EU-Kommission präsentiert Pläne für den digitalen Wandel
Digital souverän in einer offenen, vernetzten Welt – durch Cloud-Computing, länderübergreifenden Synergien, den Ausbau digitaler Kompetenzen und einer besseren Gigabit-Infrastruktur: So zeichnet die EU-Kommission den Weg zu einem stärkeren digitalen Europa bis 2030 vor.
Homeoffice, Homeschooling, virtueller Bauernmarkt – die Coronavirus-Pandemie und die Notwendigkeit, Kontakte zu vermeiden, haben die Digitalisierung auf der ganzen Welt und in Österreich beschleunigt. Digitale Lösungen können zudem den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft erleichtern. Damit dieser notwendige digitale Wandel bestmöglich den Europäerinnen und Europäern, heimischen Unternehmen und der Umwelt zugutekommt, kam die EU-Kommission der Forderung des Europäischen Rates von Oktober 2020 nach, und veröffentlichte am 9. März 2021 einen Fahrplan zum erfolgreichen digitalen Wandel Europas bis 2030.
"Europa hat die einmalige Gelegenheit zu einem nachhaltigen Wiederaufbau. Mit dem neuen mehrjährigen Haushalt und der Aufbau- und Resilienzfazilität haben wir beispiellose Ressourcen mobilisiert, um in den digitalen Wandel zu investieren. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig digitale Technologien und Kompetenzen sind, um zu arbeiten, zu lernen und am Leben teilzuhaben – und wo wir noch besser werden müssen. Wir müssen die kommenden Jahre zu Europas digitaler Dekade machen, damit alle Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen die Vorteile der digitalen Welt bestmöglich nutzen können. Der digitale Kompass lässt uns eine klare Perspektive, wie wir das erreichen können", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Präsentation der neuen Strategie.
Auch Wirtschafts- und Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck hob in ihrer EU-Jahresvorschau 2021 vor dem Nationalrat am 18. Februar 2021 die Notwendigkeit des digitalen Wandels hervor: "Innovation, Digitalisierung und ein starker Wirtschaftsstandort Europa sind nicht nur unsere Antworten auf die Krise, sondern auch Basis für den Wohlstand der nächsten Generationen."
Digitaler Kompass für die Umsetzung von Digitalzielen
Europäische Bürgerinnen und Bürger sollen durch die Digitalisierung alle Chancen für eine auf den Menschen ausgerichtete, nachhaltige und florierende digitale Zukunft nutzen können und dabei digital souverän in einer vernetzten Welt agieren – das wünscht sich die EU-Kommission in ihrem neuen Digitalvorschlag.
Konkret beinhaltet der digitale Kompass folgende Ziele:
- Hoch qualifizierte digitale Fachkräfte und digital mündige Bürgerinnen und Bürger: Mindestens 80 Prozent aller Erwachsenen sollen bis zum Jahr 2030 über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen. Zudem steckt sich die EU-Kommission das Ziel, in Zukunft 20 Millionen IKT-Fachkräfte (IKT: Informations- und Kommunikationstechnologie) zu beschäftigen, die zu einem großen Teil Frauen sein sollen.
- Sichere und starke digitale Infrastrukturen: Alle Haushalte der Europäischen Union sollen bis 2030 über eine Gigabit-Anbindung verfügen, alle besiedelten Gebiete mit 5G-Netzen versorgt werden. Zudem möchte die EU 20 Prozent der nachhaltigen Halbleiter in Europa herstellen, 10.000 klimaneutrale sogenannte Randknoten – Endbenutzerportale für die Kommunikation von Rechnerverbunden – aufbauen und einen Quantencomputer auf den Markt bringen.
- Stärkere Digitalisierung in Unternehmen: 3 von 4 Unternehmen sollen in der Zukunft Cloud-Computing-Dienste, "Big Data" und Künstliche Intelligenz (KI) für ihre Geschäftszweige nutzen. Die Kommission zielt zudem darauf ab, dass 90 Prozent aller Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) zumindest grundlegende digitale Strukturen nutzen sowie die Zahl der Start-Ups verdoppelt wird.
