"EUropa erfahren": Junge Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte aus Österreich erkunden Brüssel
Mehrtägige Studienreise in die "europäische Hauptstadt" – Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an" ist Best-Practice-Projekt aus Österreich
18 Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte aus fast allen österreichischen Bundesländern hatten von 25. bis 29. September 2022 die Möglichkeit, Brüssel "von innen" kennenzulernen. "Ich freue mich, dass es nach Jahren Covid-19-bedingter Pause wieder möglich ist, Reisen in die 'europäische Hauptstadt' durchzuführen. Denn die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte üben auf lokaler und regionaler Ebene eine wichtige Aufgabe aus, sind sie doch häufig die erste Anlaufstelle bei Fragen der Bürgerinnen und Bürger. Sie bringen die EU in die Regionen und Gemeinden – und damit genau dorthin, wo die Menschen sich Lösungen für aktuelle Herausforderungen erwarten", betonte Europaministerin Karoline Edtstadler, die sich für das Engagement der ehrenamtlich tätigen Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte bedankte.
Die Brüssel-Reise wurde von der Europäischen Kommission – Vertretung in Österreich und vom Europäischen Parlament – Verbindungsbüro in Österreich gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt Österreich organisiert. Als bewusstes Zeichen im "Europäischen Jahr der Jugend" 2022 setzte sich der Kreis der Teilnehmenden aus jungen Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäten zusammen.
Per Nachtzug nachhaltig nach Brüssel
Die teilnehmenden Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte waren am 25. September 2022 klimafreundlich per Nachtzug nach Brüssel gereist – entsprechend einem der thematischen Schwerpunkte der Reise, nämlich Nachhaltigkeit. Am Wiener Hauptbahnhof hatten Martin Selmayr, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, sowie der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, die jungen Mandatarinnen und Mandatare verabschiedet. Selmayr betonte: "Bereits die Zugfahrt führt durch verschiedene Länder und unterstreicht so die europäische Dimension dieser Reise. So aktive Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte wie in Österreich gibt es sonst nirgendwo." Karas strich hervor: "Die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte sowie Informationsreisen zählen zu den besten Initiativen, die es rund um die EU gibt. Vielen Dank für Eure Arbeit!"
Philipp Löffler aus Gmünd (Niederösterreich) meinte bei der Abreise: "Ich bin für die Gemeinde Schrems mit dabei. Schrems liegt im nördlichen Waldviertel ziemlich nahe an der tschechischen Grenze. Meine Erwartung ist, dass man Brüssel noch mehr als eine europäische Hauptstadt sehen kann – und nicht als eine 1.000 Kilometer entfernte Stadt in Belgien." Felix Hell aus Telfs (Tirol), der "am weitesten nach Wien angereist" war, freute sich besonders darauf, "die Institutionen kennenzulernen und auf den Dialog mit den Kolleginnen und Kollegen. Und ich freue mich darauf, die Gemeinde als kleinste Infrastruktur in der quasi größten zu vertreten." Sofia Palzer-Khomenko aus Simmering (Wien) betonte: "Als Bezirksrätin in Wien-Simmering habe ich normalerweise mit meinem unmittelbaren Umfeld zu tun. Also direkt mit dem, was rund um mich passiert. Ich finde es sehr spannend und auch wichtig für ein Gesamtbild, alle Ebenen zu kennen, verschiedenste Eindrücke und Einblicke zu bekommen, in diesem Fall in die EU-Ebene, weil alles miteinander zusammenhängt und zu tun hat. Europa ist für mich ein riesiges Demokratieprojekt."
"Europäische" Einblicke in relevante EU-Themen und die Funktionsweise der Institutionen
Am Programm der mehrtägigen Studienreise standen vor Ort neben Fachvorträgen etwa zum europäischen "Green Deal" und dem "Europäischen Jahr der Jugend" vor allem der Krieg in der Ukraine und dessen Folgen hinsichtlich Energieversorgung und ökologische Transformation. Auch das Thema Desinformation und die diesbezüglichen Arbeiten des Europäischen Auswärtigen Dienstes, die Programme der Kommission zur Regionalförderung sowie die EU-weite Implementierung der Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an" wurden mit Expertinnen und Experten diskutiert.
