Edtstadler: Informationsfreiheitsgesetz bringt Paradigmenwechsel

Plakolm: "Jede politische Entscheidung ist Jugendpolitik"

Vor der Ministerratssitzung am Mittwoch äußerte sich Verfassungsministerin Karoline Edtstadler beim Doorstep gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler zum bevorstehenden Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes mit der Abschaffung des Amtsgeheimnisses. "Die politische Einigung mit einer Zweidrittel-Mehrheit hinsichtlich des Informationsfreiheitsgesetzes ist Ergebnis intensiver Verhandlungen. Nur wenige haben uns zugetraut, dass wir tatsächlich eine Einigung beim Informationsfreiheitsgesetz und damit der Abschaffung des Amtsgeheimnisses erzielen können. Aber es ist gelungen und bringt einen Paradigmenwechsel. Es ist ein Jahrhundertprojekt", zeigte sich Edtstadler erfreut. Man werde den parlamentarischen Prozess rasch vorantreiben. Ab Mitte 2025 soll die Informationsfreiheit dann gelten.

"Zukünftig ist Transparenz die Regel und Geheimhaltung die Ausnahme. Es ist ein ausbalancierter Entwurf. Wir haben ein strukturiertes Verfahren, auch was die Durchsetzung von Zugang zu Informationen betrifft, und dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Zugang zu Informationen wird direkt im B-VG verankert." Das Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger im 21. Jahrhundert sei ein anderes als im Jahr 1925. Deshalb werde man dem gerecht und sorge auch weiterhin für eine funktionierende Verwaltung, so die Verfassungsministerin.

Grundrecht auf Zugang zu Informationen

Es gebe einige Unterschiede zwischen der Regierungsvorlage und der jetzigen Einigung, das Grundsystem bleibe jedoch gleich. "Von der proaktiven Veröffentlichung sind zukünftig alle Organe der Verwaltung, der Gerichtsbarkeit und der Gesetzgebung auf Bundesebene umfasst. Ausgenommen sind weiterhin Gemeinden unter 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Jede Gemeinde muss aufgrund der passiven Informationspflicht jedoch Auskunft erteilen." Die passive Informationspflicht, also das Grundrecht auf Zugang zu Informationen, umfasse alle Organe der Verwaltung, also auch Gemeinden jeder Größe, und die vom Rechnungshof kontrollierten Unternehmen, Stiftungen, Fonds und Anstalten.

Bei der proaktiven Informationspflicht gebe es eine Änderung. "Bisher waren hier auch die Gemeindeverbände unter 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ausgenommen, zukünftig sind diese jedoch von der proaktiven Informationspflicht umfasst, unabhängig von der Größe", betonte die Bundesministerin.

Interpellation wird aufgewertet

Weitere Änderungen gebe es etwa auch bei der Interpellation, also den parlamentarischen Anfragen an die Mitglieder der Bundesregierung. "Die Interpellation wird aufgewertet. Zukünftig kann man nur von der Auskunft absehen, wenn schwerwiegende Gründe dagegensprechen. Das ist etwa dann der Fall, wenn Quellen die nationale Sicherheit gefährden können oder wenn Maßnahmen der Geheimdienste veröffentlicht werden müssten", sagte Edtstadler. "Auch der Datenschutz bleibt eine Ausnahme, es gibt hier jedoch eine Abstufung. Bevor man sich als Regierungsmitglied auf den Datenschutz berufen kann, um keine Auskunft erteilen zu müssen, muss geprüft werden, ob diese Auskunft nicht klassifiziert erteilt werden kann, das heißt, in einer Art und Weise, dass die parlamentarische Anfrage nicht veröffentlicht werden darf.

Darüber hinaus gebe es eine Verbesserung für Journalistinnen und Journalisten. Wenn eine Journalistin, ein Journalist eine Information haben möchte, dann könne in einzelnen Fällen davon abgesehen werden, die Betroffenen der Informationserteilung zu informieren, wenn das etwa der Recherche entgegenstehe.

Zusätzlich gebe es noch eine Klarstellung bei den Unternehmen, die von der passiven Informationspflicht umfasst seien, führte Edtstadler weiter aus. Wie bisher schon wird auch weiterhin auf die Rechnungshofkontrolle abgestellt. Die entsprechenden Voraussetzungen sind nun direkt im Artikel zur Informationsfreiheit abgebildet.

