Edtstadler beim Europa-Forum Wachau: "Prioritäten setzen, Lösungen finden und die Stimmen starker Frauen in der EU berücksichtigen"

Tagung des von Europaministerin Edtstadler geschaffenen Netzwerks "The Next Generation is Female" auf Stift Göttweig – Gemeinsame Erklärung der Spitzenpolitikerinnen unterstreicht die Themenschwerpunkte für die künftige Entwicklung Europas

Am 21. Juni 2024 nahm Bundesministerin Karoline Edtstadler (im Bild) am Europa-Forum Wachau teil.

Einen Beitrag zur Neuausrichtung der EU nach der Europawahl am 9. Juni leisten, die Rolle von Frauen in politischen Entscheidungsprozessen hervorstreichen und Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit suchen: Das stand am 21. und 22. Juni 2024 im Fokus einer Tagung der Initiative "The Next Generation is Female". Das von Europaministerin Karoline Edtstadler vor 2 Jahren ins Leben gerufene Netzwerk von EU-Ministerinnen und -Staatssekretärinnen traf erstmals im Rahmen des Europa-Forums Wachau auf Stift Göttweig, Niederösterreich, zusammen. "Vernetzung ist ein wichtiger Katalysator für Veränderungen. Daher freue ich mich über den Austausch mit meinen Amtskolleginnen. Wir möchten die Herausforderungen, vor denen die EU steht, auch aus spezifisch weiblicher Sicht betrachten und nach Lösungen suchen", so Edtstadler.

Europaministerinnen und -staatssekretärinnen unterzeichnen Gemeinsame Erklärung

Europaministerin Edtstadler und ihre Amtskolleginnen unterzeichneten aus diesem Anlass eine Gemeinsame Erklärung ("Joint Statement on the occasion of the 28th Europa-Forum Wachau 2024"). 20 Jahre nach der bis dato größten "Erweiterungsrunde" werden in der Erklärung besonders die Vorteile der EU-Mitgliedschaft betont – sowohl für die EU-Mitgliedstaaten als auch für die EU-Bürgerinnen und -Bürger. Die EU, so die Unterzeichnenden, habe sich als "Motor für Frieden und Wohlstand" erwiesen und jahrzehntelang für Stabilität und Aufschwung gesorgt. Gleichzeitig fördere die Europäische Union weltweit die Verbreitung von Werten wie Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit.

Angesichts der Konflikte und Krisen in der Nachbarschaft müsse die EU auch künftig auf ein "starkes und sicheres, ein wohlhabendes und wettbewerbsfähiges sowie ein freies und demokratisches Europa in einer sich verändernden Welt" hinarbeiten. Da die aktuellen Herausforderungen keine Grenzen kennen würden, sei der "Rückgriff auf rein nationale Lösungen ein leeres Versprechen ohne Aussicht auf Erfolg". Erforderlich seien umfassende Lösungen in Bereichen wie Migration, Sicherheit und Verteidigung, Außenpolitik, EU-Erweiterung, Innovation, Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Neben männlichen brauche es weibliche Perspektiven für ein "starkes, sicheres, integratives, nachhaltiges und wohlhabendes Europa", das dem Motto der EU – "In Vielfalt geeint" – gerecht werde.

Joint Statement on the occasion of the 28th Europa-Forum Wachau 2024 (nicht barrierefrei) (PDF, 497 KB)

Am 21. Juni 2024 nahm Bundesministerin Karoline Edtstadler (im Bild) am Europa-Forum Wachau teil.

Panel-Diskussion zu den Schwerpunkten der Europäischen Kommission in den Jahren von 2024 bis 2029

Auf Einladung von Europaministerin Karoline Edtstadler diskutierten die kroatische Europastaatssekretärin Andreja Metelko-Zgombić, Jennifer Carroll MacNeill, Staatsministerin für Europäische Angelegenheiten und Verteidigung in Irland, Inês Domingos, Staatssekretärin für Europäische Angelegenheiten in Portugal, und Daniela Anda Grigore Gîtman, Staatssekretärin für Europäische Angelegenheiten in Rumänien, anschließend über die wichtigsten Themen für die europäischen Institutionen in den kommenden Jahren. Einig waren sich die Teilnehmerinnen darüber, dass Initiativen wie "The Next Generation is Female" erfolgreich zu mehr Sichtbarkeit von Frauen in den europäischen Entscheidungsprozessen beitragen.