Ein weiteres Ziel der Studienreise: Einblicke bekommen, Ideen austauschen und Kontakte pflegen – dies alles zählte zum konkreten Nutzen für die teilnehmenden Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte:
- Jürgen Ozwirk aus St. Andrä/Lavanttal (Kärnten): "Ich bin schon das fünfte oder sechste Jahr Europa-Gemeinderat. Ohne die EU geht nichts! Der größte Mehrwert, vor allem für junge Menschen, ist die Reisefreiheit innerhalb der EU und auch die zahlreichen Möglichkeiten durch Programme wie Erasmus+. Es war toll, während der Reise so viele interessierte Leute kennenzulernen, die alle ein gleiches Thema haben, nämlich Europa – aber mit anderen Sichtweisen. Wir wollen weiterhin in Kontakt bleiben."
- Theres Gruber aus Rohr im Gebirge (Niederösterreich): "Ich freue mich, viel für die Gemeinde daheim und für mich persönlich mitzunehmen. Ich glaube, dass es gerade für den ländlichen Raum wichtig ist – und ich komme aus einer ganz kleinen Gemeinde – den europäischen Gedanken stärker zu etablieren."
- Oliver Mitterlechner aus Hallein (Salzburg): "Das Thema EU – die Institutionen, der europäische Gedanke – müsste viel stärker an die Bevölkerung kommuniziert werden. Das ist meine Hauptmotivation, warum ich mich als Europa-Gemeinderat gemeldet habe – ich möchte nicht nur Zuschauer dieses Prozesses sein, sondern diesen durch Basisarbeit aktiv mitgestalten und kommunizieren. Einige von uns kommen aus kleinen Gemeinden, andere aus größeren Städten. Wir haben unterschiedliche Erfahrungen gemacht und können viel voneinander lernen!"
- Kristina Anna Müller aus Bleiburg/Pliberk (Kärnten): "Gut wäre es, wenn Förderungen besser sichtbar und generell bekannter gemacht werden. Wir haben in der Gemeinde bereits Projekte mit Interreg umgesetzt, da wir an der Grenze zu Slowenien liegen. Die größten spürbaren Vorteile der EU sind die Mobilität und das Reisen, da wir in einer Grenzregion leben. Europa bedeutet für mich, insbesondere aktuell: Frieden."
- Martin Spika aus Hausleiten (Niederösterreich): "Wir haben in der Gemeinde bereits Projekte umsetzen können, die wir sonst nie hätten bewerkstelligen können, dank der EU-Förderungen für den ländlichen Raum, durch LEADER. Europa bedeutet für mich: Zusammenhalt und Gemeinschaft. Der Besuch in Brüssel hat mir gezeigt: Jede Stimme zählt – auch jene der kleineren Staaten! Egal ob auf EU-Ebene oder in Österreich: Es wäre gut, wenn die Wege verkürzt und vereinfacht werden könnten – egal ob es sich um die Akquise von Förderungen handelt oder bei Entscheidungsprozessen."
- Tamara Neuhauser aus Kirchberg-Thening (Oberösterreich): "Ich möchte den Bürgerinnen und Bürgern vermitteln, dass die EU einfach nicht mehr so weit von uns entfernt ist und dass wir sehr wohl Vorteile aus unserer Mitgliedschaft haben, etwa durch Förderungen. Wenn die EU finanziell etwas beisteuert, setzt sie damit auch ein symbolisches Zeichen. Man sieht jetzt in der Krise, wie wichtig die EU ist – und dass sie noch wichtiger wird. Der Kontakt über die Partei- und Bundesländergrenzen hinweg bringt viel, weil wir als Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte gemeinsam auf neue Ideen kommen."
Europäische Kommission, Ständige Vertretung und Europäisches Parlament "inside"
Die österreichischen Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte hatten Gelegenheit, sich in Brüssel mit hochrangigen politischen Vertreterinnen und Vertretern auszutauschen. So nahm sich Kommissar Johannes Hahn, zuständig für Haushalt und Verwaltung, im 13. Stock des Berlaymont-Gebäudes – wo die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, ihr Büro hat – ausführlich Zeit für ein Gespräch über die Herausforderungen, welche die EU gegenwärtig zu bewältigen hat. "Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte sind die Brücke zwischen Brüssel und den Bürgerinnen und Bürgern. Ich habe mich sehr gefreut, eine Gruppe von Ihnen heute in Brüssel zu begrüßen und mit Ihnen über Europa zu debattieren!"
