Neue EU-Kommission vom Parlament bestätigt: Ein starkes Mandat und ehrgeizige Ziele für Europa

Zweite Amtszeit von Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin – EU-Kommission nimmt mit 1. Dezember 2024 ihre Arbeit auf – Magnus Brunner ist als Kommissar für Inneres und Migration zuständig

Gruppenfoto EU-Kommission von der Leyen II
Foto: © EU/Dati Bendo

Das Europäische Parlament bestätigte am 27. November 2024 per Zustimmungsvotum das Kollegium der neuen Europäischen Kommission für die Funktionsperiode von 2024 bis 2029 mit deutlicher Mehrheit. 370 Abgeordnete stimmten für das von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagene Kollegium, 282 stimmten dagegen und 36 enthielten sich. Mit diesem Votum war der Weg frei für den "Start" der neuen Europäischen Kommission mit 1. Dezember 2024. Nach ihrer offiziellen Ernennung durch den Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit nahm die neue Europäische Kommission am 1. Dezember 2024 ihre Arbeit auf. Ursula von der Leyen – für sie ist es die zweite Amtszeit als Präsidentin der Europäischen Kommission – betonte in ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament: "Das ist ein guter Tag für Europa. Jetzt müssen wir 'liefern'."

Einigkeit und Dringlichkeit

Vor dem Votum im Europäischen Parlament stellte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihr Programm und ihr Team für die nächsten 5 Jahre vor. In ihrer Rede rief sie zu einer engen Zusammenarbeit zwischen den europäischen Institutionen auf: "Europas Wohlstand und Sicherheit liegen in erster Linie in unserer eigenen Verantwortung. Wir sollten ständig nach Zusammenarbeit streben und unsere internationalen Beziehungen pflegen. Aber ebenso wichtig ist unsere Einigkeit im Inneren; Einigkeit, die uns handeln lässt – schnell und entschlossen." Angesichts globaler Herausforderungen – von Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten bis hin zu den Auswirkungen des Klimawandels – machte sie deutlich: "Die Zeit drängt."

Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas kündigte von der Leyen als erste Initiative der neu formierten Kommission einen "Kompass für Wettbewerbsfähigkeit" an. Dieser soll auf 3 Säulen beruhen: dem Schließen der Innovationslücke gegenüber den USA und China, der Dekarbonisierung im Einklang mit der Wettbewerbsfähigkeit und der Stärkung der wirtschaftlichen Sicherheit Europas.

Kommissionspräsidentin von der Leyen ging auch auf die ersten Monate ihres neuen Mandats ein. So sollen in den ersten 100 Tagen 7 Initiativen auf den Weg gebracht werden; dazu zählen:

  • ein Paket für saubere Industrien,
  • ein "Weißbuch" zur europäischen Verteidigung (ein sogenanntes "Weißbuch" der Europäischen Kommission bündelt Vorschläge für Maßnahmen der Europäischen Union in einem bestimmten Bereich),
  • eine Initiative für KI-Fabriken (KI: kurz für Künstliche Intelligenz),
  • ein Aktionsplan für Cybersicherheit für die Gesundheitsinfrastruktur,
  • ein Konzept für Landwirtschaft und Ernährung,
  • die Überprüfung der Erweiterungspolitik und
  • die von jedem Mitglied der Kommission zu führenden Dialoge mit der Jugend, um der nächsten Generation von Europäerinnen und Europäern mehr Gehör zu verschaffen. 
Ursula von der Leyen am Rednerpult
Foto: © European Union 2024 - Source : EP

Ein vielfältiges und spezialisiertes Team

Von der Leyen präsentierte ein Team, das sie als "wahrhaft europäisch" bezeichnete. Von den insgesamt 26 Kommissarinnen und Kommissaren an ihrer Seite fungieren 6 als Exekutiv-Vizepräsidentinnen beziehungsweise -Vizepräsidenten, die innerhalb der Kommission auch eine koordinierende Funktion einnehmen sollen. Die Kommissarinnen und Kommissare repräsentieren eine Vielzahl von beruflichen Hintergründen – von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über Diplomatinnen und Diplomaten bis hin zu ehemaligen Regierungsmitgliedern.

So übernimmt ehemalige österreichische Finanzminister Magnus Brunner als Kommissar die Zuständigkeit für Inneres und Migration, einschließlich der Umsetzung des Asyl- und Migrationspakts. Ekaterina Sachariewa (Bulgarien) wird als erste Kommissarin für Start-ups und Innovation tätig sein, während Exekutiv-Vizepräsidentin und Kommissarin Henna Virkkunen (Finnland) Europas digitale Souveränität fördern soll. Teresa Ribera Rodríguez (Spanien) soll als Exekutiv-Vizepräsidentin die Dekarbonisierung in den ersten 100 Tagen der neuen Europäischen Kommission mit einem "Clean Industrial Deal" vorantreiben. Dan Jørgensen (Dänemark) wird als erster EU-Kommissar für Energie und Wohnen daran arbeiten, Energiepreise zu senken und die Energieunabhängigkeit Europas zu sichern. Im Bereich Sicherheit übernimmt Andrius Kubilius (Litauen) als erster EU-Kommissar für Verteidigung die Aufgabe, eine gemeinsame Verteidigungsstrategie auszuarbeiten. "Ich versichere Ihnen, dass die Sicherheit Europas für diese Kommission stets an erster Stelle stehen wird", betonte von der Leyen.

