Verfassungsministerin Edtstadler: "Der moderne Rechtsstaat ist da"
Abschaffung des Amtsgeheimnisses ab 1. September 2025
"Die österreichische Bundesregierung schafft ein neues Verständnis für den Rechtsstaat. Wir gehen mit den Bürgerinnen und Bürgern den Weg ins 21. Jahrhundert und schaffen das Amtsgeheimnis mit 1. September 2025 ab. Damit setzen wir einen historischen Schritt. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Zugang zu Informationen ist ein Paradigmenwechsel", sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler heute beim Pressefoyer nach dem Ministerrat im Parlament, das sie gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler abhielt. Im Nationalrat wird heute über das Informationsfreiheitsgesetz abgestimmt.
Die Verfassungsministerin erinnerte daran, dass die Verhandlungen mehr als dreieinhalb Jahre gedauert hatten. Zum Begutachtungsentwurf aus dem Jahr 2021 waren über 200 Stellungnahmen eingebracht worden, die breit diskutiert wurden. Zuletzt waren auch Expertinnen und Experten im Verfassungsausschuss gehört worden, deren Vorschläge zur Klarstellung Eingang in den nun vorliegenden Gesetzesentwurf gefunden hätten. "Es hat lange gedauert. Aber wenn man einen derart großen Paradigmenwechsel durchführt und das Amtsgeheimnis, das im Jahr 2025 für 100 Jahre in der Bundesverfassung gewesen sein wird, abschafft, dann sollte man sich die Zeit nehmen und das mit allen, die es betrifft, auch entsprechend verhandeln", sagte Edtstadler.
Informationsfreiheit darf Verwaltung nicht lahmlegen
"Der moderne Rechtsstaat ist da. Wir haben aber immer einen ganz großen Wert darauf gelegt, dass wir eine Abwägung schaffen zwischen dem Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger im 21. Jahrhundert und einem Augenmaß für die Verwaltung. Denn hier darf es nicht zu einer Lähmung der Verwaltung kommen. Es war unser Anspruch, mit diesem ganz wesentlichen Gesetz auf die Höhe des 21. Jahrhunderts zu kommen", so die Verfassungsministerin.
Mit dem heutigen Beschluss werde das Amtsgeheimnis, ein Relikt der Verfassung, abgeschafft und ein Grundrecht auf Zugang zu Informationen realisiert. Dieses besteht aus 2 Säulen. "Erstens werden Informationen, die von allgemeinem Interesse sind, zukünftig proaktiv zu veröffentlichen sein. Zum zweiten wird es auf Anfrage von Bürgerinnen und Bürgern, aber natürlich auch von Journalistinnen und Journalisten, eine passive Informationspflicht geben", so Edtstadler.
Proaktive Informationspflicht: Gemeinden unter 5.000 Einwohnern ausgenommen
Die proaktive Informationspflicht gilt für alle Organe der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit, den Nationalrat, den Bundesrat, den Rechnungshof und die Volksanwaltschaft. Von der proaktiven Informationspflicht sind aber Gemeinden unter 5.000 Einwohnern ausgenommen. "Es ist mir ganz wichtig zu betonen, dass wir keine Lahmlegung der Verwaltung wollten. Wir wollen gerade die kleinen Einheiten schützen. Es ist aber natürlich möglich, dass auch Gemeinden unter 5.000 Einwohner proaktiv ihre Informationen zur Verfügung stellen. Zum zweiten ist jede Gemeinde unabhängig von der Größe verpflichtet, auf direkte Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern zu antworten", so die Verfassungsministerin.
Unternehmen, Stiftungen, Fonds und Anstalten
Die große Neuerung ist, dass zukünftig auch Unternehmen, Stiftungen, Fonds und Anstalten auf Anfrage Informationen zur Verfügung stellen müssen. Wie bei allen anderen gelte auch, Geheimhaltungsgründe zu berücksichtigen. Dies gelte etwa für den Staat, wenn es um Sicherheitsfragen geht. "Bei den Unternehmen, Stiftungen, Fonds und Anstalten kommt noch hinzu, dass Informationen dann nicht zu erteilen sind, wenn die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt wäre. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt", so Edtstadler, die sich abschließend bei allen Partnern für die gemeinsame Erarbeitung des Gesetzes bedankte.
(Dieses Video auf YouTube ansehen.)
Bilder von diesem Termin sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.