In Bezug auf die Prioritäten der künftigen Europäischen Kommission in den nächsten Jahren betonte Jennifer Carroll MacNeill, Staatsministerin für Europäische Angelegenheiten und Verteidigung in Irland, dass es neben einzelnen Themen vor allem um europäische Kernwerte und Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sowie den Schutz demokratischer Institutionen gehe. "Gleichzeitig müssen wir mit konkreten Projekten die Bürgerinnen und Bürger erreichen", so Carroll MacNeill, die auch hervorstrich, dass sich Irland aktiv um Fortschritte in der EU-Erweiterung bemühe. Die Erweiterung übe stets eine "transformative Kraft" aus und sei positiv für die ökonomische Entwicklung in Europa. "Wenn die EU beim Thema Erweiterung 'nachlässt' oder langsamer wird, dann überlassen wir den Raum anderen Playern." Irland würde auch künftig an seiner Neutralität festhalten und verstehe diese als Konzept für kollektive Sicherheit und Zusammenarbeit.

Die portugiesische Staatssekretärin für Europäische Angelegenheiten, Inês Domingos, hielt fest, dass die EU vor allem vor 2 Herausforderungen stehe: erstens vor der ökonomischen und zweitens hinsichtlich der demografischen Entwicklung. Die EU müsse ihre Wirtschaft stärker diversifizieren, neue Märkte erschließen, etwa am afrikanischen Kontinent, und sich noch mehr als bisher für offene Märkte – und gegen protektionistische Tendenzen – einsetzen. Europa werde weltweit als "Region des Wohlstands" angesehen, daher sollte der Fokus künftig auf der Vollendung des Binnenmarktes liegen. Die aktuelle demografische Entwicklung in der EU stelle die Leistbarkeit der Sozialsysteme vor große Herausforderungen. Klar sei auch, dass die EU stärker in die Verteidigung investieren müsse. Das in der Vergangenheit oft gezeichnete Bild der EU – die EU sei im Bereich Sicherheit abhängig von den USA, im Bereich Energie von Russland und im Bereich Märkte von China – entspricht aus Sicht von Domingos nicht mehr den aktuellen geopolitischen Realitäten. Richtig sei vielmehr, dass jedes Land in einer vernetzten Welt auf Zusammenarbeit angewiesen sei; diese Interdependenzen müsse Europa nutzen, um seine Stärken weiter auszubauen.

Daniela Anda Grigore Gîtman, Staatssekretärin für Europäische Angelegenheiten in Rumänien, hob hervor, dass in den kommenden Jahren bestehende Spaltungen in der EU reduziert werden sollten. Rumänien verfüge über eine 600 Kilometer lange Grenze zur Ukraine, daher sei das Thema Sicherheit und Verteidigung für das Land – neben Migration, Klimawandel und Desinformation – von höchster Relevanz. 3 Prioritäten müssten für die künftige Europäische Kommission aus Sicht Gîtmans ganz oben auf der Agenda stehen: erstens Sicherheit, insbesondere die Unterstützung der Ukraine (trotz einer gewissen feststellbaren Müdigkeit und der hohen Kosten) und die Staaten des Westbalkans als "Teil der europäischen Familie", zweitens die EU-Erweiterung und drittens die Rolle der EU im internationalen Kontext; hier müsse die EU ihre Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit erhöhen. Die Union müsse die bestehenden Herausforderungen mit innovativen Ansätzen angehen und bereit sein, nicht nur traditionelle Allianzen (wie die transatlantischen Beziehungen) zu pflegen, sondern auch neue zu schmieden. Dafür seien Solidarität, Einheit und Zusammenhalt erforderlich – und die Berücksichtigung der Anliegen der Bevölkerung, wie etwa im Rahmen der EU-Zukunftskonferenz.

Die kroatische Europastaatssekretärin, Andreja Metelko-Zgombić, unterstrich im Rahmen der Panel-Diskussion, dass in der EU nicht kleingeredet werden sollte, was in den vergangenen Jahren bereits geschehen sei. Man sollte sich in den kommenden Jahren auf die Implementierung der zahlreichen Beschlüsse konzentrieren, etwa im Bereich Migration. "Wir müssen uns vor allem den Ländern in unmittelbarer Nachbarschaft der EU widmen und unsere Partner eng an uns binden", so Metelko-Zgombić. Die EU-Erweiterung sei dafür ein unverzichtbares Vehikel, dürfe allerdings nur auf Basis nachweisbarer Fortschritte erfolgen. Auch die Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) habe sich als gutes Format für die Gewährleistung von Stabilität und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent erwiesen. Die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger dürften sich nicht alleine gelassen fühlen mit ihren Problemen. Die EU-Institutionen müssten sich auch selbst reformieren; die Bürgerinnen und Bürger würden sich jedoch vor allem konkrete Lösungen von der EU erwarten. Die künftige Europäische Kommission müsse ihren besonderen Fokus auf den europäischen Binnenmarkt und die EU-Kohäsionspolitik legen, denn diese seien "2 Seiten derselben Medaille". Das Netzwerk "The Next Generation is Female" sei eine wichtige Plattform, um Positionen auszubalancieren und zu überbrücken, denn die EU benötige mehr Diversität.