Welcher Zusammenhang besteht zwischen der österreichischen politischen Ebene und der EU? Wie funktioniert dieses "Zusammenspiel" in der Praxis? Mit welchen Themen setzen sich die an der Ständigen Vertretung in Brüssel tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktuell auseinander, und wie ist der Status Quo bezüglich der von der EU verhängten Sanktionspakete gegen Russland? Spannende Hintergründe dazu erläuterte Botschafter Nikolaus Marschik, Ständiger Vertreter Österreichs bei der EU, aus erster Hand. Denn die Ständige Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union nimmt eine Schlüsselrolle zwischen Wien und Brüssel ein, ist sie doch für die Verhandlungen zu allen relevanten EU-Themen sowie die Vorbereitung der Tagungen des Rates der EU (auf Ebene der Ministerinnen und Minister) sowie des Europäischen Rates (auf Ebene der 27 EU-Staats- und -Regierungschefs) zuständig.
Daniela Fraiß, Leiterin des Büros des Österreichischen Gemeindebundes in Brüssel, unterstrich in ihrem Vortrag die Bedeutung der Interessenvertretung für Kommunen, Regionen und Städte auf EU-Ebene. Im Rahmen eines interaktiven Workshops, durchgeführt von Antonia Kühnel, Leiterin des Besuchs- und Informationsdienstes an der Ständigen Vertretung, konnten die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte praktische Ideen und Inputs für ihre konkrete Tätigkeit auf lokaler und regionaler Ebene erarbeiten und austauschen.
Wie das Europäische Parlament arbeitet, erfuhren die jungen Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte direkt von österreichischen EU-Abgeordneten: Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Evelyn Regner, sowie die Abgeordneten Lukas Mandl (ÖVP/EVP), Andreas Schieder (SPÖ/S&D) und Monika Vana (Grüne/Greens) informierten in Briefings unter anderem über die Sanktionen, welche die EU gegen Russland aufgrund des Krieges in der Ukraine verhängt hat, aber auch über die europäischen Beitritts-Perspektiven der 6 Westbalkan-Staaten als Schwerpunkt der österreichischen Europa- und Außenpolitik, die EU-Erweiterung sowie Energieversorgungssicherheit. Ein Austausch mit dem Ersten Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, sowie eine Führung durch das Haus bis zu dessen "Herzstück" – dem Plenarsaal – rundeten das intensive Besuchsprogramm ab.
Hintergrund: Über die Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an"
Die parteiübergreifende Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an" existiert in Österreich seit 2010 und wird von 5 Partner-Institutionen getragen: federführend vom Bundeskanzleramt, des Weiteren vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, von der Europäischen Kommission – Vertretung in Österreich, vom Europäischen Parlament – Verbindungsbüro in Österreich sowie vom Österreichischen Gemeindebund. Das Netzwerk soll nun – auf Initiative der Europäischen Kommission und nach österreichischem Vorbild – in allen EU-Staaten implementiert werden.
Das mittlerweile über 1.500 Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte zählende Netzwerk baut österreichweit die kommunikative "Brücke" zwischen den Menschen auf lokaler und regionaler sowie den Institutionen auf österreichischer und europäischer Ebene. Die Europa-Gemeinderätinnen und Europa-Gemeinderäte vermitteln EU-Inhalte, erklären Europa vor Ort und halten die Bürgerinnen und Bürger über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden – etwa mittels Artikeln in Gemeindezeitungen und auf Gemeinde-Websites oder durch die Organisation von "Europa-Stammtischen" und anderen Veranstaltungen. Auch tragen sie relevante Anliegen und Anregungen der Bürgerinnen und Bürger an die österreichische Bundesregierung sowie die Partner-Institutionen der Initiative heran.
Weitere Informationen
- Website der Initiative "Europa fängt in der Gemeinde an"
- Ständige Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union
- Europäische Kommission
- Europäische Kommission – Vertretung in Österreich
- Europäisches Parlament
- Europäisches Parlament – Verbindungsbüro in Österreich
- Büro des Österreichischen Gemeindebundes in Brüssel