"Grünes Licht" für CBAM: Rat erzielt Einvernehmen über das CO2-Grenzausgleichssystem
Ab 2026 sollen Abgaben auf bestimmte Waren erhoben werden, bei deren Produktion im EU-Ausland CO2 ausgestoßen wird – Finanzminister Brunner: "Wichtiger Schritt in Richtung Fairness" – CBAM Schlüsselelement des "Fit for 55"-Pakets und Beitrag zur Erreichung der europäischen Klimaziele
Die Finanzministerinnen und -minister der 27 EU-Mitgliedstaaten haben am Rande ihrer Ratstagung am 15. März 2022 Einvernehmen (allgemeine Ausrichtung) über die Verordnung zum Kohlenstoffdioxid(CO2)-Grenzausgleichssystem erzielt. Mit dem CBAM (kurz für: "Carbon Border Adjustment Mechanism" – auf Deutsch: Grenzausgleichssystem für Kohlenstoffdioxid) sollen ab dem Jahr 2026 Abgaben auf bestimmte Waren erhoben werden, bei deren Produktion im EU-Ausland CO2 ausgestoßen wird. Zunächst soll dies die Sektoren Zement, Eisen, Stahl, Aluminium, Düngemittel sowie Strom betreffen. Um den administrativen Aufwand möglichst gering zu halten, sieht der Rat einen Mindestschwellenwert vor, mit dem Sendungen mit einem Wert von weniger als 150 Euro von den Verpflichtungen des CBAM ausgenommen werden.
Der CBAM soll, als eines der Schlüsselelemente des Pakets "Fit for 55", zu vergleichbaren Kosten für Importgüter und in der EU produzierte Produkte führen. EU-Hersteller müssen nämlich durch das Emissionshandelssystem (EHS) bereits für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 über Zertifikate bezahlen. Die CO2-Preise für ausländische Hersteller sollen sich an den Emissionszertifikaten orientieren – wenn sie bereits im Ausland für ihre Emissionen gezahlt haben, müssten sie nicht zahlen. Um CBAM umzusetzen, müssen sich die EU-Staaten über eine geplante Reform des Emissionshandels verständigen.
Finanzminister Brunner: "Wichtiger Schritt in Richtung Fairness"
Bruno Le Maire, französischer Minister für Wirtschaft, Finanzen und Aufschwung, betonte: "Die im Rat erzielte Einigung über das CO2-Grenzausgleichssystem ist ein Sieg für die europäische Klimapolitik. Sie wird uns ein Instrument in die Hand geben, um die Dekarbonisierung unserer Industrie zu beschleunigen und sie gleichzeitig vor Unternehmen aus Ländern mit weniger ehrgeizigen Klimazielen zu schützen. Sie wird auch Anreize für andere Länder schaffen, nachhaltiger zu werden und weniger Emissionen auszustoßen."
"Produzenten, die Waren in Ländern mit einer weniger ambitionierten Klimapolitik eventuell günstiger produzieren können, würden auf dem europäischen Markt Kostenvorteile haben", erläuterte Finanzminister Magnus Brunner. Deshalb brauche es ein "System, das einen Ausgleich des CO2-Preises zwischen einheimischen Produkten und Einfuhren herstellt". Die Einigung sei daher als ein "wichtiger Schritt in Richtung Fairness" zu sehen, so Brunner.
Die nächsten Schritte
Der Rat muss noch Fortschritte bei einer Reihe von Fragen mit engem Bezug zum CBAM erzielen, die nicht Teil des Entwurfs des Rechtstextes der CBAM-Verordnung sind. Dies betrifft insbesondere die schrittweise Abschaffung der mit der EU-EHS-Richtlinie eingeführten kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten an Industriesektoren, die unter das CBAM fallen, und geeignete Lösungen für das Problem der Begrenzung potenzieller Verlagerungen von CO2-Emissionen aus Ausfuhren, damit die wirtschaftliche Effizienz, die Umweltintegrität und die Vereinbarkeit des CBAM mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) sichergestellt werden.
Sobald im Rat ausreichende Fortschritte erzielt worden sind, wird der Rat die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufnehmen. Das am 15. März 2022 erzielte Einvernehmen über den Text bildet dabei die Grundlage für den Standpunkt des Rates in den künftigen Verhandlungen mit dem Parlament.
Hintergrund
Einen entsprechenden Vorschlag hatte die Europäische Kommission dem Rat im Rahmen von "Fit for 55" bereits am 14. Juli 2021 vorgelegt. Ziel des CBAM ist es, dem Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen infolge asymmetrischer klimapolitischer Maßnahmen von Drittstaaten (in denen die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels weniger ehrgeizig sind als jene der EU) entgegenzuwirken. Die Anwendung des CBAM würde verhindern, dass die Anstrengungen der Union zur Emissionsminderung durch steigende Emissionen außerhalb der Union aufgrund der Verlagerung der Produktion in Drittstaaten oder der gestiegenen Einfuhr von CO2-intensiven Erzeugnissen wieder zunichte gemacht werden.
Der CBAM, als Teil des "Fit for 55"-Pakets, soll die EU-Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. Das Paket "Fit for 55" umfasst eine Reihe von Vorschlägen zur Überarbeitung und Aktualisierung der klima-, energie- und verkehrsbezogenen Rechtsvorschriften der EU, enthält aber auch Vorschläge für neue Initiativen. "Fit for 55" wird aktuell über verschiedene Politikbereiche und Ratsformationen hinweg erörtert, beispielsweise in den Bereichen Umwelt, Energie, Verkehr oder Wirtschaft und Finanzen.