Edtstadler/Zadić: Hass im Netz unterbinden, Meinungsäußerungsfreiheit wahren
Ministerrat beschließt Gesetzespaket gegen "Hass im Netz"
"In Zeiten wie diesen ist die Corona-Pandemie natürlich das zentrale Thema. Daher ist es erfreulich, dass wir in Österreich auch weitere Gesetze auf den Weg bringen. Heute haben wir im Ministerrat die Regierungsvorlage zum Thema Hass im Netz beschlossen. Es war mir als Verfassungsministerin sehr wichtig, ein ordentliches Begutachtungsverfahren abzuhalten. Nach 6 Wochen Begutachtung sind über 200 Stellungnahmen eingegangen", sagte Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler beim Pressefoyer nach der Ministerratssitzung im Bundeskanzleramt, bei dem sie gemeinsam mit Justizministerin Alma Zadić über das Gesetzespaket "Hass im Netz" informierte.
"Vieles ist in den Stellungnahmen positiv hervorgehoben worden. Wir haben aus den Erfahrungen in Deutschland und Frankreich gelernt und diese in das Gesetzespaket einbezogen. Gerade in Zeiten der Pandemie hat sich gezeigt, dass die Digitalisierung bei der Kommunikation eine zentrale Rolle spielt. Es gibt jedoch auch eine Kehrseite: Diese ist der Hass im Netz, der sich oft rasch und unkontrolliert verbreitet", so Edtstadler. Insbesondere in den letzten Wochen habe sich gezeigt, dass Hass im Netz zu Gewalt in der analogen Welt werden könne. "Foren und Plattformen bilden oft eine Echokammer, die nur die eigene Meinung widerspiegelt." Das gehe von Verschwörungstheorien über Hass bis hin zu Radikalisierung, die im schlimmsten Fall in Terror enden könne, erklärte die Verfassungsministerin.
"Wir sind unserem Ziel einen großen Schritt näher, dass Betroffene von Gewalt und Hass im Netz künftig schneller und kostengünstiger zu ihrem Recht kommen. Gleichzeitig schützen wir die Meinungsfreiheit für alle in Österreich lebenden Menschen", so Justizministerin Alma Zadić.
Echokammern des Hasses den Ton abdrehen
"Wir wollen den Plattformen einen klaren rechtlichen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen sie Hass-Postings löschen müssen. Dabei geht es um strafrechtliche Bestimmungen." Die Regierung wolle die großen Plattformen in die Pflicht und Verantwortung nehmen. Die Zeit der Begutachtung habe Edtstadler dazu genützt, sich in "virtuellen Gipfeln" mit den Plattformen auszutauschen. "Wir wurden ernst genommen und die Plattformen haben mir versichert, dass sie ihre Verantwortung in den sozialen Medien wahrnehmen wollen. Gemeinsam können wir den Echokammern des Hasses den Ton abdrehen. Gleichzeitig wollen wir jedoch die Meinungsäußerungsfreiheit als verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht bestmöglich schützen. Das beschlossene Paket ist dafür ein wichtiger Schritt", betonte Karoline Edtstadler.
Das Begutachtungsverfahren habe dabei geholfen, Feinjustierungen vorzunehmen. Dies betreffe etwa Klarstellungen im Anwendungsbereich bei großen, kommerziellen Plattformen. Nicht-gewinnorientierte Plattformen werden generell ausgenommen. Explizit ausgenommen sind etwa auch Bildungs- und Lernplattformen.
Die Regierungsvorlage wird nun dem Parlament zur Behandlung vorgelegt. Das Paket ist zudem an die Europäische Kommission übermittelt worden. Die Kommission will im Dezember den Digital Services Act vorlegen. "Ich bin hier in einem intensiven Austausch mit der Kommission, denn wir brauchen eine europäische Lösung, da Hass im Internet keine Grenzen kennt", so Ministerin Edtstadler, die sich abschließend bei der Justizministerin für die gute Zusammenarbeit bedankte.
Zadić: Betroffenen schnell und kostengünstig zu ihrem Recht verhelfen
Justizministerin Alma Zadić hielt in ihrem Statement fest, dass Hass im Netz sehr rasch zu Gewalt im Netz führen könne. "Worten können sehr rasch Taten folgen. Um das gesamtgesellschaftliche Phänomen in den Griff zu bekommen braucht es umfassende Lösungen", so die Ministerin. Um die Gewalt im Netz effektiv zu bekämpfen, habe die Bundesregierung Plattformregulierungen, zivilrechtliche Schritte und effektive Lösungen im Strafrecht entwickelt.
"Das große Ziel, das wir vor Augen hatten war, den Betroffenen künftig Werkzeuge in die Hand zu geben, um sich schneller, effektiver und kostengünstiger zur Wehr setzen zu können", so die Justizministerin.
Zadić zeigte sich erfreut über die zahlreichen Stellungnahmen während der sechswöchigen Begutachtungsfrist. "Durch die Einbindung in den parlamentarischen Prozess konnte das Gesetzespaket effektiver gestaltet werden". Als Beispiele nannte sie unter anderem Präzisierungen beim neuen Eilverfahren zum Unterlassungsanspruch, bei der nun Netzsperren ausgeschlossen werden, oder die Reduktion bei der Strafandrohung beim sogenannten Upskirting. Für das reine Fotografieren wurde die Strafdrohung auf 6 Monate reduziert. Beim Verbreiten einschlägiger Fotos bleibt die Strafdrohung von einem Jahr.
Die Justizministerin bedankte sich abschließend bei Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler, Frauenministerin Susanne Raab, Klubobfrau Sigrid Maurer und den Expertinnen und Experten, die sich in den Prozess eingebracht haben sowie bei allen Mitwirkenden der Ministerien, die sich für dieses "ausgewogene und fundierte" Gesetzespaket eingesetzt haben: "Ich freue mich sehr, dass dieses große Paket gelungen ist", so Zadić abschließend.
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Bilder vom Pressefoyer sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.