Verfassungsministerin Edtstadler: Meilenstein für die Beschuldigtenrechte
Pressefoyer nach dem Ministerrat – Zadić und Edtstadler stellen Neuregelung des Verteidigerkostenersatzes vor
"Heute können wir Ihnen sagen: Wir haben es versprochen, wir haben es ins Regierungsprogramm geschrieben. Und wir haben es gehalten. Ich glaube schon sagen zu dürfen, dass wir mit dieser Neuregelung des Kostenersatzes einen tatsächlichen Meilenstein für die Beschuldigtenrechte setzen konnten", hielt Verfassungsministerin Karoline Edtstadler beim gemeinsamen Pressefoyer nach dem Ministerrat mit Justizministerin Alma Zadić fest. Die beiden Bundesministerinnen präsentierten die Gesetzesnovelle der Bundesregierung, mit welcher der Kostenersatz im Strafverfahren neu geregelt wird. Erstmals sieht diese Regelung auch einen Kostenersatz für Verteidigerkosten im Falle einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens vor.
70 Millionen Euro Budget für den Verteidigerkostenersatz 2024
"Sie wissen, dass ich mich seit Jahren für die Stärkung der Beschuldigtenrechte einsetze und gerade wenn es um den Kostenersatz geht, wird von vielen wahrgenommen, dass es hier Ungerechtigkeiten gibt", betonte Bundesministerin Edtstadler. Oft würden Beschuldigte und Angeklagte auch nach einem Freispruch fast zur Gänze auf den Kosten für die Verteidigung sitzen bleiben. Es könne nicht sein, so die Ministerin weiter, dass die Unschuldsvermutung zwar überall großgeschrieben werde und verfassungsrechtlich verankert sei, "aber im Endeffekt davon nicht mehr übrigbleibt, als die Hülle ihrer selbst. Das steht im Widerspruch zum fairen Verfahren, das ist dem Rechtsstaat nicht würdig. Darum ändern wir das jetzt." Für das Jahr 2024 seien daher für den Verteidigerkostenersatz insgesamt 70 Millionen Euro aus dem Budget vorgesehen.
Verteidigerkostenersatz auch bei eingestellten Verfahren
Der Gesetzesvorschlag nehme sich auch eines weiteren Problems an, denn, das sei laut Edtstadler zu betonen, bisher sei man bei einem von der Anklage eingestellten Verfahren völlig leer ausgegangen: "Es kann nicht sein, dass Beschuldigte, deren Verfahren eingestellt wurden, auf den Kosten sitzen bleiben. Ich habe das in der Vergangenheit oft als zivile Todesstrafe bezeichnet." Man sei über Jahre durch ein Verfahren faktisch blockiert und habe dann trotz Einstellung noch die Anwaltskosten, auf denen man sitzen bleibe, fasste die Verfassungsministerin die bisherige Problematik zusammen.
Neue Pauschalbeträge und neue Höchstsätze bei komplexen Verfahren
"Es ist ein komplexes Modell, es ist aber auch ein ausbalanciertes und ausgeklügeltes Modell", kommentierte Karoline Edtstadler die neue Regelung. Sie bedankte sich vor allem bei den Legistinnen und Legisten des Justizministeriums, die die neue Regelung ausgearbeitet hätten.
Der Gesetzesvorschlag im Überblick:
- Bei Einstellung im Ermittlungsverfahren wird erstmalig ein Kostenersatz mit einer Höchstgrenze von 6.000 Euro etabliert.
- Bei Freispruch im Hauptverfahren ist der Kostenersatz gestaffelt je nach zuständigem Spruchkörper:
- Bezirksgericht bis zu 5.000 Euro (bisher maximal 1.000 Euro)
- Einzelrichterinnen und Einzelrichter am Landesgericht bis zu 13.000 Euro (bisher maximal 3.000 Euro)
- Schöffen- und Geschworenengericht bis zu 30.000 Euro (bisher maximal 5.000 beziehungsweise 10.000 Euro)
- Die Verfahren unterteilen sich in Standardverfahren, besonders komplexe Verfahren und Verfahren mit extremen Umfang. Bei zum Beispiel besonders komplexen Verfahren (sowohl im Ermittlungs- als auch im Hauptverfahren) kann der Höchstsatz um die Hälfte überschritten werden. Bei Verfahren extremen Umfangs kann der Höchstsatz auf das Doppelte erhöht werden.
Die Regelung gelte rückwirkend mit dem 1. Jänner 2024 und werde eine spürbare Verbesserung bringen. "Es wird dem gerecht, was wir unter dem Rechtsstaat verstehen. Damit wird die Unschuldsvermutung nicht länger Hülle ihrer selbst sein. Immerhin ist es ein hart erkämpftes Prinzip, das Rückgrat des modernen Rechtsstaates", so die Verfassungsministerin abschließend.
Bilder vom Pressefoyer sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.