Raab: Verschwörungstheorien sind keine harmlosen Spinnereien, sondern eine brandgefährliche Entwicklung in unserer Gesellschaft
Bundesstelle für Sektenfragen legt Analyse zu Verschwörungstheorien vor
"Das Phänomen der Verschwörungstheorien ist in unserer Gesellschaft nicht neu, aber gerade jetzt in der Corona-Pandemie und durch die Demonstrationen von Corona-Leugnern ist vieles an die Oberfläche gespült und durch ein gewisses Narrativ wieder befeuert worden", sagte Kanzleramtsministerin Susanne Raab beim Pressegespräch "Das Phänomen Verschwörungstheorien in Zeiten der COVID-19-Pandemie", das sie gemeinsam mit Innenminister Karl Nehammer sowie mit Ulrike Schiesser von der Bundesstelle für Sektenfragen und Manuel Scherscher, Leiter der Initiative "Gemeinsam. Sicher", im Bundeskriminalamt abhielt.
Viele Menschen seien während der Corona-Pandemie in Sozialen Medien, durch Videos oder SMS mit Verschwörungstheorien konfrontiert worden, mit teilweise abstrusen Theorien zur Corona-Impfung, zu den Masken und zu den Testungen. Sehr häufig hätten diese einen antisemitischen Kern. Oft seien sie gefährlich und führten im Extremfall zu einer Gewalteskalation, wie etwa das gewaltsame Eindringen in das US-Kapitol oder die geplanten Angriffe auf die Polizei durch Corona-Leugner, die rechtzeitig aufgedeckt werden konnten. "Diese gewaltbereiten Eskalationen sind nur das Ende an der Spirale, bei der sich Menschen durch Verschwörungstheorien radikalisieren und den Bezug zur Realität verloren haben", so Raab. Die Bundesstelle für Sektenfragen habe seit März 2020 deutlich mehr mit Verschwörungstheorien zu tun. Verzweifelte Menschen würden über das Abdriften von Angehörigen berichten und um Anleitung und Rat ersuchen, wie mit diesen Verschwörungstheorien und dem Verhalten umzugehen sei.
Gefahr des verdeckten Antisemitismus
Die Bundesstelle für Sektenfragen habe eine umfangreiche Analyse vorgenommen, in der man klar erkenne, wie sich die Verschwörungstheorien in Österreich abbilden, wer bei den sogenannten Corona-Demonstrationen teilgenommen habe und welche Inhalte und Codes dabei verbreitet worden seien. Weiters habe sie Strategien entwickelt, wie man mit diesem Phänomen und mit den Menschen, die Verschwörungstheorien anhängen, umgeht.
So wurde festgestellt, dass sich bei den Corona-Demonstrationen auch Verschwörungstheoretiker, Corona-Leugner, rechtsextreme Gruppierungen und Staatsverweigerer sowie Anhänger von pseudomedizinischen Theorien versammeln. "Man sieht, dass es hier ein großes Becken an gefährlichen Gruppierungen gibt, wobei zu sagen ist, dass vielen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demonstrationen nicht klar ist, dass von Aktivisten und sogenannten Influencern auch antisemitische und rechtsextreme Parolen verbreitet werden. Und das ist das Gefährliche: Dass hier der verdeckte Antisemitismus in unserer Gesellschaft weiterwachsen kann, was ich für höchst problematisch halte", betonte Susanne Raab.
Altbekannte Verschwörungstheorien vermengt mit Corona-Inhalten treffen einen Nerv
Als Grund, warum Verschwörungstheorien gerade jetzt so hohen Zuspruch hätten, würden die Analysen ergeben, dass die Menschen nach einfachen Erklärungen für diese Pandemie suchen: Man nütze vielfach die sozialen Medien, über die sich Fake News und Verschwörungstheorien verbreiten; zudem würden altbekannte Verschwörungstheorien "mutieren": "Die Corona-Pandemie wird eingebaut in die Verschwörungstheorien, bekommen so etwas Neues und treffen einen Nerv", so Raab. Zudem würden diese Theorien von manchen politischen Parteien befeuert.
Gefährlich seien diese Verschwörungstheorien deshalb, weil sie in gewaltbereiten Handlungen münden können: Rechtsextreme und antisemitische Hassbotschaften würden verbreitet, es käme zu Attacken gegenüber Journalistinnen und Journalisten sowie der Polizei. Zudem werden durch diese Theorien die Grundsäulen der Demokratie angegriffen: Zweifel an der Wissenschaft, an den etablierten Medien, den demokratischen Organen und Einrichtungen würden geschürt, das Vertrauen in etablierte Medien untergraben. "Zusammenfassend ist zu sagen, dass man die Gefahr von Verschwörungstheorien nicht unterschätzen darf: Es geht nicht um eine harmlose Spinnerei, sondern um eine brandgefährliche Entwicklung in unserer Gesellschaft, die durch die Corona-Pandemie noch mehr befeuert wurde", so Raab, die sich bei der Bundesstelle für Sektenfragen für die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts sowie beim Innenminister für die enge Zusammenarbeit bedankte.
Bilder von diesem Termin sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.