Am 21. Juni 2024 nahm Bundesministerin Karoline Edtstadler (im Bild) am Europa-Forum Wachau teil.

Edtstadler: "Die EU als Champion der Innovation, nicht als Champion der Überregulierung weiterentwickeln!"

Für Europaministerin Karoline Edtstadler zählen die geopolitischen Interessen der EU zu den prioritären Bereichen der nächsten Jahre: Die EU müsse sich verstärkt als unabhängiger Akteur in der Weltpolitik positionieren und eine entsprechende Außenpolitik verfolgen. Dabei sei es vorrangig, "solide Partnerschaften mit Ländern, die unsere Werte vertreten", zu schließen. Auch die EU-Erweiterung sowie Sicherheit und Verteidigung und Migration zählen zu den Schwerpunkten. Die EU-Erweiterung müsse auf "konkreten Fortschritten" der beitrittswilligen Länder basieren; Österreich verfolgte in diesem Zusammenhang das Konzept der graduellen Integration. "Eine Europäische Union mit 33 oder mehr Mitgliedern bedeutet jedoch auch, dass wir einen internen Reformprozess durchlaufen müssen", so die Europaministerin. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine habe "alles verändert", auch wenn bestimmte Themen bereits zuvor auf der Agenda gestanden hätten, etwa der Strategische Kompass.

Der zweite große Themenkomplex sei die ökonomische Stärke der EU, die es zu nutzen gelte. "Wir sollten den Binnenmarkt als Booster, nicht als Bremse einsetzen", so Edtstadler. Dafür seien weitere Harmonisierungen, die Komplettierung der Kapitalmarktunion, flexiblere Arbeitsmärkte, eine Reform des EU-Wettbewerbsrechts und mehr Innovation erforderlich. "Es geht darum, unser Wohlergehen, unseren 'European Way of Life' sicherzustellen. Der Binnenmarkt ist einer der größten Vorteile der Europäischen Union. Wir müssen Champions der Innovation, nicht Champions der Überregulierung sein!" Die Bundesregierung habe sich mit dem "10-Punkte-Plan für den EU-Binnenmarkt" bereits im März 2024 klar positioniert und in die Debatte zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auf EU-Ebene eingebracht.

Der dritte Schwerpunkt liege bei den internen Reformen der EU: Auf Basis ihrer Werte und grundlegenden Prinzipien müssten die Institutionen reformiert werden. Zugleich sei es notwendig, dass die EU über eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung verfüge. "Österreich nimmt mit seinen 1.600 Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäten eine Vorbildfunktion ein", betonte die Europaministerin. "Wir treten für eine bürgerinnen- und bürgernahe Union ein, die nach innen und außen stark ist."

Edtstadler resümierend: "Die EU ist eine Erfolgsgeschichte: Sie wird daran gemessen, ob und wie sie in der Lage ist, Lösungen zu finden für die Herausforderungen der Gegenwart und Antworten zu geben auf die Fragen der Zukunft!"

Starke Frauen für ein geeintes Europa

Auf Einladung von First Lady Doris Schmidauer konnten die Teilnehmenden des "The Next Generation is Female"-Netzwerks anschließend die vom Bundeskanzleramt konzipierte Fotoausstellung "Mothers of Europe" in der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei in Wien besichtigen. Die Ausstellung rückt die Leistungen und Ideen von bemerkenswerten Frauen – den "Mothers of Europe" – ins Rampenlicht, denn die EU fuße nicht nur auf den Errungenschaften der sogenannten "Gründungsväter". "Auch in Zukunft brauchen wir starke Frauen, die unser gemeinsames Europa in die Zukunft führen", so Europaministerin Edtstadler.

"Change the Point of View – Women's Insights into the Future of Europe": Das war der Titel eines "Donausalons" vor Ort, bei dem es um weibliche Perspektiven für Debatten auf europäischer Ebene ging. Die Tagung auf Stift Göttweig bot dem Netzwerk "The Next Generation is Female" auch Gelegenheit zum Austausch mit dem Präsidenten des Europa-Forums Wachau, Botschafter Martin Eichtinger, mit der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner sowie der ehemaligen Premierministerin des Vereinigten Königreichs Theresa May, die sich in ihrer "Keynote"-Rede mit der Bedeutung von Demokratie für die künftige Entwicklung Europas und der Welt befasste.

