Ministerrat: Neuerungen des Förderprogramms "Lehre mit Matura" und Aus für Tempo 140 beschlossen
"Wir haben heute im Ministerrat Neuerungen des Förderprogramms 'Lehre mit Matura' beschlossen, um die Attraktivität im Bereich der dualen Ausbildung zu heben. Seit 2008 haben bereits rund 9.200 Lehrlinge das Programm absolviert. Allerdings liegt die Drop-Out-Quote etwa bei einem Drittel", sagte Bildungsminister Heinz Faßmann beim Pressefoyer nach dem Ministerrat, das er gemeinsam mit Umweltministerin Leonore Gewessler im Bundeskanzleramt abhielt.
"Daher haben wir das Programm neu aufgelegt und adjustiert. Am Beginn der Ausbildung soll es ein Gespräch mit einem Bildungsberater geben, der vermittelt, was das Programm bedeutet", so Faßmann. Auch ein Motivationsschreiben solle Teil des Aufnahmeprozesses werden. Zudem solle bei der institutionellen Auswahl der Kursanbieter auf die Qualität der Kurse geachtet werden. Außerdem sei der Finanzierungsmodus geändert worden. "Wir vergeben nun 85 Prozent der Fördermittel an die Kursanbieter, 15 Prozent erhalten diese bei erfolgreichem Abschluss des Programms als Bonuszahlung. Die Kursanbieter sollen selbst auch ein Interesse daran haben, ein lehrlingsfreundliches Programm anzubieten", erklärte der Bildungsminister. Investiert werden dafür rund 60 Millionen Euro für bis zu 10.000 Lehrlinge bis zum Jahr 2025.
"Unsere Botschaft ist, dass wir danach trachten müssen, im Bildungssystem keine Sackgassen zu produzieren. Bildungswege sollten Übergänge und Brücken kennen. Dieses Programm schafft eine Brücke zwischen dualer und tertiärer Bildung an Fachhochschulen und Universitäten", freute sich Bildungsminister Faßmann. Auch um dem aufkommenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müsse sich die Qualifikation der jungen Erwerbstätigen heben. "Bildung und Ausbildung sind unzweifelhaft mit der Zukunftssicherung des Landes und des Standortes verbunden."
Lehrlingspaket erschließt neue Berufsfelder
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck informierte bereits vor der Sitzung des Ministerrats über den nunmehr "zweiten Schritt" zur Überarbeitung der Lehrberufe und Verbesserungen in der Lehrlingsausbildung. "Es ist nur gerecht, dass unsere Lehrlinge die beste Ausbildung und das beste Angebot erhalten", betonte die Bundesministerin. Ein erster Schritt sei der Regierung mit dem Berufsausbildungsgesetz Neu bereits gelungen, nun seien insgesamt 31 Lehrberufe überarbeitet und neue geschaffen worden. Schramböck hob dabei die Lehre im Bereich E-Commerce und die gänzlich neu geschaffenen Lehrberufe im Bereich Eventmanagement sowie in der polizeilichen Verwaltung hervor. "Wichtig ist auch, die Möglichkeiten zur Lehre mit Matura zu stärken und Angebote für Erwachsene zu bieten", so Schramböck mit Verweis auf bessere Chancen für Um- oder Wiedereinsteigerinnen.
Klimaschutzpolitik ist zukunftsorientierte Standortpolitik
Umweltministerin Leonore Gewessler informierte beim Pressefoyer über die Ergebnisse der Treibhausgasbilanz 2018. "Die Ergebnisse sind für uns ein politischer Handlungsauftrag. Wir haben die Trendwende bei den Emissionen noch nicht geschafft. Es ist besonders wichtig, dass wir rasch in die richtige Richtung gehen und aufhören, falsche Signale zu setzen: Dazu gehört auch das Ende für Tempo 140. Diese Verordnung tritt mit 1. März 2020 flächendeckend in ganz Österreich in Kraft", so Gewessler. Das Zurück zu Tempo 130 bedeute weniger Umweltbelastung, weniger Lärm sowie weniger Luftverschmutzung und somit mehr Lebensqualität für die Menschen. "Tempo 140 heißt nicht nur 10 Prozent mehr CO2-Ausstoß, sondern auch 17 Prozent mehr Feinstaub und fast 20 Prozent höhere Lärmbelastung. Tempo 140 war ein falsches Signal für den Klimaschutz und die Menschen. Daher kehren wir nun in ganz Österreich zurück zu Tempo 130 und schaffen mehr Lebensqualität", zeigte sich die Umweltministerin erfreut.
