Hinter den Kulissen der EU: Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte aus Österreich auf Studienreise in Brüssel

3-tägige Bildungsreise im Rahmen der Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an" – Stationen in Parlament, Rat, Kommission – Besuche im "magischen Dreieck Europas"

Gruppenfoto Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte in Brüssel

Europa erleben, Brüssel erkunden und einen Blick hinter die Kulissen der EU werfen: 24 Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte aus allen österreichischen Bundesländern haben sich von 15. bis 17. April 2024 gemeinsam in die "europäische Hauptstadt" Brüssel aufgemacht. Neben Besuchen bei den EU-Institutionen sowie an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU stand der Austausch der Europa-Gemeinderätinnen und -räte untereinander, vor allem im Hinblick auf die kommende Europawahl am 9. Juni 2024, im Mittelpunkt.

Tag 1: Rat der EU und Empfang an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU

Gleich zu Beginn der mehrtägigen Bildungsreise stand ein Programm-Highlight: Nicole Bayer, Direktorin für Kommunikation beim Generalsekretariat des Rates der EU, begrüßte die Gruppe im Foyer des Justus-Lipsius-Gebäudes und sorgte für einen heimischen Empfang. Nach einer kurzen Einführung in die Tätigkeiten des Rates durch die Österreicherin führte der Weg in das Besucherinnen- und Besucherzentrum, wo Thomas Brandtner einen informativen Vortrag über das "magische Dreieck Europas", die 3 Institutionen der EU, hielt. Auch der Nachmittag des ersten Tages der Reise hielt eine Besonderheit bereit. Ein kurzer und vor allem regenreicher Spaziergang führte die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäteräte zur Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU. Botschafter Franz Wirtenberger, Stellvertretender Ständiger Vertreter, gab gleich zu Beginn einen spannenden Einblick in die Arbeitsweisen, Aufgaben und Funktionen der Ständigen Vertretung, angereichert durch zahlreiche praxisnahe Beispiele.

Nach weiteren Inputs und Diskussionsrunden, unter anderem mit der Leiterin des Büros des Österreichischen Gemeindebundes in Brüssel, Daniela Fraiß, fanden sich die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte am frühen Abend zu einem Empfang an der Ständigen Vertretung ein, welcher ganz im Zeichen des Networking stand. Botschafter Thomas Oberreiter, Ständiger Vertreter Österreichs bei der EU, begrüßte die Gruppe: "Wir freuen uns sehr, Sie hier empfangen zu dürfen. Nutzen Sie Ihren Aufenthalt und erfahren Sie mehr über die Arbeitsweisen und Abläufe direkt vor Ort – und nehmen Sie Ihre Erfahrungen mit nach Österreich!" Anschließend hatte die Reisegruppe aus Österreich die Möglichkeit, an Bundesländer-Tischen mit Vertreterinnen und Vertretern der Verbindungsbüros der jeweiligen Bundesländer in Brüssel zusammenzukommen. Den weiteren Abend nutzten viele der Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte für einen Stadtrundgang inklusive landestypischem Ausklang, bei dem man den ereignisreichen ersten Tag gemeinsam Revue passieren ließ.

Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte bei einem Vortrag in Brüssel

Tag 2: Praxisnaher Input bei der Europäischen Kommission

"Hinter den Kulissen der EU", die Europawahlen 2024 und der Kampf gegen Desinformation. Beim Besuch der Europäischen Kommission am zweiten Tag der Reise kamen bereits am Vormittag viele wichtige EU-Themen und Fragen zur Sprache. Mirjam Dondi von der Generaldirektion Kommunikation bei der Kommission gab den Startschuss für intensive Debatten, die sich über den gesamten Tag verteilen sollten. "Bringen Sie den 'European Spirit' in Ihre Gemeinden, denn Sie sind die wichtigsten Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Wir geben Ihnen ein umfangreiches Paket mit in die Hand, um gestärkt und mit viel Wissen in Ihre Gemeinden zurückzukehren", so die Vorarlbergerin Dondi zu Beginn des Vortrags.

Doris Mangold, Programm-Managerin für Österreich bei der Generaldirektion für Regionalpolitik und Stadtentwicklung bei der Kommission, gab im Anschluss eine Übersicht zur EU-Kohäsionspolitik und verwies auf die umfangreichen Mittelzuweisungen der 4 großen EU-Fonds. Nach der Mittagspause in der Kantine der Kommission erfuhren die Europa-Gemeinderätinnen und -räte beim Vortrag von Andreas Fabritius, Policy Officer bei der Generaldirektion Inneres und Migration der Kommission, mehr über den Migrations- und Asylpakt der EU. Dabei konnten wichtige offene Fragen geklärt und Erfahrungen aus den Gemeinden diskutiert werden.

EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung Johannes Hahn empfängt die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte in Brüssel

Informationen zur Initiative BELC (kurz für Englisch: "Building Europe with Local Councillors"), die grenzüberschreitende Initiative der Kommission für Gemeindevertreterinnen und -vertreter, gab Richard Kühnel, Direktor in der Generaldirektion Kommunikation der Kommission: "Ein wichtiges Ziel ist das Netzwerken untereinander. Voneinander zu profitieren kann auch über die Grenzen hinaus sinnvoll und spannend sein. Ich fühle mich der Initiative der Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte sehr verbunden und sie ist eine Inspiration für ganz Europa. Wir wollen die Initiative und ihre Idee nach Europa tragen – Ihr Beispiel hat Schule gemacht und Sie sind Teil des europäischen Erscheinungsbildes!"

