Bundesministerin Edtstadler: Vertrauen in den unabhängigen Rechtsstaat muss gestärkt werden
Bundesregierung einigt sich auf Einführung eines unabhängigen, weisungsfreien Bundesstaatsanwalts – Informationsfreiheitsgesetz sowie Nationaler Wiederaufbau- und Resilienzplan weitere Themen
"Wir haben uns darauf geeinigt, einen unabhängigen, weisungsfreien Bundesstaatsanwalt einzuführen. Es ist alles zu tun, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat, in die unabhängige Justiz zu stärken. Das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Justiz ist groß und wir dürfen auf keinen Fall riskieren, dass wir ins Hintertreffen geraten. Deshalb sind wir gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass es einen unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalt braucht", hielt Verfassungsministerin Karoline Edtstadler im Pressefoyer nach dem Ministerrat, das sie gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler absolvierte, fest.
"Es geht auch darum, die Beschuldigtenrechte der Einzelnen zu wahren und zu stärken. Artikel 6 der Europäischen Menschrechtskonvention spricht von einem fairen Verfahren. Deshalb wollen wir im Zuge dieser Einführung des unabhängigen Bundesstaatsanwalts auch die Rechte der Beschuldigten und die Rolle des Richters im Ermittlungsverfahren entsprechend stärken und dafür sorgen, dass es, wenn es nach einer langen Verfahrensdauer zu einem Freispruch kommt, einen entsprechenden Kostenersatz gibt", betonte die Verfassungsministerin. All das werde nun in einem jetzt beginnenden Prozess auch entsprechend mit allen Beteiligten – den Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, aber auch der Wissenschaft – diskutiert, und dabei überlegt, wie eine Umsetzung unter Einhaltung höchster Qualitätskriterien schnellstmöglich realisiert werden könne.
Vizekanzler Werner Kogler skizzierte zuvor in seinem Statement die Eckdaten des geplanten unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalts: Dieser solle die Weisungskette vom Justizminister weg ersetzen. Die Unabhängigkeit solle gestärkt werden durch einen geänderten Bestellmodus, an dessen Ende die Bestellung durch den Bundespräsidenten erfolge. Das entsprechende Verfahren sei noch offen, die persönlichen und fachlichen Qualifikationen würden entsprechend festzulegen sein. Auch die Dauer der Amtsausübung müsse eine gewisse Länge haben, um die Unabhängigkeit zu gewährleisten. Der Vizekanzler verwies in diesem Zusammenhang auf Parallelen mit dem Rechnungshof. Zudem solle die rechtliche Verantwortung auch hinsichtlich des Verhältnisses zum Parlament gewährleistet bleiben, in der Praxis könne sich das Parlament allerdings nicht in laufende Verfahren einmischen.
Informationsfreiheitsgesetz in Begutachtung geschickt
Karoline Edtstadler berichtete weiters, dass am Montag das Informationsfreiheitsgesetz in Begutachtung geschickt wurde. Dies sei zwar nicht Thema des Ministerrats gewesen, aber "es hat natürlich zu tun mit der Stärkung des Vertrauens in den Rechtsstaat". Das Paket mit der Abschaffung des Amtsgeheimnisses leite einen wahren Paradigmenwechsel ein und werde den Weg hin zu einem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Information gewährleisten. "Der Staat hat nichts zu verbergen und der Staat will in einer Informationsgesellschaft diesem Informationsinteresse auch nachkommen", so Edtstadler. Eine entsprechende Übergangsfrist von 18 Monaten würde gewährleisten, dass sich alle Betroffene, wie Länder, Städte und Gemeinden, auf die geänderten Verhältnisse einstellen können.
Nationaler Wiederaufbau- und Resilienzplan
In ihrer Funktion als Europaministerin informierte Edtstadler auch über den Aufbau und Resilienzplan der Europäischen Union. Dieser stellt zur Abfederung der Folgen der Corona-Krise insgesamt 672,5 Milliarden Euro an Zuschüssen und Darlehen zur Verfügung: "Jetzt geht es darum, Meilensteine einzumelden, einen nationalen Plan vorzulegen, wie wir diese Gelder – und Österreich bekommt rund 3 Milliarden Euro – auch entsprechend treffsicher einsetzen". Dazu habe sie bereits mit zahlreichen Vertretern von Ländern, Gemeinden und Interessensgruppen Gespräche geführt, damit das Geld allen Bürgerinnen und Bürgern zu Gute komme und Reformen angestoßen würden. Bis 30. April könnten entsprechende Pläne vorgelegt werden.
Bilder von diesem Termin sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.