Isten hozott, Magyarország! Ungarn übernimmt nach Belgien den EU-Ratsvorsitz

7 Prioritäten sollen von 1. Juli bis 31. Dezember 2024 dazu beitragen, die europäische Zusammenarbeit krisenfitter und resilienter auszurichten – Logo der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft soll "Einfallsreichtum" und "strategische Problemlösungskompetenz" symbolisieren

Zwei Personen bei einer Pressekonferenz vor einem Bildschirm auf dem Hungarian Presidency of the Council of the European Union 2024 zu lesen ist
Foto: Hungarian EU Council Presidency

Mit 1. Juli 2024 hat Ungarn den halbjährlich rotierenden Vorsitz im Rat der Europäischen Union von Belgien übernommen. Gemäß dem Motto "Make Europe Great Again" möchte Ungarn während der 6 Monate als Ratsvorsitz aktiv sowie proaktiv agieren und dabei hervorheben, dass die EU-Mitgliedstaaten vereint mehr Stärke besitzen als im Alleingang. Der Leitspruch soll zudem die Vision zum Ausdruck bringen, dass Europa aus Zeiten geopolitischer Spannungen als unabhängiger globaler Akteur gestärkt hervorgehen kann.

"Europa steht vor den gemeinsamen Herausforderungen des Krieges in unserer Nachbarschaft, des globalen Wettbewerbs, einer fragilen Sicherheitslage, der illegalen Migration, der Naturkatastrophen, der Auswirkungen des Klimawandels und der demografischen Situation", betonte János Bóka, ungarischer Minister für europäische Angelegenheiten, bei der Präsentation der Prioritäten des EU-Ratsvorsitzes am 18. Juni 2024 in Budapest. In diesem Kontext sei es daher nötig, dass "wir im Vorsitz als ehrliche Vermittler agieren und loyal mit allen Mitgliedstaaten und Institutionen zusammenarbeiten".

Ungarisches EU-Ratsvorsitz-Programm: 7 Prioritäten rücken Bewältigung aktueller Herausforderungen in den Fokus

Für den EU-Ratsvorsitz hat die ungarische Regierung 7 prioritäre Themenbereiche festgelegt, die im Zeichen der gegenwärtigen Krisen stehen:

  1. Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit: Ungarn beabsichtigt, die europäische Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit durch neue Initiativen zu steigern. Angestrebt wird, aktuelle wirtschaftliche Herausforderungen wie hohe Inflation, steigende Verschuldung oder fragmentierte Lieferketten zu bewältigen. Im Fokus stehen eine technologieoffene Industriestrategie, höhere Produktivität, offene Märkte und ein flexiblerer Arbeitsmarkt. Erreicht werden soll dies durch nachhaltiges Wachstum, die Unterstützung von europäischen Klein- und Mittelbetrieben, den "grünen" und digitalen Wandel sowie internationale Zusammenarbeit und sichere Jobs.
  2. Stärkung der europäischen Verteidigungspolitik: Die gegenwärtigen Konflikte sowohl auf dem Kontinent als auch weltweit würden, so der ungarische EU-Ratsvorsitz, klar zeigen, dass Europa seine Verteidigungsfähigkeit und seine Kapazitäten zur internationalen Krisenbewältigung erheblich verbessern müsse. Ungarn hat es sich daher für die Zeit des EU-Ratsvorsitzes zum Ziel gesetzt, die Stärkung der europäischen Verteidigungstechnologie und industriellen Basis voranzutreiben, einschließlich der Verteidigungsinnovation und der Verbesserung der Beschaffungskooperation zwischen den EU-Mitgliedstaaten.
  3. Konsistente und verdienstbasierte Erweiterungspolitik: Die EU-Erweiterung sei eine der größten Errungenschaften der Europäischen Union. Um diesen positiven Trend aufrechtzuerhalten, ist der ungarische EU-Ratsvorsitz bestrebt, die Erweiterungspolitik leistungsbasiert, ausgewogen und glaubwürdig zu gestalten. Die europäische Integration der Westbalkan-Region soll intensiviert und vorangetrieben werden, da die EU langfristig von den wirtschaftlichen sowie geo- und sicherheitspolitischen Vorteilen profitiere.
  4. Eindämmung illegaler Migration: Der Migrationsdruck, dem Europa seit mehreren Jahren ausgesetzt sei, stelle nicht nur eine Herausforderung für die Europäische Union als Ganzes dar, sondern belaste auch einzelne EU-Mitgliedstaaten erheblich, heißt es im EU-Ratsvorsitzprogramm. Ungarn möchte daher der externen Dimension der Migration besondere Aufmerksamkeit widmen – einschließlich effizienter Zusammenarbeit mit relevanten Drittstaaten sowie innovativer Lösungen für Asylregeln.
  5. Gestaltung der künftigen EU-Kohäsionspolitik: Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft beabsichtigt eine fundierte strategische Debatte über die Zukunft der europäischen Kohäsionspolitik. Um eine harmonische und ausgewogene Entwicklung der Europäischen Union zu gewährleisten, sei es nötig, durch die verschiedenen Europäischen Strukturfonds regionale Disparitäten (das heißt, Ungleichgewichte) zu verringern und die wirtschaftliche, soziale und territoriale Kohäsion (das heißt, den Zusammenhalt in der EU) zu stärken.
  6. Eine europäische Agrarpolitik, welche die Landwirtinnen und Landwirte in den Mittelpunkt stellt: Ungarn möchte sich dafür einsetzen, dass die Landwirtschaftspolitik der EU langfristig wettbewerbsfähig und krisenfest gestaltet wird, da diese vor beispiellosen Herausforderungen durch den Klimawandel, steigende Kosten und strengen Regulierungen stünde. Eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion wird als wesentlich erachtet, um die Existenzgrundlage der Bäuerinnen und Bauern sowie Ernährungssouveränität sicherzustellen.
  7. Bewältigung demografischer Herausforderungen: Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft richtet ihr besonderes Augenmerk zudem auf die aus ihrer Sicht unvorteilhafte demografische Entwicklung: Die alternden Gesellschaften Europas, wenig nachhaltige Sozialsysteme und der Arbeitskräftemangel seien langjährige und sich stetig verschärfende Probleme, die dringend und effektiv angegangen werden müssten.

