EU-Richtlinie gegen Gewalt gegen Frauen in Kraft getreten

Mehr Prävention, besserer Schutz für die Opfer und angemessene Bestrafung der Täter – EU-Richtlinie als Meilenstein: Erstes umfassendes Rechtsinstrument auf EU-Ebene zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen – Jede dritte Frau in der EU ist nach Schätzungen der Europäischen Kommission von Gewalt betroffen

Eine Person in abwehrender Haltung wird von einer Person mit geballter Faust bedroht
Foto: © European Union, 2021/Lukasz Kobus

Am 13. Juni 2024 sind Vorschriften der EU zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Kraft getreten. Körperliche Gewalt sowie psychische, wirtschaftliche und sexuelle Gewalt – sowohl offline als auch online – gegen Frauen in der gesamten EU werden mit der EU-Richtlinie unter Strafe gestellt. Zudem wird der Zugang der Opfer zur Justiz verbessert. Die Richtlinie ist ein Meilenstein – das erste umfassende Rechtsinstrument auf EU-Ebene zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, die in der Europäischen Union nach wie vor allgegenwärtig ist.

Die Europäische Kommission hatte den Vorschlag für die Richtlinie am Internationalen Frauentag vor etwas mehr als 2 Jahren, am 8. März 2022, vorgelegt. Am 6. Februar 2024 erzielten der Rat der EU und das Europäische Parlament eine politische Einigung darüber. Nach den formellen Beschlüssen im Europäischen Parlament (24. April 2024) sowie im Rat der EU (7. Mai 2024) war der Weg frei für die Veröffentlichung im Amtsblatt der EU und das Inkrafttreten der Richtlinie.

Wesentliche Elemente der EU-Richtlinie

Die EU-Richtlinie geht entschieden gegen geschlechtsspezifische Gewalt vor:

  • Mit der Richtlinie werden körperliche Gewalt sowie psychische, wirtschaftliche und sexuelle Gewalt gegen Frauen in der gesamten EU sowohl offline als auch online unter Strafe gestellt.
  • Die Vorschriften stellen die Verstümmelung weiblicher Genitalien und Zwangsehen als eigenständige Straftaten unter Strafe.
  • Auch Formen von Cyber-Gewalt, wie die nicht einvernehmliche Weitergabe von intimen Bildern (einschließlich Deepfakes), Cyber-Stalking, Cyber-Mobbing (einschließlich Cyber-Flashing) und frauenfeindliche Hetze werden unter Strafe gestellt. Das hilft insbesondere den Opfern von Cyber-Gewalt in EU-Mitgliedstaaten, die diese Taten noch nicht unter Strafe gestellt haben.
  • Ein Schlüssel zur Bekämpfung von Cyber-Gewalt ist digitale Kompetenz. Aus diesem Grund sieht die neue EU-Richtlinie auch Maßnahmen zur Entwicklung von Kompetenzen vor, die es den Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen, Cyber-Gewalt zu erkennen und zu bekämpfen, Unterstützung zu suchen und ihre Begehung zu verhindern.
  • Die EU-Richtlinie enthält strenge Präventionsanforderungen. Das soll die zentrale Rolle der Einwilligung in sexuellen Beziehungen fördern und gezielte Maßnahmen zur Verhütung von Vergewaltigungen mit sich bringen.
  • Die neue Richtlinie sieht auch Maßnahmen zur Verhütung aller Arten von Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, vor und legt neue Standards für den Schutz, die Unterstützung und den Zugang der Opfer zur Justiz fest. So werden beispielsweise die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, zur Unterstützung von Opfern Hotlines und Krisenzentren für Vergewaltigungen einzurichten.

Gleichstellungs-Kommissarin Dalli: "Ganzheitlicher Ansatz für ein allgegenwärtiges Problem"

Věra Jourová, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und für Werte und Transparenz zuständig, sagte: "Zum ersten Mal kriminalisieren wir geschlechtsspezifische Cyber-Gewalt, wie etwa den nicht einvernehmlichen Austausch von intimen Bildern, einschließlich Deepfakes, die für viele Frauen ein Albtraum ist. Diese Form von Gewalt ist häufig der Grund dafür, dass Frauen das öffentliche Leben verlassen. Online-Gewalt ist echte Gewalt und Gewalt gegen Frauen ein Problem, das ständig auftritt."

Die für Gleichstellung zuständige EU-Kommissarin, Helena Dalli, betonte: "Diese Richtlinie bietet einen ganzheitlichen Ansatz für ein allgegenwärtiges Problem. Es befasst sich mit der Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt, dem Schutz und der Unterstützung der Opfer sowie der angemessenen Bestrafung der Täter. Das ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen."

Die nächsten Schritte

Die EU-Mitgliedstaaten haben bis 14. Juni 2027 Zeit, die EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Zwei Frauen umarmen sich bei einer Demonstration
Foto: © European Union, 2024/Frédéric Sierakowski

Hintergrund: Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt

Schätzungsweise wird jede dritte der 228 Millionen Frauen in der EU Opfer von Gewalt oder häuslicher Gewalt. Eine von 2 Frauen hat sexuelle Belästigung erfahren. Schätzungen zufolge wurden mindestens 600.000 Frauen in Europa und 200 Millionen Frauen weltweit Opfer einer Genitalverstümmelung.

Wie in der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 dargelegt, setzt sich die Europäische Kommission für die Verhütung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt ein. Am 1. Oktober 2023 wurde die Europäische Kommission Vertragspartei des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt – des "Übereinkommens von Istanbul". Die EU ist nun an ehrgeizige und umfassende Standards zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und Nichtzurückweisung sowie in Bezug auf ihre öffentliche Verwaltung gebunden. Dazu gehören Finanzierungsmaßnahmen, politische und legislative Maßnahmen. Der Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul ist ein Meilenstein bei den Bemühungen der EU um die Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter.

In den letzten Jahren sind die Ausgaben der EU für die Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt und die Reaktion auf diese Gewalt deutlich gestiegen, und zwar von durchschnittlich 91 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 282 Millionen Euro im Jahr 2022.

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