Klima, Innovation und soziale Verantwortung

Von der Leyen bekräftigte in ihrer Rede auch die Bedeutung des europäischen "Green Deals": "Wir müssen auf Kurs bleiben." Gleichzeitig betonte sie, dass der Übergang zur Klimaneutralität flexibel gestaltet werden müsse, um Unternehmen und Menschen "mitzunehmen": "Um diese Arbeit zu unterstützen, habe ich beschlossen, einen strategischen Dialog über die Zukunft der Automobilindustrie in Europa einzuberufen. Der Dialog und sein Follow-up werden unter meiner Leitung stehen", so von der Leyen. Für die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen Kreislaufwirtschaft wird Jessika Roswall (Schweden) als Kommissarin verantwortlich sein.

Besonderes Augenmerk legte die Kommissionspräsidentin auf soziale Aspekte. Roxana Mînzatu (Rumänien) wird sich als zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin um Kompetenzen und Vorsorge kümmern, mit einem Fokus auf faire Arbeitsbedingungen, Work-Life-Balance und bezahlbaren Wohnraum. "Sie wird dafür sorgen, dass wir die Menschen an die erste Stelle setzen. Denn Produktivität hängt von guten Arbeitsbedingungen ab", erklärte von der Leyen.

Außenpolitik und Erweiterung

Auch international plant die EU, eine stärkere globale Rolle zu spielen. Kaja Kallas (Estland) wird als Hohe Vertreterin die Außenpolitik Europas leiten und sich unter anderem auf die Lage im Nahen Osten und die Beziehungen zum Westbalkan konzentrieren. Sie tritt als Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik die Nachfolge von Josep Borrell an. Für die EU-Erweiterung ist Marta Kos (Slowenien) als Kommissarin zuständig. "Die Vision eines Kontinents, der durch Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Grundfreiheiten vereint ist, wird immer Leitbild unserer Arbeit sein. Denn die Menschen in diesen Ländern verdienen eine Zukunft des Friedens, des Fortschritts und des Wohlstands", betonte von der Leyen.

Ein Auftrag für die Zukunft

Zum Abschluss ihrer Rede hob von der Leyen hervor, dass die Europäische Kommission für Freiheit, Souveränität und Sicherheit eintrete. "Ich glaube, dass unsere Generation in Europa einmal mehr für Freiheit und Souveränität kämpfen muss. Aber diese Freiheit ist nicht nur ein abstrakter Begriff. Sie bedeutet, dass die Menschen in Europa die Gewissheit haben, dass ihre Familien in Sicherheit sind. Dass ihr Land sicher ist." Mit diesem klaren Mandat und einem breiten Themenspektrum – von Migration über Sicherheit, Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit bis hin zur Digitalisierung – beginnt eine ambitionierte neue Amtszeit für die Europäische Kommission.

Hintergrund: Auf dem Weg zur neuen Europäischen Kommission

Die designierten Kommissionsmitglieder wurden zwischen 4. und 12. November 2024 in öffentlichen Anhörungen (sogenannten Hearings) des Europäischen Parlaments geprüft. Die Kandidatinnen und Kandidaten unterzogen sich den Anhörungen in den zuständigen fachlichen parlamentarischen Ausschüssen, wo ihre Eignung und Fähigkeit zur Wahrnehmung der mit ihren Geschäftsbereichen verbundenen Aufgaben bewertet wurde. Die Konferenz der Präsidenten des Parlaments erklärte die Anhörungen am 27. November 2024 für abgeschlossen und veröffentlichte die Bewertungsschreiben aller designierten Kommissarinnen und Kommissare. Die Ernennung der neuen Europäischen Kommission durch den Europäischen Rat erfolgte im schriftlichen Verfahren. Die Funktionsperiode der Kommission begann am 1. Dezember 2024.

Die Auswahl, Prüfung und Ernennung der Europäischen Kommission folgt einem mehrstufigen und detaillierten Verfahren, das Transparenz und demokratische Legitimation sicherstellen soll. Bereits unmittelbar nach der Europawahl von 6. bis 9. Juni 2024 hatte der Europäische Rat Ursula von der Leyen für das Amt der Kommissionspräsidentin nominiert. Sie war am 18. Juli 2024 mit 401 Stimmen zu 284 Stimmen von den Mitgliedern des Europäischen Parlaments zur Kommissionspräsidentin gewählt worden.

Weitere Informationen