Vorläufige politische Einigung: Neue Vorschriften für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen
Detaillierte Berichtspflichten sollen sicherstellen, dass große Unternehmen verpflichtet sind, Informationen zu Nachhaltigkeitsfragen wie Umweltrechten, sozialen Rechten, Menschenrechten und "Governance"-Faktoren zu veröffentlichen
Am 21. Juni 2022 erzielten der Rat und das Europäische Parlament eine vorläufige politische Einigung über die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ("Corporate sustainability reporting directive", kurz CSRD). Ziel der Regelung ist es, Lücken in den geltenden Vorschriften über die Offenlegung nichtfinanzieller Informationen zu schließen, welche eine unzureichende Qualität für eine angemessene Berücksichtigung durch die Anlegenden aufweisen und so den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft beeinträchtigen.
Minister Le Maire als Vertreter für den französischen Ratsvorsitz: "'Greenwashing' ist Geschichte"
"Diese Einigung ist eine hervorragende Nachricht für alle europäischen Konsumierenden. Sie werden nun besser über die Auswirkungen von Unternehmen auf Menschenrechte und Umwelt informiert werden. Das bedeutet mehr Transparenz für Menschen, Konsumierende und Anlegende. Es bedeutet auch, dass die von Unternehmen bereitgestellten Informationen besser lesbar und einfacher werden. Unternehmen müssen ihrer Rolle in der Gesellschaft in vollem Umfang gerecht werden. 'Greenwashing' ist Geschichte. Mit diesem Text setzt sich Europa im internationalen Wettlauf um Standards an die Spitze, indem es im Einklang mit unseren ökologischen und sozialen Ambitionen hohe Standards festlegt", erklärte der französische Minister für Wirtschaft, Finanzen und industrielle und digitale Souveränität Bruno Le Maire für den aktuellen französischen EU-Ratsvorsitz.
Neue Vorschriften für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Durch die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen wird die Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen von 2014 geändert. Es werden detailliertere Berichtspflichten eingeführt, die sicherstellen sollen, dass große Unternehmen verpflichtet sind, Informationen zu Nachhaltigkeitsfragen wie Umweltrechten, sozialen Rechten, Menschenrechten und "Governance"-Faktoren zu veröffentlichen.
Die Richtlinie sieht unter anderem folgende Punkt vor:
- Große Unternehmen: Die EU-Vorschriften über nichtfinanzielle Informationen sollen Gültigkeit für alle großen Unternehmen und für alle an geregelten Märkten notierten Unternehmen aufweisen. Diese Unternehmen sind auch für die Bewertung der Informationen auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaften verantwortlich.
- Börsennotierte Klein- und Mittelunternehmen (KMU): Die Vorschriften gelten auch für börsennotierte KMU, wobei deren Besonderheiten berücksichtigt werden. KMU werden während eines Übergangzeitraums eine Ausnahmeregelung ("Opt-out") in Anspruch nehmen können, das heißt, sie werden bis 2028 von der Anwendung der Richtlinie ausgenommen.
- Nichteuropäische Unternehmen: In Bezug auf nichteuropäische Unternehmen gilt die Pflicht zur Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts für alle Unternehmen, die in der EU einen Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro erzielen und mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU haben. Diese Unternehmen müssen einen Bericht über ihre sogenannten ESG-Auswirkungen (kurz für: "Environment, Social, Governance") vorlegen, das heißt, über ökologische, soziale und "Governance"-Aspekte im Sinne der Richtlinie.
Die Vorschriften sollen zeitlich gestaffelt in 3 Stufen Anwendung finden:
- am 1. Jänner 2024 für Unternehmen, die bereits der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen unterliegen;
- am 1. Jänner 2025 für große Unternehmen, die derzeit nicht der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen unterliegen;
- am 1. Jänner 2026 für börsennotierte KMU sowie für kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen.
Außerdem werden mit der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen eine Zertifizierungspflicht für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie ein besserer Zugang zu Informationen eingeführt, indem deren Veröffentlichung in einem gesonderten Abschnitt der Lageberichte von Unternehmen vorgeschrieben wird. Die Europäische Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) wird nach fachlicher Beratung durch mehrere europäische Agenturen für die Festlegung europäischer Standards zuständig sein.
Die nächsten Schritte auf dem Weg zur Einigung über neue Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
Die am 21. Juni 2022 erzielte vorläufige Einigung muss noch vom Rat und vom Europäischen Parlament gebilligt werden. Den Rat betreffend wird die vorläufige politische Einigung dem Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) zur Billigung vorgelegt, bevor die förmlichen Schritte des Annahmeverfahrens eingeleitet werden. Die Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Weitere Informationen
- Neue Vorschriften für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen: vorläufige politische Einigung zwischen Rat und Europäischem Parlament, Pressemitteilung des Europäischen Rats, Rat der Europäischen Union
- Allgemeine Ausrichtung – Vorschlag für eine Richtlinie über die Nachhaltigkeitsbestimmungen von Unternehmen, Rat der Europäischen Union
- Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, Europäische Kommission
- Europäische Beratergruppe für Rechnungslegung, Website European Financial Reporting Advisory Group (Englisch)