"Unser Bestreben ist nun, dass wir den parlamentarischen Prozess rasch abschließen. Wir schaffen in einem historischen Schritt einen modernen Staat, in dem wir das Amtsgeheimnis tatsächlich auf ein Grundrecht auf Zugang zu Informationen tauschen", so Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, die sich beim Vizekanzler und den Verfassungssprechern von ÖVP, SPÖ und Grünen sowie allen weiteren Beteiligten für die gute Zusammenarbeit bedankte.

Plakolm: Nationaler Aktionsplan Kindergarantie

Im Anschluss an die Ministerratssitzung sprach Staatssekretärin Claudia Plakolm in Vertretung von Familienministerin Susanne Raab zum Nationalen Aktionsplan Kindergarantie im Pressefoyer. "Österreichs Familienpolitik leistet einen ganz zentralen Beitrag zur Reduzierung von Familien- und Kinderarmut, vor allem für Alleinerziehende, einkommensschwache und kinderreiche Familien", betonte die Jugendstaatssekretärin. Im Vergleich liege man bei der Armutsgefährdung unter dem EU-Durchschnitt, trotzdem sei jedes Kind, das in Armut lebe, eines zu viel. Was die finanziellen Familienleistungen betreffe, befinde sich Österreich laut Familienbericht im Spitzenfeld. "Im unteren Einkommenszehntel machen Familienleistungen 42 Prozent der Einkünfte aus. Das zeigt die soziale Treffsicherheit", so Plakolm.

"Die Familienleistungen decken einen erheblichen Teil der Kosten von Haushalten mit Kindern ab. Seit 1. Jänner dieses Jahres wurden sämtliche Familien- und Sozialleistungen valorisiert, an die Teuerung angepasst. Das passiert auch mit dem kommenden 1. Jänner. Der Familienbonus ist mittlerweile bei 2.000 Euro pro Jahr pro Kind angesetzt, der Kindermehrbetrag bei 700 Euro. 4,5 Milliarden Euro werden in den nächsten Jahren für den Ausbau der Kinderbetreuung bereitgestellt. Für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe oder Ausgleichszulage sowie für Alleinerziehende oder Alleinverdienende gibt es zusätzlich 60 Euro pro Monat pro Kind bis Ende 2024. Das Schulstartpaket wurde für Kinder in finanziell schwierigen Verhältnissen von 120 auf 150 Euro ausgeweitet und wird zweimal jährlich ausbezahlt. Insgesamt profitieren 400.000 Kinder in Österreich von diesen Maßnahmen", erläuterte Claudia Plakolm. "Wir haben bei uns bereits ein sehr engmaschiges Netz an Unterstützungsleistungen, um Armut entgegenzuwirken. Der Nationale Aktionsplan ist ein zusätzlicher Mosaikstein", so die Staatssekretärin.

35 Jugendziele mit 125 Maßnahmen – Reality Checks

"Aus meinem Bereich ist erfreulich: Der Umsetzungsbericht zur österreichischen Jugendstrategie und der achte Bericht zur Lage der Jugend haben den Ministerrat passiert. In der Jugendstrategie befinden sich 35 Jugendziele mit 125 Maßnahmen in den 4 Handlungsfeldern Bildung und Beschäftigung, Beteiligung und Engagement, Lebensqualität und Miteinander sowie Medien und Information. Die Strategie wird durch das Kompetenzzentrum Jugend im Bundeskanzleramt koordiniert. Die Mitwirkung junger Menschen stellen wir durch Reality Checks sicher. Besonders hinweisen möchte ich auf den Jugendcheck für Gesetze: Jede politische Entscheidung ist Jugendpolitik, denn alles hat irgendwann Auswirkungen auf die nächsten Generationen. Die Kinder von heute müssen am längsten mit den Konsequenzen leben", hielt Plakolm fest. In Brüssel habe sie sich für einen Jugendcheck auf europäischer Ebene starkgemacht. "Seit 10 Jahren werden bei uns Auswirkungen von Gesetzen auf die Interessen evaluiert."

Bilder von diesem Termin sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramts kostenfrei abrufbar.