Verfassungsministerin Edtstadler: "Der moderne Staat ist da – mit einem Grundrecht auf Information und Augenmaß für die Verwaltung."
Informationsfreiheitsgesetz bringt Abschaffung des Amtsgeheimnisses ab 2025
"Der moderne Staat ist da. Er ist jedenfalls zum Greifen nahe: mit einem Verständnis für das Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger im 21. Jahrhundert, aber auch mit Augenmaß für die Verwaltung. Nach rund 100 Jahren wollen wir das Amtsgeheimnis nun abschaffen", sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vizekanzler Werner Kogler zur Regierungsvorlage des neuen Informationsfreiheitsgesetzes.
Ziel sei immer gewesen, eine transparente Verwaltung und einen transparenten Staat zu schaffen. Mit einem Paradigmenwechsel vor Augen schaffe man nun das Amtsgeheimnis ab. "Wir schaffen ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf den Zugang zu Informationen in Österreich und damit die Rahmenbedingungen für einen modernen Staat", zeigte sich Karoline Edtstadler erfreut. Es sei der Bundesregierung dabei immer ein Anliegen gewesen, alle Betroffenen in die Verhandlungen miteinzubeziehen, um ein Verständnis für die Notwendigkeit dieser Lösung herbeizuführen.
Im Rahmen der Begutachtung des Ministerialentwurfs habe man über 200 Stellungnahmen zu den unterschiedlichsten Themenbereichen erhalten. Es habe seitens der Regierung immer das Bestreben gegeben, die größtmögliche Akzeptanz derer zu erreichen, die zukünftig mit diesem Gesetz und mit der Änderung der Bundesverfassung umgehen müssen, so die Verfassungsministerin.
Abschaffung des Amtsgeheimnisses kommt
Zu den Eckpunkten der geplanten Reform betonte Edtstadler: "Informationserteilung und Transparenz werden in Zukunft die Regel sein und Geheimhaltung wird die Ausnahme sein. Nach 100 Jahren und einer Legisvakanz von 18 Monaten wird das Amtsgeheimnis abgeschafft und dieses Grundrecht auf Zugang zu Information in der Bundesverfassung eingeführt. Wir drehen dabei unser derzeitiges System um 180 Grad. Wir geben unserer Bundesverfassung einen neuen Anstrich und ebnen den Weg hin zu einem modernen Staat."
Reform beinhaltet proaktive und passive Informationspflicht
Im Wesentlichen basiert das Paket auf 2 Säulen, auf denen die Informationsfreiheit ruht: zum einen auf der proaktiven Informationserteilung – das seien Informationen, die von allgemeinem Interesse sind und proaktiv zugänglich gemacht werden müssen – und zum anderen auf der passiven Informationspflicht auf Anfrage von Bürgerinnen und Bürgern.
Eckpunkte der geplanten Reform
Abschaffung des Amtsgeheimnisses
- Das Amtsgeheimnis (eingeführt mit der B-VG-Novelle 1925) wird in seiner bisherigen Form nach rund 100 Jahren abgeschafft.
Allgemeines Informationsbegehren – Grundrecht auf Zugang zu Information
- Jede und jeder verfügt künftig über ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu Information.
- Von einer informationspflichtigen Stelle kann binnen einer Frist von 4 Wochen (Aufschub um weitere 4 Wochen möglich) bereits vorhandene Information verlangt werden.
- Bei Nicht-Auskunft kann das Recht auf Information vor Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden.
- Hiervon sind alle Organe der Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen erfasst.
- Die Verpflichtung betrifft Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie allen Gemeinden.
- Informationen müssen nicht erteilt werden, wenn der Antrag missbräuchlich erfolgt. Darüber hinaus gelten Geheimhaltungsgründe und es ist auf Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Datenschutz, Rücksicht zu nehmen.
- Informationen sind auch von nicht hoheitlich tätigen Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegen, zu erteilen – wobei die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht beeinträchtigt werden darf.
Proaktive Veröffentlichungspflicht
- "Information von allgemeinem Interesse" (nunmehr zusätzliche Beispiele im Gesetz aufgezählt, zum Beispiel Geschäftseinteilung, Tätigkeitsberichte, Amtsblätter etc., neben bereits angeführten Studien, Gutachten, Verträgen,…) müssen proaktiv in einem Informationsregister auf www.data.gv.at ehestmöglich veröffentlicht werden.
- Von der proaktiven Veröffentlichungspflicht sind in erster Linie die Organe der Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organe umfasst, wobei Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern davon ausgenommen sind, diese aber selbstverständlich solche Informationen freiwillig veröffentlichen können.
- Darüber hinaus gilt sie auch für Nationalrat und Bundesrat mitsamt des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft sowie für die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichte, den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof.
- Informationen müssen von jenen Stellen veröffentlicht werden, welche diese auch erstellt haben.
- Von der proaktiven Informationspflicht umfasst sind Informationen, welche ab Inkrafttreten des Gesetzes entstehen.
- Die im Zuge der Reform des Parteiengesetzes geschaffene Norm des Art. 20 Abs. 5 B-VG wird durch die neue Regelung des Informationsregisters ersetzt.
- Ausgenommen von der proaktiven Veröffentlichungspflicht sind Informationen, soweit und solange sie beispielsweise im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Geheimhaltung unterliegen.
Unterstützungsleistungen
- Informationspflichtige Stellen haben im Rahmen der Legisvakanz nach der Beschlussfassung des Gesetzes bis zu dessen Inkrafttreten insgesamt 1,5 Jahre Zeit, um sich auf die effektive Umsetzung vorzubereiten.
- Das Bundeskanzleramt wird umfassende Informationsmaterialien für informationspflichtige Stellen zur Verfügung stellen.
- Die Datenschutzbehörde wird darüber hinaus Leitfäden zur Verfügung stellen und Fortbildungen beispielsweise für Datenschutzbeauftrage veranstalten.
Verfassungsänderung bedarf einer Zweidrittelmehrheit
"Die Umsetzung der Informationssicherheit ist ein historischer Schritt. Es ist wirklich ein Meilenstein, den wir hier setzen, indem wir diese Regierungsvorlage beschließen und dem Parlament übermitteln", sagte Edtstadler.
Für die Beschlussfassung sind eine Zweidrittelmehrheit des Nationalrates sowie eine qualifizierte Zustimmung des Bundesrats notwendig. "Wir setzen als Regierung hier weiterhin auf konstruktive Gespräche mit der Opposition", so die Ministerin.
Abschließend bedankte sich Verfassungsministerin Karoline Edtstadler bei allen Beteiligten, die in den letzten dreieinhalb Jahren an dieser Reform der Informationsfreiheit gearbeitet haben und betonte dabei: "Offenheit und Transparenz sind ein Gebot der Stunde in unserer Informationsgesellschaft und mit der Informationsfreiheit kommen wir genau dorthin."
(Dieses Video auf YouTube ansehen.)
Bilder von diesem Termin sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.