Kommission veröffentlicht "Europäische Strategie für Pflege und Betreuung"
Ziel ist die Gewährleistung hochwertiger, bezahlbarer und leicht zugänglicher Pflege- und Betreuungsdienste in der gesamten Europäischen Union – Verbesserung der Situation der Betreuungs- und Pflegebedürftigen sowie der Pflegerinnen und Pfleger
Die am 7. September 2022 von der Europäischen Kommission veröffentlichte "Europäische Strategie für Pflege und Betreuung" zielt darauf ab, hochwertige, bezahlbare und leicht zugängliche Pflege- und Betreuungsdienste in der gesamten Europäischen Union zu gewährleisten. Zu den Vorschlägen für Ratsempfehlungen zählt zum einen die Überarbeitung der "Barcelona-Ziele" für die frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung sowie zum anderen die Verbesserung der Langzeitpflege. Die Vorschläge der Europäischen Kommission werden nun von den Mitgliedstaaten erörtert.
"Bei der 'Europäischen Strategie für Pflege und Betreuung' stehen die Menschen im Mittelpunkt. Die EU erkennt den Wert der Pflege- und Betreuungsarbeit an, und dieser Wert muss sich in besseren Arbeitsbedingungen und einer besseren Entlohnung niederschlagen. Menschen, die Langzeitpflege benötigen, müssen auf erschwingliche und hochwertige Dienste zugreifen können, so dass sie ein Leben in Würde führen können. Ich bin zuversichtlich, dass diese Strategie dazu führen wird, dass informelle und professionelle Pflege und Betreuung den Respekt und die Investitionen erhalten, die sie verdienen", bekräftigte dazu Nicolas Schmit, Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte.
Das Ziel – Bessere Arbeitsbedingungen bei Betreuungs- und Pflegediensten, bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben
Erschwingliche und gut zugängliche Betreuungs- und Pflegedienste von hoher Qualität kommen allen Altersgruppen zugute. So wirkt sich die Teilnahme an der frühkindlichen Bildung positiv auf die Entwicklung der Kinder aus und verringert auch im späteren Leben das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung. Die Langzeitpflege ermöglicht es Menschen, die im Alltag auf Hilfe angewiesen sind, in Würde zu leben. Doch für viele Menschen sind solche Dienste nach wie vor nicht leistbar, nicht verfügbar oder nicht zugänglich. Investitionen in Pflege und Betreuung sind daher zur Gewinnung von Fachkräften und zur Schaffung von Arbeitsplätzen essenziell. Investitionen in hochwertige Pflege und Betreuung tragen dazu bei, die Erwerbsbeteiligung von Frauen sowie die Gleichstellung der Geschlechter hinsichtlich Einkommen und Rente zu verbessern. 90 Prozent der professionellen Pflege- und Betreuungskräfte sind nach Angaben der Kommission Frauen; 7,7 Millionen Frauen sind wegen Pflege- und Betreuungsaufgaben nicht erwerbstätig.
"Barcelona-Ziele": Frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung sicherstellen
Die Europäische Kommission schlägt zur Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen eine Überarbeitung der sogenannten "Barcelona-Ziele" seitens der EU-Mitgliedstaaten vor. Bis 2030 sollen mindestens 50 Prozent der Kinder unter 3 Jahren und 96 Prozent der Kinder zwischen 3 Jahren und dem gesetzlichen Einschulungsalter an frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung teilnehmen. Die "Barcelona-Ziele" waren bereits 2002 vom Europäischen Rat angenommen worden und hatten festgelegt, dass sich in den EU-Staaten bis 2010 33 Prozent der Kinder unter 3 Jahren und 90 Prozent der Kinder zwischen 3 und 5 Jahren in formeller Kinderbetreuung befinden sollten.
Über die "Barcelona-Ziele" hinaus gibt die Kommission den EU-Mitgliedstaaten unter anderem Empfehlungen zur Sicherstellung von Kinderbetreuung in Stadt und Land, zur Etablierung eines Rechtsanspruchs auf frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung, zur Prüfung der Zahl der Wochenstunden, um Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, und zu einer gerechteren Aufteilung der Kinderbetreuungspflichten zwischen den Elternteilen.
