Verfassungsministerin Edtstadler: Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft nichts verloren
Präsentation des 2. Umsetzungsberichts der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus
"Jeder antisemitische Vorfall in unserer Gesellschaft ist ein Vorfall zu viel. Dennoch darf ich sagen, dass der Antisemitismus-Bericht der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) im ersten Halbjahr 2022 ergeben hat, dass wir einen Rückgang der antisemitischen Vorfälle um rund ein Drittel verzeichnen. Das ist erfreulich und etwas, das wir auch darauf zurückführen, dass wir kontinuierlich daran arbeiten, die antisemitischen Vorfälle zurückzudrängen und eine Gesellschaft frei von Antisemitismus zu erreichen", hielt Verfassungsministerin Karoline Edtstadler anlässlich der Präsentation des 2. Umsetzungsberichts der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus fest, die sie gemeinsam mit IKG-Präsident Oscar Deutsch im Bundeskanzleramt durchführte. Dies sei aber kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen, denn gerade bei Jugendlichen sei ein Anstieg zu verzeichnen.
Die Präsentation biete die Gelegenheit, eine Rückschau auf bereits Erreichtes zu halten. Als einer der ersten Mitgliedstaaten der Europäischen Union habe Österreich seine Nationale Strategie gegen Antisemitismus mit 38 Maßnahmen vorgestellt und sich damit als Vorreiter und Impulsgeber innerhalb der Europäischen Union positioniert. Mittlerweile gebe es 15 Mitgliedstaaten, die eine vergleichbare nationale Strategie gegen Antisemitismus verfolgten. Das sei ein "Beleg dafür, dass wir in einem gemeinsamen Europa auch unsere gemeinsamen Werte leben und verteidigen", so Edtstadler, die festhielt, dass trotz der vielen Krisen, die Europa in den letzten Monaten und Jahren beschäftigt hätten, "der Kampf gegen Antisemitismus, für eine Gesellschaft frei von derartigem Antisemitismus" eine Konstante in ihrer Arbeit gewesen sei.
Von 38 Maßnahmen bereits 26 zur Gänze umgesetzt
Die Verfassungsministerin zeigte sich erfreut darüber, dass von den 38 Maßnahmen, die in der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus vorgesehen sind, mittlerweile 26 zur Gänze umgesetzt worden seien und dass sich alle weiteren bereits in Umsetzung befänden.
2021, im Jahr der Verabschiedung der Strategie, seien bereits erste Meilensteine umgesetzt worden. Dazu zählen etwa das österreichisch-jüdische Kulturerbe-Gesetz mit einem Fördervolumen von 4 Millionen Euro jährlich zur Förderung jüdischen Lebens, sowie Maßnahmen im Bereich von Schulungen, Ausbildung und Fortbildung von Sicherheitsbehörden, Justiz und des Bundesheeres. Zudem konnte die Sensibilität für das Thema weiter erhöht werden.
2022 sei im Zeichen der Vernetzung gestanden. Die Verfassungsministerin erinnerte an die Gründung des Nationalen Forums gegen Antisemitismus, das der besseren Vernetzung zwischen Bund, Ländern, Gemeinden, Sozialpartnern, aber auch Vereinen, Museen etc. diene. Dieser Austausch solle auch künftig zumindest einmal jährlich stattfinden. Weiters wurde die European Conference on Antisemitism initiiert, bei der die Sonderbeauftragten der Europäischen Union im Kampf gegen Antisemitismus in Wien zusammentrafen.
Mit der Wiener Deklaration, die mittlerweile von 11 Mitgliedstaaten unterzeichnet worden sei, trete man für eine Vergleichbarkeit der Daten in ganz Europa ein, um effektiv gegen Antisemitismus vorgehen zu können. "Denn für mich ist nicht die Strafbarkeitsschwelle ausschlaggebend, sondern es beginnt schon sehr viel früher. Das sollte in allen Mitgliedstaaten Europas auch entsprechend gleichmäßig festgehalten werden. Das ist das erklärte Ziel der Wiener Deklaration. Ich hoffe, dass sich im Laufe der Zeit noch mehr Staaten anschließen", so Edtstadler. Zusätzlich werde in Österreich ein Gesetzesvorschlag für eine Novellierung des Verbotsgesetzes erarbeitet.
Etablierung der Klangwelten Kanzleramt und der Namensmauern Gedenkstätte
Besonders erfreut zeigte sich die Verfassungsministerin auch über die Einführung des Kunst- und Kulturformats Klangwelten Kanzleramt, das es sich zur Aufgabe macht, jüdisches Leben vor den Vorhang zu holen – so das Motto der Veranstaltungsreihe 2022.
Auch das jüngste Projekt, die Namensmauern Gedenkstätte im Wiener Ostarrichipark, wo über 64.000 Namen von ermordeten Jüdinnen und Juden festgehalten sind, habe 2022 in die Erinnerungskultur Eingang gefunden und sei mittlerweile fixer Bestandteil des Gedenkens in Österreich. Es sei mittlerweile ein Ort, wo Angehörige ihrer ermordeten Vorfahren gedenken. Dieser müsse jedoch international erst ankommen, denn die Nachfahren in Kanada, Amerika oder Israel müssten erst erfahren, dass es diesen Ort gibt. Für alle, denen es nicht möglich sei, nach Wien zu kommen, werde es aber auch eine zweibändige Dokumentation geben, wo unter anderem die über 64.000 Namen festgehalten sind und die man Zuhause nachschlagen könne.
Meine Vision ist eine Gesellschaft frei von Antisemitismus
"Wir können im Parlament Gesetzesvorschläge und Gesetzesvorhaben verabschieden, aber im Endeffekt wird uns das alles nichts nützen, wenn wir nicht die Gesellschaft dazu bringen, gegen Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen vorzugehen. Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft nichts verloren. Wir werden es nicht zulassen, dass er sich weiterverbreitet. Meine Vision ist eine Gesellschaft frei von Antisemitismus, auch stellvertretend für alle anderen Arten, die Menschen ausgrenzen. Ich werde mich mit allem, was mir zur Verfügung steht, auch weiterhin in diesem Kampf engagieren", so die Verfassungsministerin abschließend.
Präsentation des 2. Umsetzungsberichtes der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus
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