Bundeskanzler Kurz: Stufenplan für schrittweise Öffnung von Geschäften nach Ostern, aber Maßnahmen weiter befolgen
Ab 14. April Mund-Nasen-Schutz auch in öffentlichen Verkehrsmitteln verpflichtend, Ausgangsbeschränkungen bis Ende April verlängert, Home-Schooling bis Mitte Mai, keine Veranstaltungen bis Ende Juni
"Wir geben Ihnen heute einen Überblick über die Situation in Österreich und präsentieren einen vorsichtigen Plan, wie es nach Ostern weitergehen kann. Österreich hat schneller und restriktiver reagiert als andere Länder. Daher konnten wir bis jetzt Schlimmstes verhindern. Dieser Umstand gibt uns jetzt die Möglichkeit, schneller wieder aus dieser Krise herauszukommen, allerdings nur, wenn wir alle die Maßnahmen weiterhin konsequent einhalten", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt. Der Regierungschef informierte gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler, Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer über die aktuellen Entwicklungen zur Coronakrise und den Stufenplan für die schrittweise Öffnung von Geschäften nach Ostern.
"Ich beginne heute mit einer großen Bitte: Die Osterwoche wird eine entscheidende Woche für uns sein und ausschlaggebend dafür, ob die Wiederauferstehung nach Ostern, die wir uns alle so sehr wünschen, auch stattfinden kann. Daher bitte ich Sie: Halten Sie sich weiterhin an die Maßnahmen, begrenzen Sie soziale Kontakte, halten Sie Abstand und feiern Sie nicht mit der Familie oder Freunden Ostern. Bleiben Sie mit den Menschen zusammen, mit denen Sie gemeinsam wohnen." Das sei besonders zentral, denn nur wenn alle Menschen die Maßnahmen befolgen, werde der Plan der Regierung für die Zeit nach Ostern auch zustande kommen.
Stufenplan mit besonderen Sicherheitsvorschriften für schrittweise Geschäftsöffnung
"Es war eine äußerst schwierige Aufgabe, einen Plan für die nächsten Wochen und Monate zu erstellen", so der Bundeskanzler. Es gebe wenig internationale Referenzbeispiele, an denen man sich orientieren könnte. Es sei nicht im Detail vorhersehbar, wie sich die Ausbreitung der Krankheit entwickeln werde. Die Bundesregierung habe dennoch versucht, eine Perspektive und einen Überblick zu geben, wie eine schrittweise Lockerung der Beschränkungen stattfinden könne.
"Unser Plan ist es, dass mit Dienstag, 14. April, unter sehr strengen Sicherheitsvorgaben kleine Geschäfte bis 400 Quadratmeter sowie Bau- und Gartenmärkte wieder öffnen dürfen", erklärte Sebastian Kurz. Das betreffe etwa das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, die Desinfektion sowie eine limitierte Anzahl an Kundinnen und Kunden pro Geschäftslokal.
"Ab 1. Mai ist es unser Ziel, dass alle Geschäfte, Einkaufszentren und Friseure unter besonderen Schutzvorkehrungen wieder öffnen. Alle anderen Dienstleistungen, Gastronomiebetriebe und Hotels werden frühestens mit Mitte Mai stufenweise und unter besonderen Sicherheitsvorschriften öffnen können. Die Entscheidung dazu, ob das möglich sein wird, wird Ende April getroffen", so der Bundeskanzler.
Matura findet statt – Schulbetrieb bis Mitte Mai als Home-Schooling
Im Bildungsbereich wurde vereinbart, dass "die Matura und die Lehrabschlussprüfungen dieses Semester unter besonderen Auflagen stattfinden". Details zu den Plänen werde Bildungsminister Heinz Faßmann in den kommenden Tagen genau erläutern. "Der Schulbetrieb wird jedenfalls bis Mitte Mai als Home-Schooling fortgesetzt werden müssen." Eine Entscheidung über die Vorgehensweise nach Mitte Mai werde ebenfalls Ende April getroffen. Die Betreuung in den Schulen sei weiterhin sichergestellt und könne von allen genutzt werden, so Sebastian Kurz. Der Lehrbetrieb an den Universitäten werde in diesem Semester ausschließlich digital stattfinden. Prüfungen und Forschungstätigkeiten sollen aber durchgeführt werden.
Keine Veranstaltungen bis mindestens Ende Juni
Der Stufenplan sieht zudem vor, dass Veranstaltungen in Österreich jedenfalls bis Ende Juni nicht stattfinden werden. Über eine Regelung für den Sommer soll Ende April entschieden werden. "Mir ist bewusst, dass es viele Detailfragen zu den unterschiedlichen Gebieten geben wird. Daher werden zu den Bereichen Bildung, Sport, Kultur und Veranstaltungen sowie zur Thematik der Reisefreiheit in den nächsten Tagen Pressekonferenzen mit den zuständigen Ministern stattfinden", sagte Bundeskanzler Kurz.
Ausgangsbeschränkungen werden bis Ende April verlängert
Weiters informierte der Bundeskanzler, dass "die Ausgangsbeschränkungen bis Ende April verlängert werden". Es gebe weiterhin nur folgende Gründe, das Haus zu verlassen: um zu arbeiten, um einkaufen zu gehen, um andere Menschen zu unterstützen und um frische Luft zu schnappen oder Sport zu betreiben.
"Meine große Bitte an Sie ist, dass Sie, auch wenn es schwerfällt, weiter diszipliniert alle Maßnahmen einhalten. Wenn wir das nicht tun, dann wird es unmöglich sein, diesen ambitionierten Plan durchzusetzen. Der Plan wird nur funktionieren, wenn wir zusammenstehen und alle einen Beitrag leisten", appellierte der Kanzler.