Bundesministerin Karoline Edtstadler und First Lady Doris Schmidauer (Bildmitte) bei der Fotoausstellung "Mothers of Europe" in der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei in Wien

Hintergrund: Die Initiative "The Next Generation is Female"

Das Netzwerk "The Next Generation is Female" wurde von Europaministerin Karoline Edtstadler im August 2022 in Salzburg gegründet. Durch gemeinsame Tagungen, Arbeitsreisen in Drittstaaten und Statements zu aktuellen politischen Geschehnissen machen Edtstadler und ihre Amtskolleginnen – die für EU-Angelegenheiten zuständigen Ministerinnen beziehungsweise Staatssekretärinnen der EU-Mitgliedstaaten, die im Rat "Allgemeine Angelegenheiten" vertreten sind – Frauen an entscheidenden Stellen in der europäischen Entscheidungsfindung noch stärker sichtbar. Ziel des Formats "The Next Generation is Female" ist es, weibliche Führungspersönlichkeiten in der EU-Politik zu vernetzen, europäische Zukunftsfragen zu diskutieren und zu unterschiedlichen Fragestellungen eine gemeinsame Basis zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu finden. Im Rat "Allgemeine Angelegenheiten" – das Gremium bereitet die Tagungen der EU-Staats-und -Regierungschefinnen und -chefs vor – fassen die Ministerinnen und Staatssekretärinnen wichtige Beschlüsse, die das Leben und Arbeiten aller EU-Bürgerinnen und EU-Bürger betreffen.

Zu den Aktivitäten der Initiative zählen unter anderem gemeinsame Arbeitsreisen in die Ukraine (November 2022), in die Republik Moldau (März 2023) und nach Bosnien und Herzegowina (September 2023). Auf die Gründung in Salzburg (August 2022) folgten Treffen in Budapest (September 2023) sowie in München (im Rahmen der Sicherheitskonferenz, Februar 2023 und 2024). Die Ministerinnen und Staatssekretärinnen äußerten sich zudem im September 2022 mit einem gemeinsamen Statement zu Frauenrechten im Iran sowie im Mai 2024 anlässlich des Europatages.

Booklet zur Initiative "The Next Generation is Female" (PDF, 1 MB)

Hintergrund: Das Europa-Forum Wachau 2024

Unter dem Motto "Rebooting Europe" widmete sich das 28. Europa-Forum Wachau von 20. bis 22. Juni 2024 insbesondere dem Thema der Wettbewerbsfähigkeit Europas im globalen Kontext sowie der Erweiterung der EU in Richtung Westbalkan. Am Campus Krems an der Donau sowie auf Stift Göttweig in Niederösterreich diskutierten zahlreiche hochrangige Gäste bei den politischen und wirtschaftlichen Gesprächen über die Zukunft Europas, allen voran Bundeskanzler Karl Nehammer, der am 21. Juni 2024 den Regierungschef des Fürstentums Liechtenstein, Daniel Risch, empfangen durfte.

Außenminister Alexander Schallenberg verlieh ebenfalls am 21. Juni den "Dr. Alois-Mock-Europa-Preis" an den Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell. Die teilnehmenden Außenministerinnen und Außenminister des Netzwerks "Friends of the Western Balkans" und der Staaten des Westbalkans führten zudem Gespräche über eine engere Kooperation in der Außen- und Sicherheitspolitik und in Fragen der EU-Erweiterung; Anlass dafür war das einjährige Jubiläum der Unterzeichnung der "Göttweig Declaration". Das diesjährige Europa-Forum Wachau legte auch Schwerpunkte auf die Themen internationale Mobilität in Forschung und Wissenschaft, Kooperation in der Gesundheitspolitik sowie Entwicklungen in der Luft- und Raumfahrt; zu den hochrangigen Gästen zählten unter anderem Bildungs- und Wissenschaftsminister Martin Polaschek sowie Staatssekretärin Claudia Plakolm. Des Weiteren wurden die Beziehungen Europas zu den Vereinigten Staaten von Amerika und China erörtert.

Außenminister Schallenbergs Initiative "Friends of the Western Balkans" feiert ersten Geburtstag

Das Europa-Forum Wachau war anlässlich des österreichischen EU-Beitritts 1995 gegründet worden und dient seither als renommierte Plattform für internationalen Austausch und Dialog.

Weitere Informationen