Mehr Zusammenarbeit, mehr Investitionen und mehr europäische Eigenständigkeit: Europäische Kommission stellt "Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030" vor

EU bekennt sich zu einem proaktiven Sicherheitsansatz – Ziel: Eine nachhaltige Friedenssicherung in Europa in einer sich wandelnden geopolitischen Landschaft – Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas: "Zusammen sind wir immer stärker"

Ein stillstehender Jet und daneben stehend ein Pilot
Foto: NATO, 2020, Source: EC - Audiovisual Service

Eine verstärkte Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich soll die Weichen für mehr Sicherheit, Stabilität und Eigenständigkeit in Europa legen. Die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin der Union für Sicherheits- und Außenpolitik, Kaja Kallas, legten am 19. März 2025 ein umfassendes "Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung" vor. Das Dokument mit dem Titel "Bereitschaft 2030" soll den Grundstein für eine gestärkte europäische Sicherheitsarchitektur und Verteidigungsindustrie legen. Ziel ist es, die Verteidigungsfähigkeiten der EU-Mitgliedstaaten nachhaltig zu verbessern und auf aktuelle sowie zukünftige Herausforderungen vorbereitet zu sein. 

Bereits am 4. März 2025 hatte die Europäische Kommission ein umfassendes Verteidigungspaket vorgelegt, das  unter anderem eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben der EU-Mitgliedstaaten und mehr Investitionen in den europäischen Verteidigungssektor vorsieht. 

Kommissionspräsidentin von der Leyen:"Europa ist bereit, sein Schicksal in die Hand zu nehmen"

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sagte anlässlich der Veröffentlichung des "Weißbuchs": 

"Die Ära der Friedensdividende ist längst vorbei. Wir können nicht länger auf die Sicherheitsarchitektur setzen, auf die wir uns bisher verlassen haben. Europa ist bereit, sein Schicksal in die Hand zu nehmen. Wir müssen in die Verteidigung investieren, unsere Fähigkeiten ausbauen und einen proaktiven Sicherheitsansatz verfolgen. Wir gehen entschlossen vor und legen einen Fahrplan für ´Bereitschaft 2030´ vor, mit höheren Verteidigungsausgaben und wichtigen Investitionen in die industriellen Fähigkeiten Europas im Verteidigungsbereich. Wir müssen europäischer einkaufen. Denn das bedeutet, die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung zu stärken. Das bedeutet, Innovationen anzuregen. Und das bedeutet die Schaffung eines EU-weiten Marktes für Verteidigungsgüter."

Die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Kaja Kallas, ergänzte:

"Was wir in die Verteidigung investieren, zeigt, was uns unsere Verteidigung wert ist. Und in den letzten Jahrzehnten haben wir ihr nicht genug Bedeutung beigemessen. Wir müssen mehr ausgeben. Gleichzeitig ist der Mehrwert, den wir durch unsere Zusammenarbeit schaffen, nicht zu beziffern. Sie verschafft uns einen Wettbewerbsvorteil, der weltweit einzigartig ist. In unserem ´Weißbuch zur europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030´ haben wir dafür konkrete Wege aufgezeigt. Sei es bei unserer Unterstützung für die Ukraine, beim Schließen der Lücken bei unseren eigenen Fähigkeiten oder dem Eintreten für eine Welt, in der nicht das Recht des Stärkeren gilt – zusammen sind wir immer stärker."
Read-out of the weekly meeting of the von der Leyen Commission by Kaja Kallas, High Representative of the Union and Vice-President of the European Commission, and Andrius Kubilius, European Commissioner, on the White Paper on Defence
Foto: European Union – 2025

Das "Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030" im Detail

Das "Weißbuch" analysiert die derzeitige Lage der europäischen Verteidigung und identifiziert bestehende Fähigkeitslücken. Es betont die Notwendigkeit eines koordinierteren Ansatzes in der Verteidigungspolitik und formuliert Maßnahmen zur Stärkung der militärischen Kapazitäten der EU-Mitgliedstaaten. Dabei wird besonders hervorgehoben, dass die nationale Souveränität der 27 EU-Mitgliedstaaten in Verteidigungsfragen gewahrt bleiben soll, während gleichzeitig verstärkte Kooperation sowie gemeinsame Beschaffungsinitiativen gefördert werden sollen. Auch der neutrale Status der betreffenden Mitgliedstaaten, darunter Österreich, wird im "Weißbuch" berücksichtigt.

