Bundesregierung bittet Österreichs Bevölkerung, die gesetzten Maßnahmen gegen das Coronavirus mitzutragen
Bundeskanzler Sebastian Kurz hat nach der Ministerratssitzung gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler, Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer über die notwendigen Schritte und die aktuelle Situation zum Coronavirus informiert. "Wir haben gestern einige restriktive Maßnahmen beschlossen, die erforderlich sind, um insbesondere ältere Menschen in unserem Land zu schützen. Diese Einschränkungen im täglichen Leben sind Einschränkungen auf Zeit, um die Ausbreitung des Coronavirus zu reduzieren. Ich bitte die österreichische Bevölkerung dringend darum, die Maßnahmen mitzutragen, denn wir dürfen die Situation nicht verharmlosen", sagte der Bundeskanzler und dankte allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitsbereich, die gerade in dieser besonders herausfordernden Zeit einen wichtigen Beitrag leisten.
Man stehe in Österreich zwar anders da als in Italien, aber wenn man sich die Entwicklung der Fälle und die tägliche Steigerung der Zahl an Infizierten ansehe, könne man erkennen, dass es in allen europäischen Staaten einen ähnlichen Verlauf gebe. Es sei dringend notwendig, alles zu tun, dass sich diese Kurve abflache, betonte Sebastian Kurz. Zumindest 3 Wochen dauere zudem die Grippewelle in Österreich noch an. Daher müsse man darauf achten, dass der volle Ausbruch des Coronavirus damit zeitlich nicht zusammenfalle. "Aus diesem Grund habe ich die große Bitte an jede und jeden Einzelnen, einen Beitrag zu leisten. Es ist sinnvoll und richtig, soziale Kontakte im privaten Bereich zu reduzieren, um die Gesellschaft und vor allem ältere Angehörige und Menschen mit Vorerkrankungen zu schützen."
Beratungen werden fortgesetzt
Die Bundesregierung werde die Beratungen fortsetzen, etwa mit den Landeshauptleuten, den Sozialpartnern und im Nationalen Sicherheitsrat mit der Opposition, um das Vorgehen zu besprechen und weiter abzustimmen. Insbesondere das Thema Schule solle noch heute mit den Sozialpartnern besprochen werden. Details dazu werden in einer weiteren Pressekonferenz bekanntgegeben. "Es ist wichtig, dass auch in der Schule ein Beitrag zur Entschleunigung unseres Lebens geleistet wird. Es wird Maßnahmen geben müssen." Selbstverständlich werde die Bundesregierung die Bevölkerung weiterhin regelmäßig über alle weiteren Schritte informieren, so Sebastian Kurz.
Richtlinien für den Öffentlichen Dienst
Vizekanzler Werner Kogler informierte über die Vorkehrungen für den Öffentlichen Dienst. "Das Ministerium für öffentlichen Dienst gibt Richtlinien heraus, wie sich die einzelnen Ressorts als Dienstgeber verhalten können, um die speziellen Anforderungen in den Dienststellen berücksichtigen zu können. Ziel ist es, die Wirkungsweise und Effektivität des Öffentlichen Dienstes bei gleichzeitigem Schutz der Bediensteten voll aufrecht und einsatzfähig zu erhalten", so der Vizekanzler und Bundesminister für öffentlichen Dienst. Auch Kogler appellierte um Verständnis für die gesetzten Maßnahmen. Diese seien sinnvoll und richtig, um die Ausbreitungsgeschwindigkeit zu verlangsamen. Es mache einen riesigen Unterschied aus, ob sich die Zahl der Infizierten innerhalb von 3 oder 10 Tagen verdopple.
Situation in Italien dramatisch
Gesundheitsminister Rudolf Anschober berichtete über die aktuelle Entwicklung der Erkrankungsfälle: "Der Trend der letzten Tage setzt sich sehr konsequent fort. Wir haben einerseits in China die Situation einer spürbaren Entlastung durch kaum neue Erkrankungsfälle." Rund 62.000 Menschen in China von insgesamt etwa 80.000 Erkrankten seien wieder genesen. Allerdings habe es in China rund zweieinhalb Monate gedauert, bis es zu dieser Trendumkehr gekommen sei.
