Geschichte der EU
Wie ist die Europäische Union entstanden?
Die Vorläufer der Europäischen Union (EU), wie wir sie heute kennen, wurden im vorigen Jahrhundert mit dem Ziel gegründet, nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg ein dauerhaft friedliches Zusammenleben der Staaten und Völker auf dem europäischen Kontinent zu verwirklichen.
Ausgangspunkt der erfolgreichen Geschichte der EU war die Rede des französischen Außenministers Robert Schuman am 9. Mai 1950, in der er seinen Plan vorlegte, die für die Rüstungsindustrie relevante Kohle- und Stahlproduktion der einstigen Kriegsgegner Frankreich und Deutschland einer gemeinsamen Behörde zu unterstellen. Heute wird jährlich am 9. Mai, dem "Europatag", dieses historischen Ereignisses gedacht.
Mit der auf dem sogenannten "Schuman-Plan" aufbauenden Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) durch die Gründerstaaten Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg und Italien wurde 1951 durch die Unterzeichnung des "Pariser Vertrags" der Grundstein der heutigen EU gelegt. Der Vertrag trat 1952 in Kraft.
1957 unterzeichneten die 6 Länder die "Römischen Verträge", mit denen 1958 die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) erfolgte und eine gemeinsame parlamentarische Versammlung sowie ein Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EGKS, EWG und EURATOM) errichtet wurden.
Mit dem sogenannten "Fusionsvertrag" legten die Europäischen Gemeinschaften 1967 auch ihre anderen Organe (Kommissionen und Ministerräte) zusammen und fusionierten zur Europäischen Gemeinschaft.
Die Mitgliedstaaten der EWG einigten sich im Rahmen der "Römischen Verträge" darauf, die Zölle untereinander schrittweise abzubauen. Dieser Prozess wurde am 1. Juli 1968 abgeschlossen, womit die Zollunion vollständig in Kraft trat und der freie, grenzüberschreitende Handel erstmals möglich wurde.
1973 erfolgte die erste Erweiterung ("Norderweiterung"). Mit den neuen Mitgliedern Dänemark, Großbritannien und Irland hatte die Europäische Gemeinschaft nunmehr 9 Mitgliedstaaten.
1979 wurde das Europäische Währungssystem (EWS) geschaffen, basierend auf einer europäischen Währungseinheit. Im selben Jahr erfolgte erstmals die Direktwahl des Europäischen Parlaments.
Die sogenannte "Süderweiterung" der Europäischen Gemeinschaft erfolgte in 2 Etappen: 1981 trat Griechenland bei, 1986 folgten Spanien und Portugal.
Mit der "Einheitlichen Europäischen Akte" (EEA) erfolgte 1987 eine umfassende Änderung der "Römischen Verträge". Die EEA sah die schrittweise Vollendung des gemeinsamen Binnenmarktes bis 1992 vor. Sie erneuerte die Aufgabenbereiche, Befugnisse und Entscheidungsstrukturen der Europäischen Gemeinschaft.
Der 1993 in Kraft getretene "Vertrag von Maastricht" war ein wichtiger Meilenstein in der europäischen Integration. Mit ihm wurde die Europäische Union gegründet und die Unionsbürgerschaft eingeführt. Er etablierte die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU), die später zur Einführung des Euro führte (1999 Einführung als Buchgeld), und schuf die 3 Säulen der EU: Europäische Gemeinschaften (EG), Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie Zusammenarbeit in Justiz und Inneres. Der Vertrag stärkte auch die demokratische Legitimität durch erweiterte Kompetenzen des Europäischen Parlaments (EP) und führte das Subsidiaritätsprinzip ein, um Entscheidungen möglichst bürgerinnen- und bürgernah zu gestalten.
1995 traten Österreich, Finnland und Schweden der EU bei – die EU hatte nunmehr 15 Mitgliedstaaten.
Eine neuerliche Reform erfolgte 1998 mit dem "Vertrag von Amsterdam", der unter anderem Fragen des freien Personenverkehrs und der Kontrollen an den Außengrenzen ("Schengener Abkommen"), des Asylrechts und der Einwanderung in das EU-Recht integriert.
Am 1. Jänner 2002 führten 12 der damals 15 Mitgliedstaaten (darunter auch Österreich) den Euro als Bargeld ein.
Mit dem "Vertrag von Nizza", der 2003 in Kraft trat, sollte die EU in institutioneller Hinsicht auf die bevorstehende Erweiterung um mehrere Staaten aus Süd-, Mittel- und Osteuropa vorbereitet werden.
Am 1. Mai 2004 traten 10 Staaten der EU bei: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern. Dies war die bislang größte und umfassendste Erweiterungswelle der EU, mit der diese auf 25 Mitgliedstaaten anwuchs (verkürzt auch "Osterweiterung" genannt). Damit wurde die Jahrzehnte währende Teilung Europas endgültig überwunden. Seit diesem Tag sind – mit Ausnahme der Schweiz und von Liechtenstein – alle Nachbarstaaten Österreichs Mitglieder der EU.
