Bundesministerin Edtstadler: "Die Zukunft der Medien ist eng verbunden mit der Zukunft der Demokratie"
Eröffnung der 28. Österreichischen Medientage in Wien
"Ich verfolge die Medientage schon seit sehr langem. Es gibt wohl kaum eine andere Branche, die in den letzten 20 Jahren so unglaublich vielen Disruptionen ausgeliefert war und die sich so rasch neuen Gegebenheiten anpassen musste, wie die Medienbranche. Und es gibt glücklicherweise auch kaum eine andere Branche, die so heterogen ist", sagte Bundesministerin Karoline Edtstadler bei der Eröffnung der 28. "Österreichischen Medientage" im Erste Campus in Wien. In ihrer Rede ging sie auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Social-Media-Plattformen, die Rolle der traditionellen Medien und auf die Bedeutung der Pressefreiheit ein.
Faire rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen für Social-Media-Plattformen schaffen
"Die traditionellen Medien, TV, aber auch Print und Radio, stehen vor großen Herausforderungen, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Immer größere Stücke des Werbekuchens wandern zu den Social-Media-Plattformen", so die Bundesministerin. Laut einem Bericht seien die Werbeerlöse in deutschen Tageszeitungen zwischen den Jahren 2000 und 2020 um rund 75 Prozent gesunken. Im Gegensatz dazu hätten sich Werbeeinnahmen bei Facebook zwischen 2010 und 2020 um etwa 5.000 Prozent gesteigert.
Diese Problematik betreffe jedoch nicht nur die Medienbranche, sondern auch die Politik: Unsummen von Steuergeldern entgingen dem Staat, da die Plattformen ihre Gewinne nicht dort versteuern würden, wo sie entstehen, sondern wo es am günstigsten für sie sei. "Und ich sage es ganz deutlich: Das ist ungerecht, wettbewerbsverzerrend und schadet der Werbewirtschaft", hielt Karoline Edtstadler fest. Die österreichische Bundesregierung setze sich daher für eine europaweite Digitalsteuer ein und begrüße den Vorschlag der OECD zur Einführung eines globalen Mindeststeuersatzes für Digitalkonzerne.
Als Gründe, wieso die Internetgiganten so rasch haben wachsen können, nannte die Europaministerin die mangelnde Regulierung und die fehlenden rechtlichen Rahmenbedingungen. "Derzeit gelten die Regelungen aus dem Jahr 2000, die E-Commerce-Richtlinie, das war 7 Jahre, bevor Steve Jobs das erste iPhone präsentiert hat. Facebook wurde 2004 gegründet und hat mittlerweile rund 3 Milliarden monatliche Nutzer." Die Europäische Kommission habe das Problem erkannt und kürzlich den Digital Markets Act und den Digital Service Act präsentiert, um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und um gegen Hass im Netz anzukämpfen zu können: "Damit das, was in der analogen Welt verboten ist, auch sanktioniert werden kann, wenn es in der digitalen Welt stattfindet", so Edtstadler. Österreich sei hier vorangegangen und habe mit dem Informationsplattformengesetz nicht nur auf nationaler Ebene den ersten Schritt gemacht, sondern sei auch "Tempomacher in Europa".
"Infodemie" durch wissenschaftlich fundierte Informationen der traditionellen Medien entgegentreten
Zur Rolle der traditionellen Medien hielt Karoline Edtstadler fest, dass die Coronakrise gezeigt habe, dass "wir echte und qualitative journalistische Beiträge brauchen" und dass die Journalistinnen und Journalisten den Menschen durch die objektiv recherchierten Berichte Halt gegeben hätten. "Im Gegensatz dazu sehen wir aber in den Social Media eine massive Welle von Desinformation, von Verschwörungstheorien, wo Menschen immer wieder ihre eigene Meinung, mag sie auch noch so falsch und durch Fakten widerlegt sein, in Echokammern wiederfinden". So entstünde etwa die Angst vor der Coronaimpfung nicht durch die Berichterstattung im TV oder in Printmedien, sondern durch Facebook, Telegram und Personengruppen des öffentlichen Lebens, die falsche Fakten verbreiten. "Wir haben es nicht nur mit einer Pandemie zu tun, die wir bekämpfen müssen, sondern auch mit einer Infodemie", so die Ministerin, die in diesem Zusammenhang auf die wichtige Rolle der traditionellen Medien hinwies und sich bei den Wissenschaftsredaktionen bedankte: "Sie sind Garant dafür, dass gut recherchierte, wissenschaftlich fundierte Informationen tatsächlich bei den Menschen ankommen".
Pressefreiheit garantieren – Journalistinnen und Journalisten vor Gewalt und Einflussnahmen schützen
"Es ist unsere Pflicht, nicht nur aufgrund der Verfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention, als Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten zu verhindern und ein entsprechendes Setting zu garantieren", hielt die Bundesministerin zum Thema Pressefreiheit fest. 2020 seien europaweit rund 900 Mal Journalistinnen und Journalisten Opfer von Angriffen gewesen, ein Drittel davon bei Demonstrationen. Deshalb sei es der Bundesregierung in Österreich sehr wichtig, Journalistinnen und Journalisten vor Gewalt und Einflussnahme zu schützen, wie es im Zuge von Corona-Demonstrationen geschehen sei.
"Auf internationaler Ebene erleben wir, dass die Pressefreiheit immer wieder unter Druck gerät. Ich betone daher erneut: Jede Einschränkung der Pressefreiheit in einem liberalen Rechtsstaat ist abzulehnen", so Edtstadler. Die Verantwortung, dass kein Journalist bei der Ausübung seines Jobs geschädigt werde, liege bei der Politik.
"Die Herausforderungen, die vor uns liegen, sind keine leichten. Die Zukunft der Medien ist eng verbunden mit der Zukunft der Demokratie. Die Demokratie lebt davon, dass die Freiheit der Meinungsäußerung auch gelebt wird. Die Meinungsbildung der Menschen hängt stark von Fakten ab und für diese Fakten sorgen Sie, denn das ist Ihr Werkzeug. Wenn Sie erfolgreich sind, ist unsere Demokratie lebendig und erfolgreich. Sie haben es in der Hand, ich vertraue auf Sie und wünsche angenehme Medientage", so Karoline abschließend zu den versammelten Medienschaffenden.
Bilder von diesem Termin sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.