"Anders sieht es derzeit in Europa aus, wo wir mittlerweile von einer Epidemie sprechen müssen. Besonders aus Italien werden täglich sehr besorgniserregende Zahlen gemeldet." Die Erkrankungsfälle in Italien würden bei über 10.000 Betroffenen liegen, die Zahl der Todesfälle nehme ständig zu. Die Situation in China sei im Pro-Kopf-Vergleich weniger dramatisch gewesen als in Italien. In der Lombardei sei man zudem mit einem teilweisen Zusammenbrechen der Spitalsinfrastruktur konfrontiert.
Solidarisches Verhalten ist zentral
Stark steigende Erkrankungsfälle gäbe es zudem auch in anderen europäischen Ländern wie Deutschland, Spanien, Frankreich oder der Schweiz. In Österreich habe man bisher rund 5.400 Testungen durchgeführt und dabei momentan 246 belegte Krankheitsfälle. "Jetzt ist daher der Zeitpunkt für die richtigen Maßnahmen gekommen", so Anschober weiter. Ziel der Maßnahmen sei es, die Ausbreitung des Virus zu verzögern, um die Spitalskapazitäten zu wahren. Dies sei gerade im Zusammenhang mit der Entwicklung der Grippewelle wichtig. "Es geht in dieser Situation um Solidarität, denn jede und jeder kann ein Überträger sein. Auch junge Menschen, die selbst weniger gefährdet sind, können Überträger sein. Daher geht es um unseren Zusammenhalt, um eine solidarische Aufgabe der Gesellschaft. Wir alle entscheiden mit unseren Sozialkontakten darüber, ob wir die Ansteckungskette unterbrechen können", betonte der Gesundheitsminister.
"Berechnungen haben ergeben, dass ein Viertel weniger direkte Sozialkontakte beinahe eine Halbierung des Ansteckungsrisikos bedeutet", erläuterte Anschober. Ausnahmen seien dort vorgesehen, wo Eckpfeiler des gesellschaftlichen Lebens abgesichert werden müssen, wie Zusammenkünfte von allgemeinen Vertretungskörperschaften, Einsätze von Rettungsorganisationen, Feuerwehren oder das Funktionieren der Gesundheitsversorgung. Die Grundbedürfnisse des öffentlichen Lebens sollen ausreichend abgesichert bleiben. Dies umfasse auch die Aufrechterhaltung des Lebensmittelhandels und des gastronomischen Bereichs. "Ich habe eine überraschende Welle der Zustimmung erhalten, von vielen Menschen, die bereit sind, ihren Beitrag zu leisten", zeigte sich der Gesundheitsminister zuversichtlich. Er sehe in diesem Zusammenhang ein "Team Österreich" im Entstehen.
Enge Zusammenarbeit mit Gesundheitsbehörden
Innenminister Karl Nehammer skizzierte weitere Maßnahmen: "Das Außenministerium organisiert derzeit die Rückreise von Österreicherinnen und Österreichern aus Italien. Seit heute finden gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden Grenzkontrollen statt." Dabei komme es zu Passkontrollen und zur Aufforderung nachzuweisen, was man vorhabe. "Die Einreise ist nur bei Vorweisen eines Gesundheitszertifikats, das nicht älter als 4 Tage ist, oder bei bevorstehendem Antritt einer 14-tägigen häuslichen Isolierung gestattet." Italienische Staatsangehörige sind zur Durchreise Österreichs berechtigt, vor allem mit dem Ziel, die wirtschaftliche Grundversorgung zu sichern. Der LKW-Transit solle mit mobilen Gesundheitschecks weitergehen.
Im Bereich der Austragung von Veranstaltungen bestehe ebenso ein enger Kontakt mit den Gesundheitsbehörden. "Mein Ersuchen an die Bevölkerung ist es, das zu leben, wozu wir aufgefordert haben: Jeder kann infiziert sein, ohne die Symptome zu spüren", betonte Nehammer. Es sei ein gemeinsamer Beitrag, den man leisten könne. Die Danksagung des Innenministers richtete sich an alle, die derzeit intensiv zusammenarbeiten und mit der Herausforderung konfrontiert seien.
Bilder vom Pressefoyer sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.