Bereits beim Abschluss des Vertrags von Nizza kam man zum Schluss, dass dieser Vertrag zur Lösung der Herausforderungen der anstehenden Erweiterungsrunden nicht ausreichend sei. Es wurde daher ein Konvent zur Ausarbeitung einer Vertragsänderung eingesetzt, der schließlich in den "Vertrag über eine Verfassung für Europa" mündete. Dieser wurde 2004 beschlossen und unterzeichnet. Aufgrund negativer Referenden 2005 in den Niederlanden und Frankreich trat dieser Vertrag letztlich aber nicht in Kraft.
2007 wurden Bulgarien und Rumänien in die EU aufgenommen.
2009 trat statt des Vertrags über eine Verfassung für Europa schließlich der "Vertrag von Lissabon" in Kraft, der umfassende Änderungen gegenüber den bisherigen Verträgen beinhaltet. Hierzu zählen etwa die Schaffung der Position einer Präsidentin beziehungsweise eines Präsidenten des Europäischen Rates und einer Hohen Vertreterin beziehungsweise eines Hohen Vertreters der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik, die/der zugleich Vizepräsidentin beziehungsweise Vizepräsident der Europäischen Kommission ist. Der EU wurde darüber hinaus die uneingeschränkte Rechtspersönlichkeit verliehen, die Charta der Grundrechte erhielt rechtsverbindlichen Charakter und die Gesetzgebungsbefugnisse des Europäischen Parlaments wurden durch die Einführung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens stark ausgebaut.
2013 erfolgte mit Kroatien der bislang letzte EU-Beitritt eines neuen Mitglieds. Die EU hatte damit zum damaligen Zeitpunkt 28 Mitgliedstaaten.
2016 sprach sich die Bevölkerung des Vereinigten Königreichs in einem Referendum für einen Austritt aus der EU aus. Nach mehrmaliger Ablehnung des Austrittsabkommens durch das britische Parlament wurde auf Ersuchen des Vereinigten Königreichs vom Europäischen Rat eine Verlängerung der Austrittsfrist bis 31. Jänner 2020 beschlossen. Nach vorgezogenen Wahlen des britischen Unterhauses am 12. Dezember 2019 genehmigte das Unterhaus das Austrittsabkommen und die politische Erklärung zum zukünftigen Verhältnis zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Der Austrittsvertrag trat mit 31. Jänner 2020 offiziell in Kraft, womit das Vereinigte Königreich kein Mitglied der Europäischen Union mehr ist ("Brexit"). Die Europäische Union hat seitdem 27 Mitglieder.
Mit dem seit Februar 2022 andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die EU-Erweiterungspolitik neue Dynamik aufgenommen. 2022 wurden Beitrittsverhandlungen mit Albanien aufgenommen und Bosnien und Herzegowina erhielt den Status eines Beitrittskandidaten. 2023 wurde Georgien Beitrittskandidat und 2024 wurden die Beitrittsverhandlungen mit der Republik Moldau und der Ukraine gestartet.
Weiterführende Informationen
Österreichs Weg in die EU
Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995 fand ein langjähriger Prozess österreichischer Integrationsbemühungen seinen Abschluss. Vor dem Hintergrund der immerwährenden Neutralität und dem im Österreichischen Staatsvertrag festgelegten "Anschlussverbot" blieb Österreich zunächst die Teilnahme am europäischen Integrationsprozess im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften verwehrt. Österreich sah seine Zukunft daher vorerst in der 1960 unter anderem gemeinsam mit dem Vereinigten Königreich, Schweden und der Schweiz gegründeten Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). Mit der Einrichtung einer Freihandelszone für gewerbliche und industrielle Erzeugnisse gelang im Jahr 1973 ein erster erfolgreicher Brückenschlag zwischen Österreich und der Europäischen Gemeinschaft (EG).
Im Lichte der zunehmenden Entspannung des Ost-West-Konflikts beschloss Österreich, die Vollmitgliedschaft in der EG anzustreben. Am 17. Juli 1989 überreichte der damalige Außenminister Alois Mock dem damaligen französischen Außenminister Roland Dumas Österreichs Antrag auf Aufnahme in die EG ("Brief nach Brüssel"). Nachdem der Rat der EG im Juli 1989 dem Beitrittsverfahren zugestimmt und die Europäische Kommission die Aufnahme Österreichs im Juli 1991 befürwortet hatte, wurden die Beitrittsverhandlungen am 1. Februar 1993 aufgenommen. Am 19. April 1994 konnten diese Beitrittsverhandlungen formell bereits erfolgreich abgeschlossen werden. Am 12. Juni 1994 sprachen sich rund zwei Drittel (66,58 Prozent) der Österreicherinnen und Österreicher in einer Volksabstimmung für die Mitgliedschaft Österreichs in der EU aus (formal abgestimmt wurde über ein Beitritts-Bundesverfassungsgesetz). Die Unterzeichnung des Beitrittsvertrages und der Schlussakte erfolgte beim Europäischen Rat am 24./25. Juni 1994 auf Korfu in Griechenland. Am 1. Jänner 1995 trat Österreich schließlich – gemeinsam mit Schweden und Finnland – der EU bei.