Bundesministerin Edtstadler: Wer hier Schutz sucht, darf nicht zur Gefahr werden
Runder Tisch im Bundeskanzleramt – straffällige Asylwerber überproportional aus Afghanistan – internationale und europäische Komponente des Mordfalles
"Lassen Sie mich zuallererst der Familie sowie den Mitschülerinnen und Mitschülern von Leonie mein aufrichtiges Beileid aussprechen. Das ist etwas derart Einschneidendes, dass man nicht zur Tagesordnung übergehen kann", sagte Bundesministerin Karoline Edtstadler nach dem Runden Tisch im Bundeskanzleramt, der nach dem Mord an einem 13-jährigen Mädchen in Wien einberufen wurde. Weitere Teilnehmer dieses Runden Tisches waren unter anderem der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, Islam-Expertin Saida Keller-Messahli, Konfliktforscherin Birgit Haller, der Soziologe und Migrationsexperte Ruud Koopmans, Rasha Corti sowie Experten aus dem Innen- und Integrationsministerium.
Unverständnis, Entsetzen und Sorgen um die Gesellschaft seien die Reaktionen der Kanzleramtsministerin auf das Verbrechen gewesen. Auffallend wäre, wie schnell man mit Schuldzuweisungen gewesen sei: "Diese Opfer-Täter-Umkehr ist aber etwas, das in unserer Gesellschaft nichts verloren hat. Schuld sind allein die Täter, die von der Polizei ausgeforscht werden. Eine barbarische Tat muss entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen." Man müsse nun den Vorfall analysieren. "Es ist jetzt unsere Aufgabe, den Tatsachen ins Auge zu sehen und nichts zu beschönigen. Ich möchte allen Expertinnen und Experten, die heute teilgenommen haben, für diesen Austausch danken. Es waren Inputs, die wir in weiterer Folge in die politische Arbeit einfließen lassen müssen", betonte die Kanzleramtsministerin.
Migration verursacht Probleme – Gesetze und Werte respektieren
Folgende Handlungsfelder des Runden Tisches wurden besprochen: "Das erste Ergebnis aus meiner Sicht ist, dass wir eine auffallende Problematik mit straffälligen Asylwerbern aus Afghanistan haben, vor allem, wenn es um Sexualdelikte geht. Zum Zweiten: Wer in unser Land kommt, wer in unserer Gesellschaft Schutz will, hat unsere Gesetze und Werte entsprechend zu respektieren. Wer das nicht tut, hat in diesem Land nichts verloren." Man habe sich nicht nur diesen Fall angeschaut, bei dem ein 18-jähriger vorbestrafter Tatverdächtiger in Haft ist, sondern darüber hinaus geblickt. Hätte das Bundesverwaltungsgericht innerhalb von 3 Monaten entschieden, wäre laut Edtstadler eine Entscheidung spätestens im Februar 2020 rechtskräftig auf dem Tisch gelegen. Jetzt sei die Justizverwaltung aufgefordert die entsprechende Dienstaufsicht ins Spiel zu bringen. Über den Mordfall hinaus sei es notwendig, Ableitungen für die Zukunft zu machen.
Brauchen europäisches Asylsystem mit schnellen Verfahren
"Der dritte Punkt ist die internationale und europäische Ebene dieses Falles. Der heutige Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention ist ein fatales Zeichen, etwas, das in Europa nicht geduldet werden kann. Dass man sich bewusst von einer Konvention abwendet, die zum Schutz für Frauen vor Gewalt etabliert worden ist. Genau diese Einstellung ist es, die Frauen bedroht und die den Schutz vermindert. Das dürfen wir nicht zulassen", so Bundesministerin Edtstadler. "Wir brauchen endlich ein europäisches Asylsystem, das Wirkung zeigt, schnelle Verfahren und einen externen Schutz sowie Außengrenzschutz vorsieht und ein System, das wirkt", erläuterte Karoline Edtstadler, die im Einvernehmen mit dem Innenminister und in Kontakt mit EU-Migrationskommissar Margaritis Schinas sowie dem slowenischen Ratsvorsitz sei. Man werde das komplexe Thema nicht von heute auf morgen lösen können. "Wer hier Schutz sucht, darf nicht zur Gefahr werden. Und wenn, dann darf es als Konsequenz nur eine rasche Abschiebung geben."
Polizeiliche Statistik – Kriminalitätsbelastungszahlen
Der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, informierte über den aktuellen Ermittlungsstand zum Mord an dem 13-jährigen Mädchen. Es seien mittlerweile 3 Tatverdächtige von der Polizei festgenommen worden. Nach einer weiteren Person werde mit internationalem Haftbefehl gefahndet, auch hier bestehe "ein klarer Tatzusammenhang". Der Ermittlungsgegenstand sei eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität mit Todesfolge, auch Suchtmitteldelikte stünden im Fokus. Der Generaldirektor gab zudem einen Einblick in die österreichische Kriminalstatistik: Demnach weise die polizeiliche Statistik für 2020 insgesamt 276.344 Tatverdächtige aus, davon etwas mehr als 167.000 Inländer und etwa 109.000 Fremde. In Österreich seien aktuell etwa 44.000 Personen mit afghanischer Staatsangehörigkeit gemeldet, davon wurden im Jahr 2020 4.877 Personen straffällig, das entspreche 1,8 Prozent aller Tatverdächtigen und 4,5 Prozent aus der Gruppe "Fremde". "Gemessen pro 100.000 Einwohner zeigt eine besondere Kriminalitätsbelastungszahl, dass diese gerechnet auf 100.000 bei Inländern bei 833 liegt und bei afghanischen Staatsangehörigen bei etwa 4.000. Noch vor Afghanistan stehen Algerien, Marokko, Somalia, Nigeria und Georgien", führte Franz Ruf aus.
Bilder von der Pressekonferenz und dem Runden Tisch sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.