Paket der Kommission soll Investitionen in Milliardenhöhe in den Verteidigungssektor ermöglichen

Europäische Kommission präsentiert Verteidigungspaket – Der Plan soll die europäische Sicherheit, strategische Autonomie und Industrie stärken – Im Fokus: Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf nationaler Ebene, eigenes EU-Instrument für Verteidigungsinvestitionen

Spanischer Eurofighter auf einem Trainingsflug über Griechenland
Foto: NATO, 2024 EC- Audiovisual Service

Die europäische Sicherheit steht vor umfangreichen Herausforderungen. In einer Zeit, die von geopolitischen Spannungen und militärischen Bedrohungen geprägt ist, setzt die Europäische Union auf eine umfassende Stärkung ihrer Verteidigungsfähigkeiten. Mit einem umfassenden Verteidigungspaket ("ReArm Europe" / "Bereitschaft 2030") hat die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, am 4. März 2025 eine weitreichende Initiative vorgestellt, welche die Verteidigungsausgaben der EU-Mitgliedstaaten auf eine neue Ebene heben soll.

Von der Leyen: "800 Milliarden Euro für ein sicheres Europa"

In ihrer Erklärung vom 4. März 2025 betonte von der Leyen die Dringlichkeit des Handels:

"Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob die Sicherheit Europas tatsächlich bedroht ist, oder ob Europa mehr Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen sollte. Die eigentlichen Fragen, die wir uns stellen müssen, sind, ob Europa bereit ist, so entschlossen zu handeln, wie es die Situation erfordert, und ob Europa bereit und in der Lage ist, so rasch und so ambitioniert zu handeln, wie erforderlich ist. Mit 'ReArm Europe' könnten fast 800 Milliarden Euro für ein sicheres und resilientes Europa mobilisiert werden. Die Zeit für Europa ist gekommen. Wir sind bereit, unsere Anstrengungen zu verstärken."

Die 5 Säulen des Verteidigungspakets

Das Verteidigungspaket wurde nach Angaben der Europäischen Kommission entwickelt, um sowohl kurzfristig die Ukraine in Folge des russischen Angriffskrieges zu unterstützen, als auch langfristig die europäische Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Dabei möchte die EU eine größere Verantwortung für ihre eigene Sicherheit übernehmen. Das Verteidigungspaket der Kommission basiert auf folgenden 5 zentralen Säulen:

  1. Erhöhung der nationalen Verteidigungsausgaben: Die EU möchte ihren Mitgliedstaaten mehr finanziellen Spielraum gewähren, um ihre Militärausgaben zu steigern. Durch die koordinierte Aktivierung der nationalen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts könnten die Staaten, so der Vorschlag der Europäischen Kommission, ihre Verteidigungsausgaben erhöhen, ohne dass ein Verfahren bei übermäßigem Defizit eingeleitet wird. Eine Erhöhung bis zu 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) könnte demnach innerhalb von 4 Jahren bis zu 650 Milliarden Euro freisetzen.
  2. Bereitstellung von Darlehen für Verteidigungsinvestitionen: Die EU plant nach den Plänen der Europäischen Kommission ein neues Finanzinstrument (Englisch: "Security for Action Europe", kurz: SAFE), das den EU-Mitgliedstaaten Darlehen in Höhe von insgesamt 150 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Ziel ist es, Investitionen in zentrale Verteidigungskompetenzen wie Luft- und Raketenabwehr, Artilleriesysteme, Drohnentechnologie, Cyberabwehr und militärische Mobilität zu bündeln.
  3. Nutzung des EU-Haushalts für Verteidigungsausgaben: Die Europäische Kommission möchte den EU-Mitgliedstaaten zusätzliche Möglichkeiten bieten, Mittel aus den kohäsionspolitischen Programmen für Verteidigungsausgaben zu nutzen. 
  4. Mobilisierung von privatem Kapital über die Europäische Investitionsbank: Durch gezielte Maßnahmen wie dem Anpassen der Finanzierungskriterien sollen private Investitionen in die europäische Verteidigungsindustrie erleichtert werden.
  5. Spar- und Investitionsunion: Durch eine Stärkung der Kapitalmärkte will die EU sicherstellen, dass in Europa private Finanzmittel verstärkt für europäische Prioritäten wie zum Beispiel die Verteidigungsindustrie mobilisieren werden. Insbesondere für KMUs (kleine und mittlere Unternehmen), auch im Verteidigungsbereich, sollen diese Maßnahmen den Zugang zu Finanzierung erleichtern. 

EU-Sondergipfel über europäische Sicherheitsarchitektur

2 Tage nach der Ankündigung des Verteidigungspakets kamen die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der EU-Mitgliedstaaten sowie die Führungsspitzen der EU-Institutionen am 6. März 2025 in Brüssel zu einer außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates zusammen, um unter anderem über die europäische Sicherheits- und Verteidigungsarchitektur zu beraten. Österreich wurde durch Bundeskanzler Christian Stocker vertreten

Der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, sagte anlässlich der außerordentlichen Tagung:

"Vor einem Monat haben wir einen strategischen Austausch zur Ausrichtung unseres gemeinsamen Handelns im Verteidigungsbereich geführt. Nun werden wir konkret – und schlagen entschlossen den Weg zu einem stärkeren und souveräneren Europa der Verteidigung ein."

Hintergrund: Der Verteidigungssektor der EU in Zahlen

Angesichts multipler Bedrohungen erhöhen die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Verteidigungsausgaben signifikant. Zwischen 2021 und 2024 stiegen die gesamten Verteidigungsausgaben der EU-Mitgliedstaaten um mehr als 30 Prozent: Im Jahr 2021 betrugen sie 214 Milliarden Euro, 2024 beliefen sie sich schätzungsweise auf 326 Milliarden Euro (gemäß Zahlen der Europäischen Verteidigungsagentur). Die europäische Verteidigungsindustrie verzeichnet ein starkes Wachstum: 2023 erzielte sie einen Umsatz von 158,8 Milliarden Euro (ein Zuwachs von 16,9 Prozent im Vergleich zum Jahr davor mit 135,9 Milliarden Euro; gemäß Zahlen des Europäischen Verbands der Luftfahrt-, Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie).  581.000 Personen waren 2023 in diesem Sektor beschäftigt – das entsprach einer Zunahme von 8,9 Prozent gegenüber dem Jahr 2022 mit 533.425 Beschäftigten (gemäß Zahlen des Europäischen Verbands der Luftfahrt-, Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie). Rund 2.500 KMU spielen eine zentrale Rolle in den komplexen Lieferketten des Verteidigungssektors.

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