Langzeitpflege: Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Qualität von Pflege verbessern
Die Europäische Kommission empfiehlt den EU-Mitgliedstaaten, nationale Aktionspläne aufzustellen, um die Verfügbarkeit, die Zugänglichkeit und die Qualität der Pflege für alle Menschen in der EU beispielsweise durch folgende Punkte zu verbessern:
- Rechtzeitige Sicherstellung von umfassenden und bezahlbaren Pflegeleistungen für Personen mit Langzeitbedarf für einen angemessenen Lebensstandard;
- Bereitstellung eines ausgebauten Angebots an Langzeitpflegediensten (häusliche Pflege, gemeindenahe Pflege und stationäre Pflege); Beseitigung geografischer Unterschiede beim Zugang zu Langzeitpflege; Schaffung von barrierefreien digitalen Lösungen für die Erbringung von Pflegediensten; Gewährleistung des Zugangs von Menschen mit Behinderungen zu Langzeitpflegediensten und -einrichtungen;
- Festlegung hoher Qualitätskriterien und -standards für Anbieter von Langzeitpflege;
- Unterstützung pflegender Angehöriger und Nahestehender (häufig Frauen und Familienmitglieder der Pflegebedürftigen) durch Schulungen, Beratung sowie psychologische und finanzielle Hilfen;
- Mobilisierung einer angemessenen und nachhaltigen Finanzierung der Langzeitpflege, unter anderem aus EU-Mitteln.
Faire Arbeitsbedingungen und Berufsbildung für Betreuungs- und Pflegepersonal
Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und um mehr Menschen, insbesondere Männer, für den Betreuungs- und Pflegesektor zu gewinnen, werden den EU-Mitgliedstaaten die Förderung von Tarifverhandlungen und des sozialen Dialogs, höchste Sicherheitsstandards und Gesundheitsschutz, Angebote der Weiterbildung und die Eindämmung von Geschlechter-Stereotypen empfohlen. Die Europäische Kommission möchte zudem die Einrichtung eines neuen sektoralen sozialen Dialogs für Sozialdienstleistungen auf EU-Ebene prüfen, eine Kompetenzpartnerschaft fördern, Projekte und Forschungsvorhaben finanzieren, Arbeitsbedingungen auf EU-Standards überprüfen, Zulassungsbedingungen und Rechte von Langzeitpflegekräften aus Nicht-EU-Ländern erfassen und das Programm "Erasmus+" für Fachkräfte in der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung bekannt machen.
Hintergrund: Sicherstellung bestmöglicher Pflege und bestmöglicher Balance zwischen Familie und Beruf
Die "Europäische Strategie für Pflege und Betreuung" unterstützt die Umsetzung mehrerer in der europäischen Säule sozialer Rechte verankerter Grundsätze – insbesondere Gleichstellung der Geschlechter, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Betreuung und Unterstützung von Kindern und sowie Langzeitpflege.
Die "Europäische Strategie für Pflege und Betreuung" wird auch zur Erreichung der 3 sozialen Kernziele der EU für 2030 in den Bereichen Beschäftigung, Kompetenzen und Armutsbekämpfung beitragen. Die Empfehlung zu den sogenannten "Barcelona-Zielen", die Teil der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 ist, stützt sich auf andere EU-Initiativen, darunter die Empfehlung zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung, die EU-Kinderrechtsstrategie und die Empfehlung zur Europäischen Garantie für Kinder.
Weitere Informationen
- Eine auf alle Beteiligten ausgerichtete Europäische Strategie für Pflege und Betreuung, Pressemitteilung der Europäischen Kommission
- Kommission stellt Europäische Strategie für Pflege und Betreuung vor, Pressemitteilung der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland
- Europäische Strategie für Pflege und Betreuung, Website der Europäischen Kommission
- Fragen und Antworten: Europäische Strategie für Pflege und Betreuung, Website der Europäischen Kommission
- Merkblatt: Europäische Pflegestrategie, Website der Europäischen Kommission
- Mitteilung über die Europäische Strategie für Pflege und Betreuung, Website der Europäischen Kommission
- Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur Überarbeitung der Barcelona-Ziele zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung, Website der Europäischen Kommission
- Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates über den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege, Website der Europäischen Kommission
- Bericht 2021 über die Langzeitpflege, Website der Europäischen Kommission (auf Englisch)
- Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025, Website der Gleichbehandlungsanwaltschaft