EU-Wirtschaft im Aufschwung – Kommission präsentiert Frühjahrsprognose 2021
Die EU-weite Impfkampagne wirkt sich positiv auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt aus. Wirtschaftswachstum und sinkende Staatsverschuldung von EU-Kommission prognostiziert – Erholung auch in Österreich.
Nachdem es durch die Coronavirus-Pandemie zu einem weltweiten wirtschaftlichen Einbruch gekommen ist, sieht die Europäische Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2021 eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in der EU und der Euro-Währungszone. Demnach dürfte sich die Wirtschaft in allen 27 Mitgliedstaaten stabilisieren und bereits Ende 2022 zum Vorkrisenniveau zurückfinden. Dies unterstrich der EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung, Paolo Gentiloni, bei der Präsentation der Frühjahresprognose am 12. Mai 2021: "Der Schatten von Covid-19 beginnt sich von der europäischen Wirtschaft zu heben. Nach einem schwachen Jahresbeginn gehen wir nun sowohl für 2021 als auch für 2022 von einem starken Wachstum aus." Vor allem "die beispiellose fiskalische Unterstützung war – und bleibt – von entscheidender Bedeutung, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den Unternehmen Europas zu helfen" und dadurch "den Sturm zu überstehen", so Gentiloni. Ähnlich äußerte sich der Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen, Vladis Dombrovskis: "Die Aufbau- und Resilienzfazilität wird die Erholung unterstützen und könnte sich im Jahr 2022, in dem die öffentlichen Investitionen den höchsten Stand seit 10 Jahren erreichen werden, als wahrhaft richtungsweisendes Signal erweisen." Von zentraler Bedeutung dabei sei, dass "die Impfquoten weiter steigen, Beschränkungen aufgehoben werden und die Normalität langsam wieder in das Leben der Menschen zurückkehrt". Dadurch "konnten wir die Prognosen für die Volkswirtschaften der EU und des Euro-Währungsgebiets für dieses und für das nächste Jahr anheben", betonte Dombrovskis.
Steigendes Wachstum in der EU und im Euro-Raum für 2021 und 2022
Die von der Kommission präsentierte Frühjahrsprognose 2021 stellt der Wirtschaft in den 27 EU-Staaten ein Wachstum von 4,2 Prozent im Jahr 2021 und von 4,4 Prozent im Jahr 2022 in Aussicht. Auch in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der 19 Länder des Euro-Raums wird die Wachstumsaussicht, gegenüber den Wachstumserwartungen von Februar 2021, um 0,5 Prozent-Punkte auf 4,3 Prozent für das Jahr 2021 und auf 4,4 Prozent für das Jahr 2022 angehoben. Diese Prognosen stehen vor allem im Zusammenhang mit einer steigenden Impfquote und weitreichenden Lockerungen der Beschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie. Zwar stehen noch einige Sektoren wie die Tourismusbranche unter erhöhtem Druck, doch sieht die EU-Kommission für die Zukunft eine stetige Erholung der europäischen Wirtschaftssituation, welche vor allem durch private Konsumausgaben, eine steigende Nachfrage nach EU-Exporten sowie Investitionen und eine sich erholende und wachsende Weltwirtschaft getragen wird.
Entspannung auf den Arbeitsmärkten
Eine ähnliche positive Entwicklung zeichnet sich auf den Arbeitsmärkten ab. Nachdem die Arbeitslosenquote aufgrund der Covid-19-Pandemie einen Höchststand erreicht hat, ist sie in den meisten Mitgliedstaaten wieder gesunken. Zwar wird es noch länger dauern, bis sich die Arbeitslosenquote wieder auf das Vorkrisenniveau stabilisiert hat, dennoch erwartet die Kommission einen deutlichen Rückgang der Arbeitslosenquote in der EU von 7,6 Prozent im Jahr 2021 auf 7 Prozent im Jahr 2022 und in der Euro-Zone von 8,4 Prozent 2021 auf 7,8 Prozent 2022.