 Für viele der teilnehmenden Europa-Gemeinderätinnen und -räte war das anschließende Treffen mit EU-Kommissar Johannes Hahn das Highlight der Brüssel-Reise. Bei seiner Rede hob Hahn, der in der Kommission für Verwaltung und Haushalt zuständig ist, vor allem die Bedeutung der Europawahlen 2024 hervor: "Mir ist vor allem wichtig zu kommunizieren und bei jeder Gelegenheit klarzumachen, wie entscheidend diese Europawahlen sind. Ich möchte Wahlen auf nationaler Ebene nicht kleinreden, sondern die Wahlen auf EU-Ebene 'großreden'", so Hahn, der auch auf die aktuellen Herausforderungen der EU, etwa die Asyl- und Sicherheitspolitik, die europäische Rüstungsindustrie sowie Zugänge zu neuen Märkten und Handelsverträgen, Bezug nahm. Nach einer Fragenrunde gab der EU-Kommissar den Europa-Gemeinderätinnen und -räten noch eine zentrale Botschaft mit auf den Weg: "Für mich ist die Europäische Union eine Versicherung auf Gegenseitigkeit. Unser Lebensstandard ist nur abgesichert durch europäische Zusammenarbeit und diese wird nicht abgesichert, indem man Grenzen und Zäune hochzieht. Dadurch nehmen wir uns Chancen. Die Erhaltung unseres Lebensstandards, die Erhaltung unserer Perspektiven in einer kompetitiven Welt, kann nur sichergestellt werden, indem wir zusammenstehen", betonte Kommissar Hahn.

Plenarsaal des Europäischen Parlaments mit Personen im Vordergrund

Tag 3: Das Europäische Parlament – Austausch mit österreichischen Abgeordneten

Eindrucksvoll präsentierte sich den Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäten am Mittwoch das Paul-Henri-Spaak-Gebäude, der Sitz des Europäischen Parlaments in Brüssel. Der letzte Tag der Reise stand ganz im Zeichen des Dialogs, und den passenden Rahmen dafür bot das neu renovierte Besucherinnen- und Besucherzentrum des Parlaments. Im Jahr 2023 konnten dort 386 Besucherinnen- beziehungsweise Besuchergruppen aus Österreich begrüßt werden.

Einen interessanten Einstieg in den intensiven Abschlusstag der Brüssel-Reise stellte Thomas Waitz, Mitglied des Europäischen Parlaments und Ko-Vorsitzender der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz, sicher. Im Mittelpunkt der anregenden Diskussionen standen unter anderem die Flächennutzung in den Gemeinden, der Hochwasserschutz, das Renaturierungsgesetz der EU sowie landwirtschaftliche Problemstellungen in Österreich. Ein weiteres Highlight bot das Programm im Anschluss mit Othmar Karas, dem Ersten Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, der sich viel Zeit für die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte nahm. Er ging in seiner Rede auf die Bedeutung der Gemeinden für die EU ein: "Alle Bürgerinnen und Bürger Europas leben in einer Gemeinde und wenn wir sie nicht 'mitnehmen', dann ist Europa sehr weit weg. Meine Arbeit entspricht daher oft mehr einem Gemeinderat als jener eines Parlaments-Abgeordneten." Europa bedeute immer auch Kompromissfindung; es bedeute, miteinander zu reden, einander verstehen zu wollen und auf eine Lösung zu kommen, so Karas weiter. Im Anschluss trafen die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte Andreas Schieder, Mitglied des Europäischen Parlaments und Leiter der Delegation der SPÖ im Europäischen Parlament, sowie den Direktor für Kampagnen im Europäischen Parlament, den aus Österreich stammenden Beamten Philipp Schulmeister. Schieder verwies auf EU-Infrastrukturprojekte, den "European Chips Act" sowie die Herausforderungen für ein einheitliches europäisches Schienenwesen, aber auch auf die Wichtigkeit des EU-Erweiterungsprozesses am Westbalkan für Österreich. "Nutze deine Stimme, sonst entscheiden andere für dich!" Das war anschließend die Botschaft von Schulmeister, der auf die Entwicklungen der Wahlbeteiligungen bei den Europawahlen in der Vergangenheit sowie das aktuelle Meinungsbild in den EU-Mitgliedstaaten hinwies.

Nach der Besichtigung des Plenarsaals des Europäischen Parlaments bot sich zum Ende der Reise die Möglichkeit des Austauschs mit weiteren österreichischen Abgeordneten, ehe sich die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte auf die Rückreise in die Heimat begaben – mit reichlich Information und Motivation im Gepäck für ihre Arbeit vor Ort.

Hintergrund: Die Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an"

Die parteiübergreifende Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an" existiert in Österreich seit 2010 und wird von 5 Partner-Institutionen getragen: federführend vom Bundeskanzleramt, des Weiteren vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA), von der Europäischen Kommission – Vertretung in Österreich, vom Europäischen Parlament – Verbindungsbüro in Österreich sowie vom Österreichischen Gemeindebund.

Das mittlerweile rund 1.600 Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte zählende Netzwerk baut österreichweit die kommunikative "Brücke" zwischen den Menschen auf lokaler und regionaler sowie den Institutionen auf österreichischer und europäischer Ebene. Die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte vermitteln EU-Inhalte, erklären Europa vor Ort und halten die Bürgerinnen und Bürger über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden. Sie tragen relevante Anliegen und Anregungen der Bürgerinnen und Bürger an die österreichische Bundesregierung sowie die Partner-Institutionen der Initiative heran.

Für die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte besteht regelmäßig die Möglichkeit der Teilnahme an einer 3-tägigen Informationsreise nach Brüssel. Die Brüssel-Studienreise im April 2024 wurde vom Bundeskanzleramt in Kooperation mit der Europäischen Kommission – Vertretung in Österreich und dem Europäischen Parlament – Verbindungsbüro in Österreich organisiert.

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