Logo soll "Einfallsreichtum" und "strategische Problemlösungskompetenz" zum Ausdruck bringen

Der bekannte "Rubik's Cube" – ein vom ungarischen Bauingenieur und Architekten Ernő Rubik geschaffenes Drehpuzzle – im Logo der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft soll den ungarischen "Einfallsreichtum" und die "strategische Problemlösungskompetenz" sowie die Komplexität europäischer Angelegenheiten symbolisieren. Mit seinen 27 Elementen spiegelt der Würfel exakt die Anzahl der aktuellen EU-Mitgliedstaaten wider. "Obwohl wir oft unterschiedliche Ansichten haben, bietet der gelöste Würfel die Möglichkeit, sowohl die europäische Einheit als auch den Willen und die Interessen der Mitgliedstaaten und Nationen gleichzeitig zu erfassen", so Zoltán Kovács, Staatssekretär für Regierungskommunikation der ungarischen Regierung, am 18. Juni 2024.

Das Logo des ungarischen EU-Ratsvorsitzes 2024 dass einen Würfel aus einzelnen Elementen darstellt. Die Sterne der Flagge der Europäischen Union sind auf einer Seite des Würfels zu sehen.
Foto: Hungarian EU Council Presidency

Veranstaltungen während des ungarischen Ratsvorsitzes

Während der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft werden insgesamt rund 1.500 Sitzungen von Ratsarbeitsgruppen abgehalten, 37 formelle Ratssitzungen sind in Brüssel und Luxemburg geplant. Etwa 230 EU-Ratsvorsitzveranstaltungen werden in Ungarn organisiert. Zu den bedeutendsten Veranstaltungsorten in Budapest zählen neben den ungarischen Ministerien der Várkert Bazár und die Bálna-Veranstaltungshalle sowie die Puskás Aréna, ein Fußballstadion, das auch als Tagungszentrum dient.

Enge Zusammenarbeit der "Trio-Ratspräsidentschaft" aus Spanien, Belgien und Ungarn

Ungarn (2. Halbjahr 2024) bildet gemeinsam mit Spanien (Ratsvorsitz: 2. Halbjahr 2023) und Belgien (Ratsvorsitz: 1. Halbjahr 2024) eine "Trio-Ratspräsidentschaft". Diese 3 Staaten hatten im Vorfeld ein "Achtzehnmonatsprogramm" mit gemeinsamen Schwerpunkten für den Zeitraum von 1. Juli 2023 bis 31. Dezember 2024 festgelegt.

Hintergrund: Ungarn und der Vorsitz im Rat der EU

Der Vorsitz im Rat der EU rotiert im Turnusprinzip zwischen den 27 EU-Mitgliedstaaten. Alle 6 Monate findet ein Wechsel der Ratspräsidentschaft zwischen den EU-Mitgliedsländern gemäß einer festgelegten Reihenfolge – die bereits bis zum Jahr 2030 definiert ist – statt. Der Vorsitz leitet die Sitzungen und Tagungen der verschiedenen Ratsformationen (mit Ausnahme des Rates "Auswärtige Angelegenheiten") sowie der Vorbereitungsgremien des Rates und trägt damit Sorge für die Kontinuität der Arbeit der EU. Zudem vertritt der Vorsitz den Rat gegenüber den anderen EU-Organen (insbesondere gegenüber Europäischer Kommission und Europäischem Parlament). Mit dem Vertrag von Lissabon wurde im Jahr 2009 der "Dreiervorsitz" eingeführt, bei dessen Rahmen jene Mitgliedstaaten, welche den Vorsitz des Rates in 18 Monaten innehaben, in Dreiergruppen zusammenarbeiten, Ziele formulieren und ein gemeinsames Programm ("Achtzehnmonatsprogramm") erarbeiten.

Von links nach rechts: die Flaggen Spaniens, Belgiens und Ungarns auf blauem Hintergrund
Foto: EU

Weitere Informationen