Zu den zentralen Handlungsschwerpunkten des "Weißbuchs zur Zukunft der europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030" gehören:

  • Schließen von Fähigkeitslücken in den Streitkräften der EU-Mitgliedstaaten, insbesondere im Bereich kritischer Verteidigungsfähigkeiten zum Beispiel in der Luftverteidigung; 
  • Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie durch langfristige Aufträge, strategische Investitionen und eine verstärkte Kooperation zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Ein wesentliches Element hierbei ist die gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsgütern.
  • Unterstützung der Ukraine durch verstärkte militärische Hilfe und eine engere Zusammenarbeit mit der ukrainischen Rüstungsindustrie sowie die mögliche Einbindung in Beschaffungsprozesse;
  • Entwicklung eines leistungsfähigen EU-weiten Verteidigungsbinnenmarktes, um Synergien zu schaffen und effizientere Beschaffungsprozesse zu ermöglichen;
  • Einsatz neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz (kurz: KI) und Quantentechnologie zur Modernisierung der Verteidigungskapazitäten;
  • Erhöhung der militärischen Mobilität innerhalb Europas sowie Schutz und Sicherung der Außengrenzen, insbesondere der Landgrenze zu Russland und Belarus;
  • Ausbau internationaler Partnerschaften mit gleichgesinnten Staaten, um die globale Sicherheitskooperation zu verstärken.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des "Weißbuchs" ist die langfristige strategische Planung für eine resilientere europäische Verteidigung. Dabei unterstreicht das "Weißbuch" die Notwendigkeit, die europäische Verteidigungsstrategie kontinuierlich weiterzuentwickeln und sich an verändernde geopolitische Gegebenheiten anzupassen. Zusätzlich wird auf die Bedeutung der NATO (Englisch, Abkürzung für: "North Atlantic Treaty Organization") als Sicherheitsgarant verwiesen und die enge Abstimmung zwischen EU und NATO bekräftigt.

Verteidigungspaket "ReArm Europe": Finanzielle Absicherung der Verteidigungsstrategie

Zur Umsetzung der im "Weißbuch" skizzierten Maßnahmen war bereits am 4. März 2025 ein umfassender Plan vorgestellt worden. Dieses Verteidigungspaket geht auf die Bereitstellung von finanziellen Mitteln ein, mit denen die Verteidigungsfähigkeiten der EU-Mitgliedstaaten unterstützt und die europäische Rüstungsindustrie gestärkt werden sollen. Die Initiative sieht umfangreiche Investitionen vor, um bestehende Lücken in der Verteidigungsinfrastruktur zu schließen und die gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern zu erleichtern.
Europäische Sicherheitsarchitektur soll stabiler und widerstandsfähiger werden
Mit dem "Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030" und dem "ReArm Europe"-Plan möchte die EU nach Angaben der Europäischen Kommission ein klares Zeichen für eine stärkere sicherheitspolitische Eigenverantwortung setzen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen nicht nur die europäische Verteidigungsfähigkeit verbessern, sondern auch eine effizientere Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten ermöglichen. Ziel ist eine sichere, stabile und widerstandsfähige europäische Sicherheitsarchitektur, die langfristig Bestand hat und den aktuellen sowie zukünftigen Herausforderungen gerecht wird.

Was sind "Weißbücher"?

"Weißbücher" werden von der Europäischen Kommission veröffentlicht. Sie enthalten Vorschläge für Maßnahmen der EU in einem bestimmten Bereich. Der Zweck eines "Weißbuchs" ist es, eine Debatte in der Öffentlichkeit, bei Interessengruppen, dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU in Gang zu bringen, um einen politischen Konsens zu erzielen. Dabei knüpfen die "Weißbücher" zum Teil an "Grünbücher" an, deren Zweck es ist, Konsultationsprozesse auf EU-Ebene zu starten.

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