Inflation weiter niedrig
Aufgrund der steigenden Energiepreise, die rückgängig gemachte Mehrwertsteuer oder die Einführung einer CO2-Steuer in Deutschland zog die Inflation in der EU dieses Jahr stark an. Dadurch wird es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu spürbaren Preisschwankungen kommen, was wiederum zu erheblichen Veränderungen der Inflation für dieses Jahr führt. So sieht die Kommission für die EU eine Inflation von 1,9 Prozent im Jahr 2021 und 1,5 Prozent für das Jahr 2022 voraus. Ähnlich verhält es sich für den Euro-Raum mit 1,7 Prozent im Jahr 2021 und 1,3 Prozent für 2022.
Staatsverschuldung ab 2022 rückläufig
Die umfassenden staatlichen Unterstützungen für Haushalte und Unternehmen aufgrund der kritischen wirtschaftlichen Situation durch die Corona-Pandemie hat für viele Mitgliedstaaten zu einer erhöhten Verschuldung geführt. Daher wird in der EU heuer das gesamtstaatliche Defizit voraussichtlich von 7 auf 7,5 Prozent des BIP und im Euro-Raum auf 8 Prozent des BIP ansteigen. Dadurch ergibt sich für die meisten Mitgliedstaaten ein mögliches Defizit von mehr als 3 Prozent des BIP. Für 2022 erwartet die Kommission jedoch für die EU wie auch für den Euro-Raum eine Halbierung des Haushaltsdefizits auf knapp unter 4 Prozent und weniger Mitgliedstaaten mit einem Defizit von mehr als 3 Prozent des BIP. Entsprechend verhält es sich bei der Prognose in Hinblick auf die öffentliche Schuldenquote. Wird sie in der EU dieses Jahr noch einen Höchststand von 94 Prozent erreichen und im Euro-Raum bei 102 Prozent liegen, prognostiziert die Kommission einen Rückgang für 2022 auf 93 Prozent beziehungsweise 101 Prozent.
Wirtschaftsentwicklung in Österreich geht bergauf
Die Wirtschaftsprognose der Kommission für Österreich orientiert sich am EU-Durchschnitt und lässt ebenfalls einen Aufwärtstrend erkennbar werden. Während das BIP-Wachstum – geschuldet durch die Coronavirus-Pandemie – im Jahr 2020 noch bei minus 6,6 Prozent lag, wird bereits dieses Jahr ein Wert von plus 3,4 Prozent und für 2022 von 4,3 Prozent erwartet. In puncto Arbeitslosigkeit wird Österreich – nach 5,4 Prozent im Coronavirus-Krisenjahr 2020 – eine Quote von 5 Prozent für 2021 und von 4,8 Prozent für 2022 prognostiziert. Positiv streicht die EU-Kommission hervor, dass die Kurzarbeit-Modelle in Österreich geholfen hätten, die Arbeitslosenquote vergleichsweise niedrig zu halten. Die Inflation wird voraussichtlich im Jahr 2021 bei 1,8 Prozent und im Jahr 2022 bei 1,6 Prozent liegen, während die Bruttoverschuldung von 87,2 Prozent im Jahr 2021 auf 85 Prozent des BIP im Jahr 2022 zurückgeht.
Hintergrund: Positive Aussichten – mit Vorbehalten
Zwar zeigen die Wirtschaftsprognosen einen positiven Trend und eine mögliche und baldige Stabilisierung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes in der EU, wie auch im Euro-Währungsraum, doch weist die Europäische Kommission auch auf vorstellbare risikoreiche Szenarien hin, die sich weiterhin schwerwiegend auf den Finanzsektor auswirken können. Dies hängt zum einen von der Ausgabeneigung beziehungsweise der Neigung zu sparen in privaten Haushalten ab. Der richtige Zeitpunkt zur Beendigung staatlicher Unterstützung sei wichtig, um eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft zu gewährleisten, aber gleichzeitig keine Marktverzerrung zu fördern. Des Weiteren sei die genaue Effizienz und Wirksamkeit der Impfprogramme noch nicht abzusehen und könnte sich positiver, aber auch negativer auf die Wirtschaftsprognose auswirken, so die EU-Kommission.