- Digitalisierung der öffentlichen Dienste: Nicht nur die Privatwirtschaft, auch der öffentliche Dienst sollte in der Zukunft noch stärker online zugänglich sein. Alle Bürgerinnen und Bürger werden dem Vorschlag nach Zugang zu ihren elektronischen Patientinnen- und Patientenakten haben und ein Großteil der Menschen elektronische Identitätsausweise (eID) nutzen.
- Mehrländerprojekte: Damit mögliche Lücken in digitalen Kapazitäten schneller geschlossen werden können, sollen Projekte zwischen verschiedenen EU-Mitgliedstaaten erleichtert werden. Basierend auf EU-Förderprogrammen und dem EU-Aufbauplan sollen Investitionen aus dem EU-Budget für Großprojekte in mehreren Mitgliedstaaten in Verbindung mit der Industrie zur Verfügung stehen und somit der größtmögliche Erfolg erzielt werden. 20 Prozent der Ausgaben aus dem Herzstück des EU-Aufbauinstruments "Next Generation EU", der Aufbau- und Resilienzfazilität, müssen von den EU-Mitgliedstaaten für digitale Prioritäten verwendet werden.
Anhand dieses digitalen Kompasses soll eine robuste gemeinsame Struktur innerhalb aller EU-Mitgliedstaaten geschaffen werden, die dann in weiterer Folge durch ein Ampelsystem evaluiert werden soll. In Abstimmung mit dem EU-Parlament und dem Rat sollen diese Ziele rasch in einem konkreten Maßnahmenprogramm verankert werden.
Hohe Ziele, aber nicht ohne europäische Grundsätze
Auch wenn der digitale Wandel für das Wirtschaftswachstum in Zukunft essentiell sein wird, betont die EU-Kommission bei ihren Vorschlägen zum digitalen Wandel, dass diese Prozesse auch die Rechte und Werte der EU in den Mittelpunkt stellen müssen. Was offline gilt, soll auch online uneingeschränkt ausgeübt werden können.
Ein Rahmen mit "Digitalgrundsätzen" soll ermöglichen, dass es einen universellen Zugang zu hochwertiger Konnektivität, zu ausreichenden digitalen Kompetenzen, zu öffentlichen Diensten und zu fairen und diskriminierungsfreien Online-Diensten geben muss. Konkret geplant ist hier eine interinstitutionelle Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, die diese Grundsätze festhalten soll. Geplant ist zudem, diesen Prozess mit einer jährlichen Eurobarometer-Umfrage, die Bürgerinnen und Bürger nach ihren Erfahrungen bei der Einhaltung ihrer Rechte im Internet befragt, zu begleiten.
Ein digitales Europa in der Welt
Der digitale Wandel bringt nicht nur Veränderungen für die europäische Gesellschaft, sondern auch globale Herausforderungen mit sich. Die EU-Kommission betont deshalb, sich auch in internationalen Organisationen für starke internationale digitale Partnerschaften einsetzen zu wollen. Konkrete Vorschläge beinhalten die Einrichtung eines neuen EU-US-Handels- und Technologierates, um in diesem Bereich enger zusammenzuarbeiten, oder die Schaffung eines internationalen Fonds für digitale Konnektivität.
Weitere Informationen
- Europas digitale Dekade: Kommission setzt Kurs auf ein digital gestärktes Europa bis 2030, EU-Kommission, 9. März 2021
- Fragen und Antworten zu Europas digitaler Dekade, EU-Kommission, 9. März 2021
- Hintergrundinformationen zur Digitalstrategie der Europäischen Union, EU-Kommission
- Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, 1. und 2. Oktober 2020
- EU-Jahresvorschau 2021 für das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, Österreichisches Parlament, 18. Februar 2021