Um schrittweise zurück in eine neue Normalität zu finden, werde es für den Stufenplan Begleitmaßnahmen brauchen: "Dazu zählen der Schutz gefährdeter Gruppen, eine Containment-Strategie sowie das Abstand halten und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Die Bedeckung von Mund und Nase wird verpflichtend ausgeweitet. Ab Dienstag, 14. April gilt dies nicht nur in Supermärkten und Geschäften, sondern auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln." Was das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes am Arbeitsort betreffe, sei eine gemeinsame Entscheidung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu treffen, da es in den Betrieben unterschiedliche Situationen gebe, so Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Vizekanzler Kogler: "In Bemühungen nicht nachlassen"
Auch wenn bei der Bekämpfung des Coronavirus bislang große Erfolge erzielt werden konnten, stehe Österreich auch weiterhin vor großen Herausforderungen. Die große Kunst werde es sein, den bisherigen Weg weiterhin fortzusetzen. "Wir müssen abwägen, was die nächsten Schritte sein sollen und dürfen in den Bemühungen nicht nachlassen", so Vizekanzler Werner Kogler.
Auch in Österreich habe die Gefahr einer unkontrollierten Verbreitung der Krankheit mit Tausenden Todesfällen bestanden. Weil die Maßnahmen der Bundesregierung aber so erfolgreich seien, erlebe man derzeit einen dramatischen Rückgang aller relevanten Indikatoren. "Bei einem weiteren Lockern der Maßnahmen besteht jedoch die Gefahr, dass alles wieder von vorne beginnt", betonte Kogler. Der Mix aus verordneten Maßnahmen und Empfehlungen werde von der Bevölkerung mitgetragen und solle daher weiter fortgesetzt werden.
Man werde daher die Lage beobachten und die weiteren Maßnahmen bestmöglich prognose- und faktenbasiert treffen. Dabei gehe es um die Abwägung der gesundheits-, gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Das Ziel müsse weiterhin sein, die intensivmedizinischen Kapazitäten nicht zu überfordern. "Der heute vorgestellte Zeitplan ist auch davon abhängig, ob wir so günstig unterwegs sind und so stabil bleiben. Dann kann jeweils der nächste Schritt gesetzt werden. Das ist unser Plan. Wir können aber immer nur so weit gehen, wie es die Situation zulässt", so der Vizekanzler.
Containment-Strategie – Sicherungsmaßnahmen für Risikogruppen
Gesundheitsminister Rudolf Anschober informierte über die aktuellen Detailzahlen: "Der erste Kraftakt auf unserem Weg ist gelungen. Wir haben die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt gesetzt. Heute beträgt die tägliche Steigerungsrate 1,6 Prozent. Bei der Verdoppelung der erkrankten Personen halten wir derzeit bei 16,5 Tagen." Der Trend gehe in die richtige Richtung. Seit gestern 9 Uhr seien 187 Neuinfektionen und 465 Neugenese gemeldet worden. 1.074 Menschen sind wegen einer Coronaerkrankung im Spital, davon 250 in intensivmedizinischer Betreuung – diese Zahlen seien seit 1. April stabil. "Diese Woche muss genauso konsequent fortgesetzt werden, damit wir Spielraum für die Öffnung des Handels schaffen und die Zuwachsraten gegen Null bringen." Da die Ausgangs- und Verkehrsbeschränkungen weiter gelten, werde der am Wochenende präsentierte Erlass wieder zurückgezogen.
"Wo Erkrankungsfälle auftauchen, werden wir noch deutlicher bemüht sein, diese auch zu isolieren und Ausbreitungen zu verhindern", verwies Anschober auf die Containment-Strategie. Die Teststrategie werde an die neue Situation angepasst und Zufallsstichproben werden in Kombination mit einer Verstärkung der Prognosetools realisiert. Man werde Antikörpertests vor allem verstärkt bei Hotspots einsetzen. "Wir werden selbstverständlich auch Sicherungsmaßnahmen für Risikogruppen verstärken, das gilt vor allem für Seniorenheime und Personen mit Vorerkrankungen", so der Gesundheitsminister. Man wolle dazu in der Lage sein, jederzeit die Notbremse ziehen zu können. "Es darf nicht passieren, dass wir den Etappenerfolg gefährden und die Krankheitsfälle wieder spürbar nach oben gehen."
Bundesgärten nach Ostern wieder geöffnet
Innenminister Karl Nehammer versicherte, dass die "Polizei als Sicherheitspartner" weiterhin eine hohe Präsenz zeige und in den nächsten Tagen bei Streifengängen noch sichtbarer sein werde. Die Menschen in Österreich würden sich "vorbildlich" an die Vorgaben halten, doch es gäbe leider auch negative Vorfälle. So sei beispielsweise ein Polizist kürzlich bei einem Einsatz schwer verletzt worden.
"Gerade jetzt, in den nächsten 8 Tagen, ist es wichtig, den positiven Trend auch tatsächlich fortzusetzen. Es sind Tage der Bewährung, damit die Infektionszahlen nicht wieder stärker ansteigen", sagte Nehammer und ersuchte nachdrücklich darum, gerade zu Ostern an der bisherigen Disziplin festzuhalten, auch wenn es schwerfalle. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sei wichtig, um andere vor Infektionen zu schützen. Zusätzlich sei ein Sicherheitsabstand weiterhin erforderlich, um sich selbst nicht zu infizieren. Der Innenminister kündigte abschließend an, dass ab 14. April die Bundesgärten unter "strengen Auflagen", mit Eingangskontrollen, wieder geöffnet würden.
Bilder von der Pressekonferenz sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.