Bundeskanzler Sebastian Kurz: Es ist ein Tag der Freude, es ist aber auch ein Tag, an dem wir uns unserer Verantwortung stellen müssen
Gedenken an die Befreiung vom Nationalsozialismus und an die Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa – Festrede von Arik Brauer
"Der 8. Mai markiert einen Wendepunkt in der Geschichte unseres Landes. An diesem Tag endete der Zweite Weltkrieg in Europa und damit auch die nationalsozialistische Terrorherrschaft in Österreich. Es ist ein Tag der Freude, es ist aber auch ein Tag, an dem wir uns unserer Verantwortung stellen müssen", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz anlässlich der Gedenkveranstaltung an die Befreiung vom Nationalsozialismus und an die Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa.
Österreich habe lange gebraucht, um sich mit seiner Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen, Österreicherinnen und Österreicher seien nicht nur Opfer, sondern auch Täter gewesen. Überdies seien "100 000 Österreicherinnen und Österreicher vertrieben worden, nachdem man sie vorher beraubt, gedemütigt und in unserem Land misshandelt hatte – nur ganz wenige wurden nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zurückgeholt", so der Bundeskanzler.
Hinter dieser erschreckend hohen Zahl stünden aber 100 000 einzelne Schicksale, wie etwa jenes von Eric Kandel, der Wien nach der nationalsozialistischen Machtergreifung als 9-Jähriger verlassen musste. Sebastian Kurz erinnerte daran, dass dem Nobelpreisträger Kandel vor kurzem die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Universität Wien verliehen wurde und dass Kandel "seinen Frieden mit unserem Land gefunden habe". Die junge Generation müsse heute vor allem jenen dankbar sein, die Österreich nach dem Krieg wieder aufgebaut hätten, "denn der Wohlstand, den wir heute erleben dürfen, fußt auf der harten Arbeit der Aufbaugeneration", so der Bundeskanzler.
Österreich hat sich seit dem Jahr 1945 zu einer starken Demokratie entwickelt und trage viel zur Stabilität und zum Ausgleich in Europa bei. "Es ist daher heute, 73 Jahre nach der Befreiung Österreichs, unsere Aufgabe, unser Land, aber auch Europa in diesem Geist ständig weiterzuentwickeln, damit Friede, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf unserem Kontinent auch für alle Zukunft gesichert sind", so Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Der starke Glaube an Österreich, Heimatbewusstsein und Eigenständigkeit habe "nichts mit Nationalismus, sondern mit Identität, Selbstbewusstsein und Selbstverantwortung" zu tun, so Vizekanzler Heinz-Christian Strache in seiner Rede. "Wir haben eine Verantwortung vor den Opfern des Dritten Reiches, aber auch gegenüber den nachfolgenden Generationen, dass so etwas nie wieder in unserer Geschichte Platz greifen kann. Antisemitismus ist ein Ungeist, der nicht nur in der Bevölkerung da oder dort vorhanden ist, sondern der auch importiert wurde. Da haben wir alle Handlungsbedarf", so der Vizekanzler.
In seiner Festrede erinnerte Arik Brauer daran, wie es zu der Tragödie des Zweiten Weltkrieges kommen konnte und wie mit Schuld umzugehen sei. "Verloren hat eine Ideologie, die von vornherein unmenschlich und aggressiv war. Gewonnen hat das allgemeine Bedürfnis, in Frieden zu leben. Gewonnen hat die Demokratie über die Diktatur", so Brauer abschließend.
Transkript der Festrede von Arik Brauer (PDF, 85 KB) (PDF, 83 KB)