Die Treibhausgasbilanz gebe auch einen vielfältigen Handlungsauftrag hin zu einer Verkehrswende und einer ökologischen Mobilität. Gerade auch der Transit sei für die Menschen in Österreich eine große Belastung. Sie werde dazu am Freitag die EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean in Tirol treffen. "Mit dem Transit werden wir eines der zentralen Themen im Bereich des Klimaschutzes angehen. Wir müssen darauf hinarbeiten, dass es für die Betroffenen vor Ort Entlastung gibt und die Lebensqualität verbessern", erklärte Leonore Gewessler. Am Brenner gebe es jährlich rund 2,5 Millionen LKW-Fahrten, das sei mehr als auf allen anderen Alpenquerungen gemeinsam. Man habe hier einen klaren Arbeitsauftrag und werde das Problem gemeinsam mit den Nachbarländern Deutschland und Italien im Dialog in Angriff nehmen. Neue Lösungsmöglichkeiten müssten aufgezeigt und ausgeschöpft werden, so Gewessler.
Corona-Virus – starke EU als Schutz vor Risiken
Gesundheitsminister Anschober nahm zu den aktuellen Zahlen zur Ausbreitung des Corona-Virus Stellung. Es gebe mittlerweile 44.200 Erkrankungen, 99 Prozent davon in China, die wiederum zu etwa 95 Prozent in der Großregion rund um Wuhan verifiziert worden seien. "Wir haben über 1.100 Todesfälle zu verzeichnen, mit einer Ausnahme allesamt in China. In Europa sind 43 konkrete Erkrankungen belegt. Unser Ziel ist es, dass es bei einem kleinen Ausmaß bleibt, wofür wir uns aktiv einsetzen" betonte Anschober. Wichtig sei Transparenz, weil dadurch Vertrauen geschaffen werde. In Österreich gab es bislang 105 Testungen von Verdachtsfällen, davon waren alle 105 negativ.
"Wir planen am Donnerstag beim Sonderministerrat in Brüssel gemeinsame Maßnahmen zu verankern, um eine Ausbreitung in Europa zu verhindern. Es geht um die bestmögliche Abstimmung, bei der auch die Ergebnisse eines gerade stattfindenden Gipfels von Expertinnen und Experten der WHO einfließen werden. Eine starke EU ist der beste Schutz vor globalen Risiken." Bei der Grippe und ähnlichen Erkrankungen dagegen gibt es gemäß aktueller Zahlen in Österreich rund 190.000 Fälle – es handle sich um einen intensiven Grippewinter. "Wir haben eine Durchimpfungsrate von 8 Prozent und arbeiten daran, dass wir mit dem elektronischen Impfpass den Selbstschutz der Bevölkerung steigern", ergänzte der Gesundheitsminister.
Grabenwarter als neuer Präsident für Verfassungsgerichtshof vorgeschlagen
Zudem hat die Bundesregierung im Ministerrat beschlossen, Bundespräsident Alexander Van der Bellen den derzeitigen Vizepräsidenten Christoph Grabenwarter als Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zur Ernennung vorzuschlagen. Er ist seit 2005 am VfGH als Richter tätig, seit 2018 war er Vizepräsident und leitete den Gerichtshof seit Juni 2019 bereits interimistisch.
Bilder vom Pressefoyer nach dem Ministerrat sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.