Vielfalt umkehren, Fischbestände erhöhen, zum Klimaschutz beitragen, finanzielle und soziale Vorteile bringen und den Erhalt der Biodiversität sichern sowie Investitionen in die Natur vorantreiben.
- Klimawandelanpassung: Die Entwicklung "grüner" Infrastrukturen in Küstengebieten und der Schutz der Küsten tragen zum Erhalt der Biodiversität und der Landschaften bei und stellen auch einen Vorteil für Tourismus und Küstenwirtschaft dar. So erfolgt eine Anpassung an den Klimawandel und die Widerstandsfähigkeit der Küsten wird unterstützt.
- Nachhaltige Lebensmittelproduktion: Die nachhaltige Lebensmittelerzeugung und neue Vermarktungsformen für Meeresfrüchte, die Nutzung von Algen und Seegras, strengere Fischereikontrollen sowie Forschung und Innovationen zellbasierter Meeresfrüchte werden zur Erhaltung der europäischen Meere beitragen. Die EU-Kommission hat sich zur Förderung einer "Strategischen Leitlinie der EU für eine nachhaltig Aquakultur" verpflichtet.
Meereswirtschaft in Zeiten der Pandemie: "Grüner" Wandel durch "blaue" Wirtschaft
Die Pandemie habe die Sektoren der Meereswirtschaft auf unterschiedliche, aber tiefgreifende Weise getroffen. Man habe die Chance auf einen Neubeginn und wolle sicherstellen, dass der Schwerpunkt des Aufschwungs weg von der bloßen Nutzung der Ressourcen hin zu Nachhaltigkeit und Resilienz verlagert werde. Der "grüne" Wandel sei also nur mithilfe der blauen Wirtschaft möglich, so Virginijus Sinkevičius, EU-Kommissar für Umwelt, Fischerei und maritime Angelegenheiten.
Finanzierung der nachhaltigen blauen Wirtschaft
Künftig werden die EU-Kommission und die EIB-Gruppe (Europäische Investitionsbank und Europäischer Investitionsfonds) ihre Zusammenarbeit im Sinne einer nachhaltigen blauen Wirtschaft verstärken. Auch die Mitgliedstaaten sind eingebunden um den bestehenden Finanzierungsbedarf einer Reinhaltung europäischer Meere zu decken und Investitionen in blaue Innovation und blaue Bioökonomie zu unterstützen.
Der neu geschaffene Europäische Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (BlueInvest-Plattform und BlueInvest-Fonds) wird den Übergang zu nachhaltigeren Wertschöpfungsketten unterstützen. Die Mitgliedstaaten wurden von der EU-Kommission aufgefordert, deren Investitionen für eine nachhaltige blaue Wirtschaft in ihre nationalen Resilienz- und Aufbaupläne und auch in ihre nationalen operationellen Programme für verschiedene EU-Fonds aufzunehmen. Das Forschungsprogramm "Horizon Europe" und andere EU-Programme sowie eine eigens geschaffene Mission für Ozeane und Gewässer leisten erhebliche Beiträge. Bei einschlägigen Investitionsentscheidungen privater Aufwendungen gelten vereinbarte meeresspezifische Grundsätze wie die von der EU geförderte Initiative für die Finanzierung einer nachhaltigen blauen Wirtschaft.
Hintergrund: Blaues Wirtschaften
Der Bericht über die blaue Wirtschaft legt dar, dass die traditionellen Sektoren der blauen Wirtschaft fast 4,5 Millionen direkte Arbeitsplätze schaffen und im Jahr 2018 einen Umsatz von rund 650 Milliarden Euro sowie 176 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung erwirtschaftet haben. Zwischen 2017 und 2018 ist die Beschäftigung im Bereich der erneuerbaren Meeresenergie (Offshore-Windenergie) um 15 Prozent gestiegen und könnte sich bis 2030 verdreifachen. Die aktuelle Mitteilung der EU-Kommission folgt der Mitteilung Blaues Wachstum aus dem Jahr 2012. Mit der Richtlinie über maritime Raumplanung kommen die Mitgliedstaaten der förmlichen Planung ihres Meeresraums bis 2021 nach.
Weitere Informationen
- Mitteilung der EU-Kommission über einen neuen Ansatz für eine nachhaltige blaue Wirtschaft, 18. Mai 2021
- Strategische Leitlinie der EU für eine nachhaltige Aquakultur, Pressemitteilung
- Nachhaltige blaue Wirtschaft – Fragen und Antworten, 18. Mai 2021
- EU Blue Economy Observatory
- Finanzierung einer nachhaltigen blauen Wirtschaft, 18. Mai 2021 (Englisch)
- Europäische "Green Deal"
- Europäischer Grüner Deal: Entwicklung einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der Europäischen Union, 18. Mai 2021