Europaministerin Edtstadler: Keine Abstriche bei der Rechtstaatlichkeit
Rat "Allgemeine Angelegenheiten" in Brüssel – Krieg in der Ukraine und wirtschaftliche Auswirkungen sowie Rechtstaatlichkeit im Fokus
"Wir haben im Wesentlichen 3 große Themen auf der Agenda: Das ist zum Ersten die Vorbereitung des Europäischen Rates im Oktober. Das ist zum Zweiten der 3. Rechtstaatlichkeitsbericht und das ist drittens auch die weitere Vorgehensweise bei der Konferenz zur Zukunft Europas", sagte Europaministerin Karoline Edtstadler bei den Doorsteps vor dem Rat "Allgemeine Angelegenheiten" am 20. September 2022 in Brüssel.
Bei den Vorbereitungen zur Tagung des Europäischen Rates am 20. und 21. Oktober 2022 stünden die Ukraine, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges, insbesondere auch das Thema Energieversorgung, und die außenpolitischen Beziehungen der Europäischen Union im Zentrum, führte Karoline Edtstadler näher aus.
Im Rahmen des jährlichen Dialogs über Rechtstaatlichkeit führten die Ministerinnen und Minister beziehungsweise Staatssekretärinnen und Staatssekretäre eine horizontale Aussprache über die wichtigsten Entwicklungen im Bereich der Rechtstaatlichkeit der EU. Der im Juli 2022 veröffentlichte Rechtstaatlichkeitsbericht enthält zum ersten Mal auch spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten. "Für Österreich hat die Kommission ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt. Wir haben hier 6 Empfehlungen bekommen, von denen die meisten bereits in Umsetzung sind."
Hinsichtlich der EU-Zukunftskonferenz habe man viele Versprechen gemacht. Man müsse diese nun umsetzen und auch darüber reden, "wie wir mit den Ideen der Bürgerinnen und Bürger umgehen", so Edtstadler. Zur Frage nach der Einberufung eines Konvents, um die EU-Verträge zu ändern – wie dies Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrer "Rede zur Lage der Union" am 14. September 2022 vorgeschlagen hatte – hielt die Europaministerin fest, dass rund 95 Prozent der Vorschläge ohne Vertragsänderung umsetzbar seien. Sie sei aber dafür, Überlegungen anzustellen, wie die Europäische Union insgesamt in Zukunft aufgestellt sein solle. Deshalb sei sie offen gegenüber allem, was dazu führe, die Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen. Der tschechische EU-Ratsvorsitz informierte über die Vorbereitungen für eine am 2. Dezember 2022 geplante Feedback-Veranstaltung zur EU-Zukunftskonferenz.
Einstimmigkeitsprinzip zeigt die "wahre Stärke" der EU – aber zusätzlich abgestufte Systematik für rasche Entscheidungen nötig
Was das Einstimmigkeitsprinzip der Europäischen Union betrifft, so zeigte sich Edtstadler überzeugt davon, dass die "wahre Stärke" der Union genau darin liege, und nannte als Beispiele die Sanktionen. "Aber ganz klar ist auch, dass die Bedrohung von außen eine sehr große ist und dass die EU in der Welt eine geopolitische Rolle spielen muss. Dann braucht es da und dort raschere Entscheidungen und zum Beispiel eine abgestufte Systematik, wie wir zu diesen Entscheidungen kommen. Daher bin ich dafür, dass wir endlich darüber diskutieren, im welchen Bereichen es eine abgestufte Systematik geben kann", so Edtstadler. In Frage kämen etwa Bereiche, wo es um internationale Gremien oder die grundsätzliche Positionierung in außenpolitischen Fragen gehe.
Keine Abstriche bei der Rechtstaatlichkeit
Zum Kommissionsvorschlag, Ungarn aufgrund von Korruption und anderer Verstöße gegen den Rechtsstaat EU-Mittel zu kürzen, hielt die Europaministerin fest, dass sich Österreich immer für den Konditionalitätsmechanismus eingesetzt habe. Dieser habe vor dem Europäischen Gerichtshof standgehalten und werde nun erstmals angewendet. "Jetzt geht es darum zu schauen, wie Ungarn diesen Kritikpunkten begegnet. Ungarn hat Reformschritte eingeleitet und Pläne vorgelegt. Wichtig ist mir, dass es keine Abstriche bei der Rechtstaatlichkeit geben darf. Aber man sollte auch jedem die Chance geben, auf den Weg der Rechtstaatlichkeit zurückzufinden. Es liegt jetzt am Vorsitz und an Ungarn", so Edtstadler.
Hinsichtlich der Diskussion zu neuen EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation hielt die Europaministerin fest: "Ich bin kein Fan davon, schon über die nächsten Schritte zu reden, sondern wir sollten die Sanktionen, die beschlossen worden sind, auch umsetzen und gleichzeitig wieder evaluieren, ob sie dort wirken, wo sie wirken sollen, nämlich gegenüber Russland", so die Europaministerin abschließend.